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Methodik aus emischer Perspektive: die teilnehmende Beobachtung

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Zitation: Thomas Krefeld (2021): Methodik aus emischer Perspektive: die teilnehmende Beobachtung. Version 1 (02.02.2021, 09:16). Lehre in den Digital Humanities. , url: https://www.dh-lehre.gwi.uni-muenchen.de/?p=204659&v=1

Schlagwörter: Ethnotext , Ligurisch (ita. Dialekt) , dichte Beschreibung

1. Eine prototypische  Untersuchung in der ligurischen Val Graveglia 

In der romanistischen und italianistischen Linguistik wird die teilnehmende Beobachtung eher selten angewandt; ein zu wenig beachtetes Muster hat Trudel Meisenburg (1985) für das Okzitanische geliefert. Wegweisend für die italienische Dialektologie war und ist immer noch Hugo Plomteux (1981). Diese beeindruckende und in mancher Hinsicht einzigartige Studie wurde in einem zum damaligen Zeitpunkt noch vollkommen ländlichen Gebiet im Osten Liguriens, der Val Graveglia (Photo), durchgeführt.

Die wichtigsten Erhebungsorte von Plomteux 1981:
Gemeinde Cogorno mit frazioni, Gemeinde Ne mit frazioni

Der Verfasser hat sich zwischen 1966 und 1972 insgesamt anderthalb Jahre dort aufgehalten. Im Tal lebten auf ca. 15 km. Länge ca. 3500 Personen; der Höhenunterschied ist beträchtlich, denn ein Aufnahmeort, Coscienti, liegt auf 68 m., ein anderer, Case Soprane, auf 686 m., und der anschließende Apennin erhebt sich bis auf 1404 m. Das Tal bildet einen spezifischen kommunikativen Raum, dessen Geschichte stark durch seine Unzugänglichkeit geprägt worden ist. Noch zum Zeitpunkt der Erhebung waren längst nicht alle bewohnten Orte durch befahrbare Wege oder gar Straßen erreichbar:

"Abbiamo ricordato che fin dal 1853 tutta la valle era chiusa per i carri, che solo dal 1953 si arriva fino ad Arzeno in macchina, e che molte case sono tuttora al di fuori delle comunicazioni moderne. [...] Praticamente nessun contadino della valle si è servito personalmente dei carri, e tutta la terminologia in questo settore è introdotta dal di fuori." (Plomteux 1981, 34)

Transportiert wurde mit Tragtieren wie Eseln und Maultieren - oder auf dem Kopf und auf der Schulter:

Sistemi tradizionali di trasporto (aus: Plomteux 1981, 33

1.1. Ausdrucksformen der Zusammengehörigkeit

Die Talbewohner bildeten eine traditionell abgeschlossene und tendentiell noch endogame1 Gemeinschaft, die einerseits homogen ist, die aber andererseits, im Hinblick auf ihre Tätigkeiten durchaus diversifiziert ist und die sich durch eine geringe Mobilität aus dem Tal hinaus ohne die traditionell verbreitete saisonale Arbeitsmigration auszeichnete. Allerdings gab es bereits seit dem 19 Jahrhundert eine starke definitive Auswanderung vor allem nach Argentinien und in die USA (vgl. Plomteux 1981, 30):

"A decidermi per questa zona, ha ancora contribuito il fatto che la Val Graveglia veniva a poco a poco delineandosi come una vera comunità. Vi esistevano contatti continui - non solo nel «dopolavoro» - fra gli abitanti delle singole frazioni, o di tutta la valle, e molti artigiani (bottaio, cestaio, mugnaio...) vi rivestivano ancora una funzione specifica e insostituibile. La zona è molto omogenea, economicamente e soprattutto socialmente." (Plomteux 1981, 10)

Die Talbewohner - seltsamerweise nennt Plomteux keine kollektive Selbstbezeichnung - grenzen sich von den Bewohnern der umliegenden Täler und insbesondere der Küste ab:

"Già a Chiavari, vicino alla stazione delle corriere, i valligiani si ragruppano, distanziandosi dai furesti, cioè tutti quelli che non sono della valle, che siano sitadínvilán, zenéisi (genovesi cioè rivieraschi) o no." (Plomteux 1981, 43)

