Kategorisierung neuer Meme-Genre anhand einer Korpusanalyse


1. Memes als alltägliches Phänomen

Einer Umfrage der Statista zu Folge (Nier 2019) nutzt mehr als jeder Dritte deutsche Internetnutzer Memes. Sie sind somit nicht mehr weg zu denken aus dem alltäglichen Internet-Erleben. Der Begriff des Memes wurde erstmalig in den 70er Jahren von Richard Dawkins (Dawkins 2016, 171) geprägt. Seine Bezeichnung für kleine kulturelle, sich verbreitende Einheiten wurde von Internetnutzern aufgegriffen um jene Bilder und Texte, die heute als Memes bekannt sind, zu bezeichnen. Mit der steigenden Beliebtheit von sozialen Netzwerken und Internetplattformen, wie etwa Instagram, Reddit oder Tumblr, hat auch die Häufigkeit dieser Internet Memes zugenommen (vgl. Nier 2019; Stout 2021).

In den 10er Jahren wurde begonnen Memes wissenschaftlich zu untersuchen (Segev/Nissenbaum/Stolero/Shifman 2015; Milner 2012; Milner 2013; Shifman 2014). Besonders hervorzuheben ist Shifman 2014, da hier erstmalig eine konkrete Definition zu Internet Memes vorgestellt wurde. In diesem Werk wird auch die Einteilung in Meme-Genre vorgeschlagen, sowie einige dieser Genre bereits definiert. Doch haben sich seitdem Memes immens weiterentwickelt und die im Jahr 2014 aufgestellte Einteilung ist mit Stand 2021 nicht mehr ausreichend. Deshalb soll in dieser Arbeit anhand eines eigens erstellten Korpus weitere aktuelle Genre als Fortführung zu Shifman vorgebracht werden.

2. Forschungsstand und zentrale Begriffe

Memes werden aktuell hauptsächlich in Bezug auf ihren gesellschaftlichen und politischen Einfluss untersucht, wie etwa in Milner 2012, Milner 2013 oder Bown/Bristow 2019. Osterroth 2014 untersuchte, ob es sich bei Memes um Sprache-Bild-Texte handelt und stellt somit einen der wenigen sprachwissenschaftlichen Ansätze dar. Segev/Nissenbaum/Stolero/Shifman 2015 beschäftigt sich mit Familien und Netzwerken von Internet Memes. Auf Dawkins 2016 und Shifman 2014 soll im Folgenden genauer eingegangen werden.

2.1. Meme-Forschung

Der Begriff Meme wurde 1976 von dem Biologen Richard Dawkins in seinem Buch The Selfish Gene vorgestellt. Von griechisch „Mimeme“1 und gekürzt, in Anlehnung an englisch gene, definiert Dawkins Memes als kleinste kulturelle Einheiten, welche sich durch Imitation verbreiten. Memes sollen das kulturelle Pendant zu Genen und DNA für Lebewesen darstellen und entsprechend dieser Analogie, ist deren Ziel ihr Fortbestehen. Beispiele für Memes im Sinne Dawkins wären etwa das Konzept Gott oder ein Satz in einer bestimmten Harmonie, da solche Elemente in vielen Kulturen zu finden sind oder aber durch den Lauf der Zeit hindurch fortbestehen. Für den Erfolg eines Memes im Memepool bestimmt er drei Eigenschaften: longevity, fecundity und copying-fidelity. Die erste Eigenschaft longevity gibt an, wie lange ein Meme im Memepool überlebt und von Mensch zu Mensch weitergegeben wird. Fercuntity repräsentiert, wie „fruchtbar“ ein Meme ist, also wie oft es erfolgreich weitergegeben wird. Die letzte Eigenschaft, copying-fidelity bezieht sich darauf, wie gut die Meme-Idee erhalten bleibt. Dies bedeutet, dass sich einzelne Teile des Memes verändern können, wie etwa der genaue Wortlaut oder die Länge einer Note, die Grundidee bzw. das Konzept jedoch erhalten bleibt (Dawkins 2016, 169-175).