Auch die Dialekte der Küstenbewohner (‘rivieraschi’) werden als anders, genauer: als komisch wahrgenommen. Auffällige sprachliche Merkmale werden in Witzen wie dem folgenden lächerlich gemacht:

gh’éːa2 dúːi can, ün de páːrma e ün de zéːna, e l an truvóu in panétu e se l a pigióu quélu de páːrma. alúːa quélu di zéːna u ghe díːsce: «d unde téː?» e léː u ghe respúːnde «sun de pèːrma» e gh’e chéːitu u panétu e u g a pigióu quélu de zéːna. alúːa quélu de páːrma u ghe dumánde de dúːve l e, cuːa speráːnsa | che ghe cáze túrna u panétu. e léː u ghe respúnde cuːa búca stréːita «sun de zéːna» e u panétu u se l a maːngióu (registrato a Reppia)
Cioè: «C’erano due cani, uno di Parma e uno di Genova. Essi hanno trovato un panino e l’ha preso quello di Parma. Allora quello di Genova gli dice ‹da dove sei›  quello gli risponde ‹sono die Parma› (pèːrma in parmigiano). Gli è caduto il panino e se lo è preso quello die Genova. Allora il cane di Parma gli chiede da dov’è, con la speranza che gli cada di nuovo il panino. Il cane genovese gli risponde con la bocca stretta ‹sono di Genovo› e il panino se lo è mangiato» (Plomteux 1981, 43 f.)

Der Witz basiert zweifellos auf dem salienten Gegensatz zwischen charakteristischen Merkmalen der Dialekte von Genua und Parma, die beide in den Städtenamen zum Audruck kommen, dem sehr geschlossenen [eː] in zéːna ‘Genua’ und dem offenen [εː] in pèːrma ‘Parma’; dieser Gegensatz lässt sich übrigens beim Erzählen durch die Mundöffnung wirkungsvoll inszenieren. Die Leute aus der Val Graveglia posizionieren sich damit zwischen diesen beiden traditionellen  Referenzstädten und zeigen gleichzeitig ihre Loyalität mit Genua, von wo der schlauere siegreiche Hund kommt.

Die Zusammengehörigkeit der Talbewohner manifestiert sich auch in einem ethnolinguistisch durchweg bemerkenswerten kommunikativen Verhalten, nämlich im Grüßen: In Grußformeln und -gesten (man denke an die Grußritruale unter Jugendlichen; vgl. Neuland 2015) findet die die gemeinsame Gruppenzugehörigkeit ihren selbstverständlichen Ausdruck:

"Quelli della valle in genere si conoscono fra di loro e incontrandosi, quandu dúːi s intópu, si salutano con un buóːna o un séːia (verso sera) che sostituiscono sempre di più l’antico saluto ligure aléːgri!"  (Plomteux 1981, 45) 

Besondere Formen (Ausrufe, Flüche) werden bei überraschen Begegnungen vor allem im Gebirge gebraucht (vgl. Plomteux 1981, 45).

1.2. Eine Art ‘dichter Beschreibung’  

Plomteux war bestrebt eine möglichst vollständige Beschreibung aller "aspetti di una cultura" (Plomteux 1981, 11) zu geben; daher stellte er sich explizit in die Tradition der Ethnologen bzw. Sozialanthropologen:

"Come questi ho osservato e notato sistematicamente un insieme di fatti culturali «sul campo», identificandomi per quanto possibile con l’ambiente della «piccola comunità» da cui ero riuscito a non farmi più notare eccessivamente, dopo mesi di permanenza in case di contadini." (Plomteux 1981, 10; Hervorhebung Th.K.)

Er musste aber gleichzeitig feststellen, dass er in der Durchführung auf kein brauchbares  Vorbild zurückgreifen konnte, da sich niemals eine entsprechende Kooperation zwischen Ethnologen und Dialektologen herausgebildet hatte: Seitens der Ethnologie "non si è mai tenuto conto della parlata" (Plomteux 1981, 11) und:

"Fra i linguisti, non sono mai mancati quelli che combinavano l’interesse per il dialetto con una solida formazione etnografica, ma questi fautori di  «cose e parole» non si sono in genere occupati dell’intero lessico, e dunque di tutti aspetti della vita di una zona, bensì solo di alcuni fra i settori più significativi della cultura materiale." (Plomteux 1981, 11)