Auf diesen Ansatz aufbauend, definiert Limor Shifman 2014 in Memes in Digital Culture Internet Memes. Ihre Defintion lautet wie folgt:

(a)     a group of digital items sharing common characteristics of content, form and/or stance, which (b) were created with awareness of each other, and (c) were circulated, imitated, and/or transformed via the internet by many users. (Shifman 2014, 41)

Shifman zufolge gibt es ein dynamisches Spektrum zwischen Memes und Virals, welche zwar stark verbreitete werden, jedoch anders als Memes keine Variationen aufweisen. In Abb. 1 sind die sich aus diesem Spektrum ableitenden Kategorien zu sehen: Virals, Founder-based Memes und Egalitarian Memes. Der Unterschied bei den Meme-Arten liegt darin, dass beim Founder-based eine ursprüngliche Version bekannt ist und referenziert wird. Einem Egalitarian Meme hingegen liegt eine bestimmte Formel zu Grunde, welche erkannt werden kann.

Unterscheidung von Virals, Founder-based Memes und Egalitarian Memes nach Shifman (2014)

Außerdem unterscheidet Shifman innerhalb dieser drei Kategorien neun verschiedene Meme-Genres, räumt dabei aber ein, dass noch mehr Genres existieren könnten. Demnach gibt es Reaction Photoshops, Photo Fads, Flash Mobs und Lypsynch, sowie Misheard Lyrics und Recut Trailers und weiterhin LOLCats, Stock Character Macros und Rage Comics als jeweils eigene Genre. Hier zeigt sich, dass sich Memes seit 2014, als Shifman ihre Untersuchung durchführte, bereits weiterentwickelt haben, da etwa LOLCats mittlerweile (Stand 2021) nicht mehr Teil des alltäglichen Interneterlebens sind.

Google Trends Ergebnis zu LOLCats

Wie in Abb. 2 zu sehen, hat die Häufigkeit mit welcher nach LOLCats gesucht wurde, laut Google Trends, seit 2014 einen Dauertiefpunkt erreicht (Google Trends). Deshalb wurde, wie in der Einleitung bereits erwähnt, ein Meme-Korpus erstellt, anhand dessen weitere, aktuellere Meme-Genre bestimmt werden sollen. Diese neuen Einteilung soll dabei eine Fortsetzung von Shifmans Werk sein.

2.2. Zentrale Begriffe

Für das bessere Verständnis sollten vorerst einige Begriffe, welche zum Verständnis des Aufbaus von Memes essenziell sind, geklärt werden. Entsprechend folgt eine Ausführung dazu, um was es sich bei Templates und Snowclones handelt.

2.2.1. Templates

Der Ausdruck Template wird hierbei verwendet, um die Bedingungen zu bezeichnen, welche erfüllt sein müssen, damit ein Bild, Text oder Ähnliches als ein bestimmtes Meme erkannt werden kann. Laut der Webseite knowyourmeme.com2 werden sie als „the commonly used patterns and elements composing the ideas and behaviors in memes“ (Caldwell k) bezeichnet. Demnach baut jedes Meme auf mindestens einem Template auf, das in allen Variationen des Memes verwendet wird.

In Abb. 3 ist links oben das unbearbeitete Bild zu sehen, welches die Grundlage für das „Pacha“-Meme bildet. Die drei Varianten zeigen, dass vor allem Pachas Gestik und Mimik, eine Formulierung mit „X just right“ sowie sein kräftiger Körperbau ausreichend sind, um das Meme zu erkennen.

Vier Varianten des Pacha-Memes

Dabei ist X ein Zustand oder ein Ereignis, der, sowohl ernsthaft, aber auch ironisch wie in der Version links unten zu sehen ist, sehr zufriedenstellend ist. Optional kann auch das kantige Gesicht übernommen werden, dies ist jedoch, wie in Abb. 4 erkennbar, nicht unbedingt notwendig, da die anderen Merkmale bereits ausreichend sind zum Erkennen des Memes.

Crossover zwischen Pacha- und Pepe-Meme

Ein Template ist somit jene Summe an Eigenschaften, welche mindestens notwendig sind, um ein Meme als ein bestimmtes erkennen zu können.

2.2.2. Snowclones

Der Begriff Snowclone wird auf den Linguisten Geoffrey Pullum zurückgeführt, welcher 2003 in einem Blogbeitrag mit dem Titel „Phrases for Lazy Writers in Kit Form“ (Pullum 2003b)erstmalig auf jene Sätze eingegangen ist, die einerseits einen festen und auch bekannten Bestandteil haben und andererseits flexibel anpassbar sind. Als Beispiele werden vorgebracht If Eskimos have N words for snow… (mit N als beliebige Zahl) oder In space, no one can hear you scream. Beide Sätze können beliebig angepasst werden, doch ein gewisses Grundgerüst bleibt erhalten. In einem weiteren Blogbeitrag aus dem Jahre 2004 mit dem Titel „Snowclones: Lexicographical Dating to the Second“ geht Pullum genauer auf dieses Phänomen ein und gibt ihm den Namen Snowclones. Er formuliert seine Beispiele noch einmal neu:

If Eskimos have N words for snow, X surely have Y words for Z.