Die Arbeit ist in vier jeweils untergliederte Hauptkapitel eingeteilt, von denen das umfangreichste wiederum gegliederte Unterkapitel enthält:

  • "L’ambiente naturale" (17-26)
  • "La vita di relazione" (27-58)
  • "Il lavoro umano" (59-174)
    • "Agricoltura e allevamento" (59-131)
    • "I mestieri" (132-158)
    • "Lavori della donna" (159-174)
  • "L’uomo" (175-210)

Zahlreiche Photos und Zeichnungen illustrieren den Text, in dem sachliche Informationen und sprachliche Bezeichnungen zusammenfließen. Im linguistischen Vordergrund steht das Lexikon, aber auch der Phraseologie, insbesondere Sprichwörtern wird viel Raum gewährt; die Phonetik und Morphosyntax werden immerhin in kompakter Form beschrieben. Alles in allem entspricht die Dokumentation am ehesten dem Prinzip der "dichten Beschreibung" (Geertz 1973b), wie die folgenden Beispiele zeigen sollen. Die relativen Anteile schwanken je nach beschriebenem Ausschnitt; bei der Beschreibung der traditionellen Tätigkeiten und Berufe dominiert das Lexikon, wenn es um das soziale Leben geht, speziell um Bereiche, die menschliche Interaktion implizieren, werden auch viele Redensarten wiedergegeben. Man kann allgemein festhalten, dass die beschriebene Alltagskultur vollkommen im Zeichen mündlicher Überlieferung3 steht und durch zahlreiche Konventionen reglementiert wird, die teils pragmatisch mehr oder weniger sinnvoll erscheinen, teils aber auch in religiösen oder magischen Vorstellungen begründet sind und den Handlungs- und Verhaltensspielraum der eingebundenen Personen durch Ritualisierungen beschränken.

1.3. Sachorientierte Beschreibung: Beispiel KASTANIE

Ein wichtiges Grundnahrungsmittel war zu Zeiten der Republik Genua, zu der die Val Graveglia gehört, aber auch darüber hinaus bis in 20. Jahrhundert, die (Ess)Kastanie (vgl. Weil); wegen der kaum vorhandenen Ebenen und der sehr steilen Küstenhänge, die durch Kastanienbäume genutzt werden konnten, war es möglich den nur ganz eingeschränkt möglichen Getreideanbau zu kompensieren.

"Benché [...] abbia perso molto della sua importanza, essa [la castagna; Th.K.] rimane tuttora una delle basi dell’alimentazione per la gran maggioranza dei valligiani." (Plomteux 1981, 93)

Die Baumpflege, Ernte und aufwendige Verarbeitung (Trocknen, Schälen, Mahlen, Zubereitung) werden detailliert beschrieben und sprachlich (dialektal) dokumentiert. Es ist nicht übertrieben von einer spezialisierten Ernährungskultur zu sprechen, die sich in der Kategorisierung der Sachwelt eindeutig niederschlägt: Der Baum als solcher wird mit einem denkbar allgemeinen Ausdruck bezeichnet:

"Invece di parlare di castáːgnu, si adopera più volentieri l èːrbu, come se il castagno fosse l’«albero» per eccellenza."  (Plomteux 1981, 88)

Sodann gibt es eine ganz Reihe von Subkategorien:

Subkategorisierung des KASTANIENBAUMs im Dialekt der Val Graveglia
in nuélu JUNG, 3-4 JAHRE
in pulún ÄLTER, NOCHT NICHT FRUCHTBRINGEND
in taːncúm SEHR ALT, HOHL, ZUR HOLZGEWINNUNG
in fugiácu VERLIERT SEIN LAUB