In space, no one can hear you X.

X is the new Y. (Pullum 2004)

Dabei können N, X, Y und Z nach Belieben befüllt werden, beispielsweise zu pink is the new black. Pullum selbst beschreibt Snowclones als „some-assembly-required adaptable cliché frames“ (Pullum 2004). Snowclones stellen somit eine Art sprachliche Schablone dar, bei denen Teile eines Satzes oder eines Ausdrucks festgelegt sind und einzelne Elemente durch Beliebiges ersetzt werden können.

Dieser Begriff ist relevant für diese Arbeit, da Meme-Templates häufig Snowclones enthalten. Wie weit diese Konzepte zusammenhängen und in welchen Genre Snowclones zu finden sind, wird im weiteren Verlauf beantwortet.

Was von Shifman (Shifman 2014, 10) als „something which is imitated“ übersetzt wird.
Im Folgenden als kym.com abgekürzt.

3. Korpus

In der vorliegenden Arbeit wird die These aufgestellt, dass mittlerweile weitere Meme-Genres entstanden sind. Um der Bestätigung dieser These nachzugehen, wurde ein Meme-Korpus erstellt. Die enthaltenen Memes werden hierbei vor allem aus der von Shifman als Egalitarian Memes bezeichneten Kategorie stammen und Ähnlichkeiten zum Stock Character Macro-Genre aufweisen. Dieses Genre charakterisieren nach Shifman zwei Eigenschaften: Sie bestehen aus einem Makrobild, was von kym.com als „captioned images that typically consist of a picture and a witty message or a catchphrase“ beschrieben wird ((Caldwell r). Weiterhin bauen sie auf spezifischen Typen auf, welche bestimmtes, stereotypisches Verhalten repräsentieren sollen (Shifman 2014, 112). Als Beispiele führt Shifman etwa „Scumbag Steve“ oder „Successful Black Man“ an. Die noch folgende Einteilung weiterer Memes, soll dabei das von Shifman vorgestellte Genre nicht ersetzen, sondern fortführen.

3.1. Aufbau

Das Korpus setzt sich zusammen aus 157 verschiedenen Templates und enthält 234 verschiedene Memes. Die Memes im Korpus wurden ausgewählt aufgrund ihrer Bekanntheit und Verbreitung. Als Quellen wurden knowyourmeme.com und die Google Image Suche verwendet. Bei kym.com handelt es sich um eine Datenbank, deren Ziel es ist, alle Memes, sowie andere Internet-Phänomene, für das Internet relevante Ereignisse sowie Trends zu erfassen, zu benennen und zu erklären (Caldwell). Dabei werden nicht nur Bild-Memes gesammelt, sondern allgemein Internet Memes im Sinne Shifmans. Der Fokus für die nachfolgende Analyse liegt auf Bild- und Snowclone-basierenden Memes.

Innerhalb des Korpus wurden die Memes nach ihren Eigenschaften unterschieden und in eine zweidimensionale Matrix einsortiert. Die erste Dimension, nach welcher unterschieden wird, ist die Komposition bzw. die Grundelemente der Memes. Dies bedeutet, dass Memes danach eingeteilt werden, ob das zentrale Element ein Bild oder ein Bild in Kombination mit Text ist. Die erste Kategorie wird als „Bild“ bezeichnet und die zweite „Bixt“, dem Amalgam aus Bild und Text, da es somit die gleiche Länge wie „Bild“ hat.

Die zweite Dimension stellen die Genres dar. Innerhalb des erstellten Korpus konnten neun, sich von Shifmans Ergebnissen unterscheidende, Genres kategorisiert werden. Wie in der Abb. 5 zu sehen, lauten diese Animals, Classical Art, Celebrities and People of Public Interest (kurz CePoPI), Chess, Comics, Filme/Serien/Spiele (kurz F/S/S), Multiple Panels, Photoshop und Stock Images. Diese Grafik zeigt in absoluten Werten an, wie viele Befunde pro Genre im Korpus enthalten sind. Für manche Rubriken konnten sehr viele Vertreter gefunden werden, wie etwa für Comics oder F/S/S. Andere, wie etwa Animals oder Chess, sind seltener vertreten und scheinen auch teilweise eher eine Nischen-Form zu sein. Die Details dazu sollten allerdings eigens untersucht werden, da dies sonst das Ausmaß dieser Arbeit überschreiten würde.

Darstellung der Genre-Verteilung im Korpus (Angabe in absoluten Zahlen)

3.2. Vorgehen

Im ersten Schritt wurden die Memes gesammelt. Die Datenbank von kym.com wurde nach den beliebtesten Memes durchsucht und von diesen eine stichprobenhafte Menge an Memes ausgewählt, basierend auf Kriterien wie etwa die Bekanntheit des Memes oder ob es bereits erfasst ist oder nicht. Zusätzlich zu den Memes wurden auch noch die Quellen und das Datum des Zugriffs erfasst. Varianten oder Anwendungen des jeweiligen Templates wurden dann über die Google Bilder Suche recherchiert, um somit eine möglichst große Auswahl zu generieren.

Anschließend wurden die gesammelten Memes, bei welchen es sich um Musterbeispiele der jeweiligen Kategorie handelt, in Gruppen unterteilt. Anhand dieser Einteilung wurden zunächst drei Kategorien gebildet: „Bild“, „Bild und Text“ und „Text“. Diese Rubriken sollten festhalten, wie das jeweilige Meme gehandhabt wurde. In der ersten Kategorie wurden die Memes im Grunde wie ein Bild verwendet. Das Meme selbst wurde nicht verändert. Anstelle dessen wurde es in einen Kontext gesetzt, etwa durch eine Überschrift. Es ist zwar möglich bei Memes diesen Typs das Meme durch Bezeichnungen zu ergänzen, jedoch ist dies nicht unbedingt notwendig, damit das Meme funktioniert. Exemplare aus der Gruppe der „Bild und Text“-Memes hingegen müssen verändert werden, damit erfolgreich ein neues Meme kreiert werden kann. Diese Memes werden deshalb nur selten in einen Kontext eingebettet, da durch die Notwendigkeit des eigenen Einfügens bestimmter Elemente bereits ausreichender Kontext gegeben wird. Das memetische Potential liegt somit sowohl bei dem verwendeten Bild als auch bei dem jeweiligen Snowclone, der Teil des Memes Templates ist.  Die letzte Kategorie „Text“ setzt sich zusammen aus Memes, welche auf einem Snowclone basieren. Die Unterscheidung zu einem regulären Snowclone liegt dabei darin, dass das Eingefügte meistens ein Bild ist oder der Snowclone durch ein Bild ergänzt wird. Diese Notwendigkeit der Kombination mit einem Bild verbindet diese Kategorie mit den anderen Bild-basierten Memes.

Nach weiteren Untersuchungen hat sich diese Einteilung jedoch als nicht sinnvoll erwiesen, da diese zu einseitig und schwammig war. Infolgedessen wurde das Korpus erneut umstrukturiert und nach anderen Merkmalen gruppiert. Somit wurden Memes, die eine ähnliche Konstruktion aufweisen, wie etwa Memes des Comics- oder des Multiple Panels-Genre, in jeweils eigenen Gruppen gesammelt. Ebenfalls unterschieden wurde nach dem Ursprung der Memes, etwa ob das Meme auf einem Stockfoto oder auf einem Kunstwerk basiert oder ob der abgebildete Mensch eine fiktive oder reale Person ist. Daraus haben sich insgesamt neun Kategorien entwickelt.

Diese neun Gruppen wurden anschließend mit den anfangs erstellten Kategorien, nämlich „Bild“, „Bild und Text“ und „Text“, kombiniert, sodass eine zweidimensionale Matrix entstanden ist. Beim Befüllen dieser Matrix hat sich ergeben, dass die Einteilung in die drei Ausrichtungen „Bild“, „Bild und Text“ und „Text“ nicht angemessen ist, da sich die Kategorie Text als redundant erwiesen hat. Diejenigen Memes, welche in der ersten Einteilung in die Kategorie „Text“ gefasst wurden, konnten später nur schwer den neun neuen Kategorien zugewiesen werden. Somit hätte es neun Kategorien gegeben, welche in zwei Ausrichtungen unterteilt werden konnten und zusätzlich eine weitere Gruppe, welche in keine der neun Kategorien eingeordnet werden konnte und welche weiterhin als einzige Gruppierung die Ausrichtung „Text“ aufweist. Aus diesen Grund wurden diese Memes aus dem Korpus entnommen. In weiteren Untersuchungen kann festgestellt werden, ob es sich bei dieser Gruppe eventuell um ein zehntes Genre handelt, doch für diese Analyse, wurden Memes diesen Typs ausgelassen, da sie in keine der erstellten Kategorien passen und prinzipiell nicht alle Meme-Genre in dieser Arbeit erfasst werden können.