Bei der Datenerhebung hat Plomteux eine Technik eingesetzt, die in der Nachfolge in Italien unter dem Namen etnotesto bekannt und angewandt wurde. Es handelt sich um die erzählende Darstellung alltagsweltlicher Verfahren durch genau die Personen, denen die jeweilige Praxis aus ihrer eigenen Erfahrung gut vertraut ist. Im dialektologischen Kontext werden etnotesti im Dialekt versprachlicht und mindestens teilweise in der Dokumentation wiedergeben. Als Beispiel wird der Anfang eines Ethnotextes aus Reppia wiedergegeben, in dem ein Informant das Sieben der bereits getrockneten Kastanien beschreibt:

per insérne e castágne, se pigiáːva u crivélu - ul e in méːtru pe in méːtru quadráːtu; l e in afá:re de fiː fèːru, e a ogni ángolo gh’e ina cóːrda c’a végne fin | ou céntru e ste quátru cóːrde finísciu ou céntru, e ghe n e ´´üna c’a s apíche sci´üː u sai´öː o ina zbáːra de fèːru [...]
Traduzione: «Per cernere le castagne, si prendeva il crivello, che è di 1 m. x 1; è un affare di fil di ferro, e ad ogni angolo c’è una corda che viene fino al centro (del crivello) e quelle quattro corde finiscono al centro e ce n’è una che va appesa al soffitto; o (invece della corda appesa al soffitto si ha anche a volte) una sbarra di ferro [...]» (Plomteux 1981, 92 f.)

Hier ist eine Nebenbemerkung unvermeidlich, denn zum Selbstverständnis der empirisch arbeitenden Sprachwissenschaft gehört der hohe Anspruch, sprachliche Daten im Original (d.h. heute: auch als Audiodatei) bereitzustellen. Andere Fächer, wie zum Beispiel nicht selten die Soziologie, geben Äußerungen ihrer Informanten in stark redigierter, gelegentlich sogar in ausschließlich übersetzter Form weiter - für die Linguistik werden sie dadurch nutzlos und gehen verloren. Die Publikation überarbeiteter Äußerungen und Texte kann im Interesse einer möglichst weiten Leserschaft sinnvoll sein, allerdings gibt es keinerlei Ursache nicht auch, mindestens zusätzlich das Original zu publizieren.

1.4. Ritualisierungen: Beispiel SCHWANGERSCHAFT, GEBURT

Eine ganze Reihe von Konventionen und Ritualen begleiten und steuern das soziale Leben, insbesondere markante Phasen (Krankheit) und Ereignisse (Hochzeit, Tod). Ergiebige Quellen sind etwa Schwangerschaft, Geburt und der erste Umgang mit den Neugeborenen. Viele einschlägige Riten stehen im Zusammenhang mit der allgegenwärtigen Sorge um die Gesundheit und die fehlende medizinische Betreuung. Manche Verhaltensregeln, die vorbeugend wirken sollen, sind in pseudomedizinischen Erklärungen physiologischer Auffälligkeiten verankert.

"La donna incinta prende molte precauzioni, spesso di carattere magico e che non si rivelano ad estranei. Fra le più comuni e ormai note a tutti c’è quella di non mettersi attorno al collo collane o catenine, né matasse, perché si crede che allora il figlio nascerebbe soffocato dal cordone ombelicale arrotolatoglisi attorno al collo. Per lo stesso motivo è anche pericoloso passare sotto una corda tesa o scavalcarla." (Plomteux 1981, 175)

Hier zeigt sich die sehr weit verbreitete, wenn nicht universale magische Vorstellung der Analogie, der zufolge ein bestimmtes Verhalten, ein Umgang mit einer Sache ähnliche Verhältnisse in der Zukunft hervorbringen oder sich auf dieselbe Sache in anderen Situationen auswirken könnte. Dieses Prinzip taucht sehr häufig auf; so gilt für Schwangere und die ihr Nahestehenden das Folgende:

"Se ha voglia di mangiare qualcosa, nessuno glielo impedirà, perché ogni voglia insoddisfatta lascerebbe una traccia scura sulla pelle del bambino, del colore e della forma del cibo rifiutato alla futura mamma: na quèː di vino, di ciliege, ecc.
Per evitare che la macchia venga sul viso bel bambino o in un altro posto ben visibile, la donna che ha una voglia si toccherà una natica affinché la quèː apparisca lì."  (Plomteux 1981, 175)

Der stillenden Mutter wird, wiederum aus analogischer Denkweise, davon abgeraten mit Milch zu arbeiten,

"perché andrebbe a male sia il suo latte che quello con cui vuole fare il formaggio, o che munge." (Plomteux 1981, 176)

Manche Verhaltensregeln sind in Form von Sprichwörtern präsent, die jeweils vom Autor ebenso mitgeteilt werden wie Lieder zum Einschlafen der Kinder, usw.

2. Hermeneutik jenseits der Beschreibung

Allgemein lässt sich festhalten, dass sich Plomteux in seiner materialgesättigten Beschreibung durchweg an der außersprachlichen Welt orientiert und systematisch die entsprechenden Bezeichnungen bzw. die mit Handlungen / Situationen verbundenen sprachlichen Muster (Phraseologismen usw.) erfasst. Mit Interpretationen hält er sich dagegen sehr weitgehend zurück. Aber die dokumentierten sprachlichen Materialien laden gerade dazu ein, aus ihnen Einsichten über das Funktionieren des kulturellen System abzuleiten. So ist man versucht eine latent matriarchalische Struktur hinter der zentralen Rolle der Mütter für das Familienleben zu sehen. Ein Indiz dafür liefert ligurisch famígia, die dialektale Variante von ita. famiglia (lat. familia), denn das Wort bezeichnet nicht nur die FAMILIE sondern speziell die KINDER. So sagt man in der Val Graveglia für die Schwangere, die unmittelbar vor der Niederkunft steht:

a va avéːi famígia (Plomteux 1981, 175), wörtlich: ‘sie geht haben Familie’

und der Wunsch, das erste Kind sei ein Mädchen hat sich in folgendem Sprichwort verfestigt:

pe na béla famígia
bezögna cumensá cu ina fígia 
(Plomteux 1981, 175)
‘Für eine schöne Familie muss man mit einer Tochter beginnen.’   

Im Horizont der Ethnolinguistik liegt, mit anderen Worten, auch eine funktionale und/oder historische Auslegung der dokumentierten Materialien, die über das Laienwissen der Informanten selbst hinausgeht. Wenn man die erfassten kulturellen Techniken und  Verhaltensweisen sprachlicher und nicht sprachlicher Art  mit dem ‘Ausdruck’, das Wissen und die Praxis der involvierten Laien mit dem ‘Erleben’  und die wissenschaftliche Modellierung und Interpretation mit dem ‘Verstehen’ identifiziert, lokalisiert man  Ethnolinguistik im Kernbereich der ‘Geisteswissenschaften’, die Wilhelm Dilthey zu Beginn  des 20. Jahrhunderts genau mit diesen drei Begriffen trianguliert hatte:

"So ist überall der Zusammenhang von Erleben, Ausdruck und Verstehen das eigene Verfahren, durch das die Menschheit als geisteswissenschaftlicher Gegenstand für uns da ist. Die Geisteswissenschaften sind so fundiert in diesem Zusammenhang von Leben, Ausdruck und Verstehen. Hier erst erreichen wir ein ganz klares Merkmal, durch welches die Abgrenzung der Geisteswissenschaften definitiv vollzogen werden kann. Eine Wissenschaft gehört nur dann den Geisteswissenschaften an, wenn ihr Gegenstand uns durch das Verhalten zugänglich wird, das im Zusammenhang von Leben, Ausdruck und Verstehen fundiert ist.“ (Dilthey 1983, 256)

Vgl. die Auswertung der Kirchenbücher in Plomteux 1981, 182.
Im Original wird die vokalische Länge durch einen horizontalen Strich über dem Vokal, hier dem e, wiedergegeben; aus technischen Gründen muss hier das IPA-Zeichen ‘ː’ für die Länge gesetzt werden.
Plomteux hat auch die Alphabetisierung seines Untersuchungsgebiets herausgearbeitet: "Da un sondaggio che ho fatto per Cogorno, risulta che nel 1866 tutt’al più il 15% degli adulti era capace di mettere la firma: nei 336 atti di matrimonio di quell’anno appaiono soltanto 365 firme, benché per ogni atto ci volessero 6 firme (oltre a quella del parroco, che naturalmente abbiamo esclusa dai totali), cioè 2016 firme in tutto (Registro dei matrimoni, archivio parrocchiale di san Lorenzo di Cogorno). Si noti che il 15% è ancora esagerato, poiché per molti un anziano prete in riposo funziona da testimonio aggiunto: la sua firma appare spesso fra le 365 firme registrate" (Plomteux 1981, 181).

Bibliographie

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  • Weil = Weil, Gerhard: Die Kastanie in Ligurien (Link).
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