Beispiele für jedes Genre (x-Achse) in jeder Ausrichtung (y-Achse)

Letztlich hat sich ergeben, dass eine Einteilung in neun Kategorien, welche im weiteren Verlauf, in Anlehnung an Shifman, als Genre bezeichnet werden, mit zwei Ausrichtungen als sinnvoll erwiesen hat. Die beiden Ausrichtungen werden, wie zuvor unter Aufbau bereits erläutert, fortan als „Bild“ und „Bixt“ bezeichnet. In der in Abb. 6 zu sehenden Grafik wird diese Einteilung veranschaulicht, sowie zu jeder Ausprägung ein Beispiel-Meme aus dem Korpus vorgebracht. Für die leeren Felder wurde bisher noch keine Memes gefunden, welche die Bedingungen für die jeweilige Kategorie und Ausrichtung erfüllen3.

Was von Shifman (Shifman 2014, 10) als „something which is imitated“ übersetzt wird.
Im Folgenden als kym.com abgekürzt.
Ob es diese Kombinationen nicht geben kann oder ob der Datenausschnitt zu gering war, bleibt unklar.

4. Meme-Genres

Bevor im Weiteren auf die bestimmten Genres eingegangen werden kann, wird der Unterschied zwischen den Ausrichtungen Bild und Bixt ausgeführt. Wie in der Abb. 6 bei den Beispielen der Kategorie F/S/S zu sehen, ist in der Bild-Kategorie ein unverändertes Standbild der Figur Frodo Beutlin (Caldwell b) das zentrale Element des Memes, das bestimmt, um welches Meme es sich dabei konkret handelt. Teil des Bilds ist zwar ein Satz, jedoch wird dieser nicht weiter verändert. Die einzig weitere Veränderung, welche bei Memes diesen Formats hinzugefügt wird, sind wenige Sätze, die über dem Bild eingefügt werden, um Kontext zu liefern und das Meme zu einer neuen Variation zu machen.

Demgegenüber steht das bixtische „That would be great“-Meme, dessen zentralen Elemente ein Standbild aus dem Film „Office Space“ (Caldwell n), sowie der Snowclone X That would be great sind, wobei X ein Vorschlag, eine Bitte oder einfach nur einen Zustand, der geändert werden soll, repräsentiert. Ein Bixt setzt sich somit aus einem Bild in Kombination mit einem Snowclone zusammen.

Zu beachten ist dabei, dass es möglich ist bei einem Bild-Meme den Text zu ergänzen oder anzupassen, jedoch ist es nicht notwendig wie bei dem Bixt-Format. So kann etwa bei dem Bild-Beispiel das Wort Secrets durch Food ausgetaucht werden, um auszudrücken, dass die erstellende Person kein Essen bekommen hat und die Hintergründe dazu, zwar nicht weiterverfolgen, aber dennoch einen Kommentar beitragen möchte.

Im Anschluss wurden die neun Genre zum einfacheren Verständnis in vier Rubriken zusammengefasst.

4.1. Menschenbasierte Memes

Die folgenden beiden Genres haben die Gemeinsamkeit, dass sie auf Menschen oder humanoiden Figuren basieren. CePoPI fokussiert sich dabei auf reale Personen des öffentlichen Lebens, während in F/S/S fiktive Charaktere enthalten sind. Memes des Stock Images-Genre hingegen bestsehen aus Stockfotos, auf denen Menschen abgebildet sind.

4.1.1. Celebrities and People of Public Interest

In dieser Kategorie werden alle jene Memes erfasst, welche auf Aufnahmen von Prominenten, Politikern, Sportlern, Musikern, etc. basieren. Häufig sind diese Standbilder gekoppelt mit einer bestimmten Aussage, welche im Moment bzw. im Kontext der Entstehung des Fotos von der Person geäußert wurde. Sie entstehen meistens im Zuge von Interviews, Werbeaktionen oder anderweitigen Dokumentationen, wie etwa YouTube-Videos oder Pressefotos. Bei der Mehrzahl der Memes aus dem erstellten Korpus ist vor allem der Text stark memetisch, obwohl nur eines der Memes, welches in Abb. 7 links oben zu sehen ist, bixtisch ist. Bei zwei der Memes steht das Abgebildete im Vordergrund, einmal das Lächeln von Scarlett Johansson und einmal eine Darstellung des Domino-Effekts. Als weiteres Beispiel ist in Abb. 7 rechts oben ein „Suffering From Success“-Meme zu sehen, das auf einem Album-Cover von DJ Khaled basiert (Caldwell m). Dieses Meme kann als eine moderne Variante des „First World Problems“-Meme betrachtet werden, da diese Memes von ihrer Intention her sehr ähnlich sind. Das Meme mit Danny DeVito, welches links unten in Abb. 7 enthalten ist, ist zwar vom Format her ein Bild-Meme, jedoch wird meistens das im Original enthaltene blasting mit etwas anderem überschrieben. Diese Ersetzung kann zusätzlich noch, wie im Beispiel zu sehen, durch Bild-Einfügungen ergänzt werden (Caldwell l).

Beispiele für CePoPI-Memes

Eine weitere Auffälligkeit dieser Memes ist, dass manche prominente Personen größeres memetisches Potential aufzuweisen scheinen, als andere. So gibt es etwa mehrere Memes zu Keanu Reeves, Bernie Sanders oder Leonardo DiCaprio. Im Korpus sind zwei Bernie Sanders-, drei Leonardo DiCaprio- und fünf Keanu Reeve-Templates enthalten. Welche Faktoren dafür verantwortlich ist, bleibt noch unbeantwortet und kann noch gesondert untersucht werden.

4.1.2. Filme/Serien/Spiele

Demgegenüber steht das F/S/S-Genre, welches sich zusammensetzt aus Standbildern aus Filmen, Serien und Videospielen und beinhaltet sowohl Bild-Memes als auch Bixt-Memes. In beiden Formaten gibt es viele Vertreter im Korpus zu finden und insgesamt ist dieses Genre dasjenige mit den meisten Belegen. Die Ursprünge dieser Memes reichen von beliebten Kinofilmen, wie „Ich einfach unverbesserlich“ (Caldwell d), „Herr der Ringe“ (Caldwell b) oder Marvel-Filme (Caldwell c), über Serien, wie „Die Simpsons“ (Caldwell f), und Animes bis hin zu Videospielen, wie etwa dem Super Mario-Franchise (Caldwell g). Verwendet werden diese Memes typischerweise, um eine Reaktion auf etwas zu zeigen oder um eine Meinung bzw. einen Standpunkt zu einer bestimmten Situation oder Umstand darzustellen. Ebenfalls genutzt werden diese Memes, um etwa ein Ereignis mitzuteilen. Die Kommentar-Funktion wird dabei sowohl von Bildern ohne Text, wie etwa das „Surprised Pikachu Face“-Meme, oder durch Bilder mit Text, wie beispielsweise das „Man of Culture“- oder das „First Time“-Meme, ausgeführt. Die Funktionen und Einsatzmöglichkeiten der Memes dieses Genres sind ebenso vielfältig wie dessen Ursprünge, entsprechend sollte diese Gruppe noch weiter untersucht werden.

Beispiele für F/S/S-Memes

In Abb. 8 sind drei Beispiele für dieses Genre zu sehen. Das Meme links oben mit dem Namen „They’re the Same Picture“ stammt aus der Serie „The Office“ (Caldwell o). Es wird verwendet, um damit auszudrücken, dass von einer Person oder einer Gruppierung zwei verschiedene Sachverhalte als ein und dasselbe angesehen werden. Rechts davon ist das „You Guys Are Getting Paid?“-Meme zu sehen, dessen Bilder aus dem Film „We’re the Millers“ stammen (Caldwell q).

Mit diesem Meme kann ausgedrückt werden, wie von Panel zu Panel die dargestellten Personen oder Einrichtungen weniger von etwas erhalten. Im Beispiel geht es um die Qualität des Gesundheitssystems der entsprechenden Staaten, beginnend mit Großbritannien, in welchem, dem Meme zu folge, 16 Wochen auf einen Arzttermin gewartet werden muss. Daraufhin beschwert sich Australien, dass sie sechs Monate und nicht nur 16 Wochen auf einen Termin warten müssen. Beendet wird das Meme mit den USA, welche sich bereits überhaupt über ein staatliches Gesundheitssystem freuen würden. Eine Eigenheit dieses Memes ist, dass auch nur das letzte Panel verwendet werden kann. Mit den vorherigen drei Bildern ist es jedoch möglich ein antiklimatisches Gefälle zu generieren, welches die Absurdität der Situation darstellt.

Das dritte Meme „Is This A Pigeon?“ stammt aus einer Szene aus einem Anime namens „The Brave Fighter of Sun Fighbird“, in welcher ein humanoider Android fälschlicherweise einen Schmetterling als Taube bezeichnet (Caldwell h). Dieses Meme wird entsprechend verwendet, wenn eine Person, eine Gruppierung oder Ähnliches eine bestimmte Sache oder Sachverhalt falsch bezeichnet oder als etwas anderes wahrnimmt. Im vorliegenden Beispiel wäre dies etwa, wie Lehrer Wikipedia als Quelle nicht akzeptieren und deshalb diese Seite ihren Schülern als „illegale“ Webseite präsentieren.

4.1.3. Stock Images

Das Genre der Stock Images basiert auf frei verfügbaren Stockfotografien: einerseits da diese häufig kostenlos verfügbar sind und andererseits, weil manche dieser Stockfotos kuriose Motive aufweisen.4 Beispiele hierfür sind in Abb. 9 zu sehen. Der Humor dieser Memes baut auf die ungewöhnlichen Fotos. Dies hat zur Folge, dass ein Teil dieser Memes in nur wenigen Variationen auftreten. Es gibt jedoch auch vereinzelte Stock Images-Memes, die große Beliebtheit gewonnen haben, wie etwa „Hide the Pain Harold“ oder „I Bet He’s Thinking About Other Women“, welche unten in Abb. 9 zu sehen sind.

Beispiele für das Stock Images-Genre

Memes dieses Genre treten sowohl im Bild- als auch im Bixt-Format auf. Sie teilen sich auf in jene Gruppe, welche Humor erzeugt, in dem sie aufweist, wie ungewöhnlich das Stockfoto ist, wie etwa links oben in Abb. 9 zu sehen, und in jene, bei der hinzugefügte Text den Witz ausmacht, entsprechend dem Meme oben rechts in Abb. 9.

Nur wenige dieser Memes werden als Reaktion verwendet, ein Beispiel hierfür wäre „Hide the Pain Harold“. Häufig sind diese Memes, bedingt durch ihren auf dem Stockfoto basierenden Humor, in sich geschlossen, also auf keinen weiteren Kontext angewiesen.

4.2. Kunstbasierte Memes

Die Memes innerhalb dieser Rubrik basieren auf Kunstwerken und Gezeichnetem. Die konkreten Genre, auf welche dieses Merkmal grundlegend zutrifft, sind Comics und Classical Art.

4.2.1. Comics

Das Comics-Genre ist im Korpus eine stark vertretene Kategorie. Grundlage für dieses Genre ist in den meisten Fällen ein Webcomic. Dabei wird sowohl das Gezeichnete als auch die ursprüngliche Idee des Autoren aufgegriffen und auf weitere Kontexte angewendet. Der Unterschied zu den Rage-Comics nach Shifman liegt darin, dass diese eine Art Baukasten sind, mit dem Internetnutzer ihren eigenen Comic erstellen können (Shifman 2014, 113-117). Comic-Memes hingegen basieren auf einem bereits existenten Webcomic und passen nur Details an. Comics-Memes liegen hauptsächlich im Bixt-Format vor, mit im Korpus nur zwei Ausnahmen vorliegend. Dabei handelt es sich um das „This Is Fine“-Meme, einem Zwei-Panel-Comic, und der aus vier Panel bestehende Comic „Loss“.

Im ersten Bild von „This Is Fine“ sieht man einen Hund mit Hut, der in einem brennenden Haus an einem Tisch mit Kaffeetasse darauf, sitzt. Das zweite Panel ist ein Close Up mit einer vom Hund ausgehenden Sprechblase, in welcher „This is fine.“ steht. Dieses Meme kann ergänzt werden durch Beschreibungen, etwa um zu spezifizieren um wen es sich bei dem Hund handelt oder was das Feuer repräsentiert soll. Beispielsweise könnte der Hund als Student bezeichnet werden und das Feuer als Abgabefrist am nächsten Morgen um 9 Uhr. Häufig wird das Meme jedoch auch unverändert verwendet, da der Kontext selbsterklärend ist.

In „Loss“ wird in vier Panels die Geschichte erzählt, wie ein junger Mann eine junge Frau, vermutlich seine Partnerin, im Krankenhaus besucht. Ihr scheint es sehr schlecht zu gehen und aus dem Titel lässt sich schließen, dass sie wahrscheinlich nicht überlebt. Das Besondere an diesem Meme ist, dass es nicht auf andere Situationen angepasst wird, sondern die Geschichte in den meisten Fällen die gleiche bleibt. Dafür wird die Zeichnung verändert. Beispielsweise wird der Comic so sehr abstrahiert, dass nur noch Striche in unterschiedlichen Farben zu sehen sind, wie in Abb. 10 zu sehen.

Originaler Loss-Comic links und rechts eine abstrahierte Form davon

Somit wäre etwa auch denkbar, dass ein Bild mit Ästen, die in diesem Muster und in vier Bildern angeordnet, von Internetnutzern als das „Loss“-Meme verstanden wird. Sofern im Korpus nachweisbar, hat nur „Loss“ diese besondere Position inne.

Repräsentativ für das Comics-Genre ist das oben in Abb. 11 zu sehende Meme. Dieses Meme wird verwendet, um eine bestimmte Position, Meinung oder Ähnliches, zu kritisieren und als dumm zu betitelten. Entweder, weil diese Person ein objektiv falsches Bild von etwas hat, beispielsweise in Bezug darauf, ob die Erde rund ist oder nicht, oder da es anderweitig der Meinung des Ersteller des Memes widerspricht. In Abb. 11 äußert das obere linke Meme Kritik daran, dass manche Menschen die während der Corona-Pandemie zu tragenden Masken falsch aufsetzen, obwohl dies deren Schutz negiert.

Das rechte obere Meme hingegen spricht sich gegen die These aus, dass Videospiele Gewaltverbrechen verursachen. Wie in den beiden Bildern dargestellt, ist es bereits ausreichend die Sprechblase im linken unteren Panel mit der zu vertretenden Meinung zu befüllen, um das Meme zu vervollständigen. Jedoch ist es, wie im linken Bild sichtbar, auch möglich, dieses Meme noch durch eine neue Form für den Erben der Krone, wie in dem Bild der neu eingefügte Mensch mit der falsch sitzenden Maske, zu ergänzen.

Beispiele für Comics-Memes

Das linke untere Meme namens „Hiding From a Serial Killer“ wird genutzt um auf verinnerlichte, intuitive Reaktionen humorvoll aufmerksam zu machen. In dem vorliegenden Beispiel aus Abb. 11 ist dies etwa in Bezug auf den Satz „Tell me what you want, what you really, really want.“, welcher mittlerweile untrennbar mit dem Text des Lieds „Wannabe“ von den Spice Girls verbunden ist (Songtexte). Ähnlich wie die sich versteckende Person auf den Ruf des Serienmörders mit der Fortsetzung des Liedtexts antworten muss, so wird typischerweise diese Assoziation geweckt, sobald der erste Teil gehört oder gelesen wird, gemäß dem Fall, dass ein gewisser Grad an popkultureller Kenntnis vorhanden ist.

Das Beispiel rechts unten in Abb. 11 zählt zu den Bixt-Memes. Der Text in den oberen beiden Panels steht fest und nur die Sprechblase des Gehirns links unten wird ersetzt. Der Comic stellt dar, wie vor dem Einschlafen und beim Revue passieren des Tags manchmal ungewöhnliche Gedanken aufkommen, welche dann für eine schlaflose Nacht sorgen. Das Meme wird deshalb dazu verwendet, um kuriose Einfälle einer breiten Masse mitzuteilen.

4.2.2. Classical Art

Das Classical Art-Genre besteht hauptsächlich aus Bixt-Memes, nämlich aus Bildern der klassischen Kunst, welche meistens mit Text ergänzt werden. Den abgebildeten Figuren werden dabei etwa Gespräche hinzugefügt, welche zur Mimik und Gestik oder zu deren Umstände passen und diese humoristisch ergänzen. Dabei werden häufig moderne Themen und Begriffe eingeführt. Vereinzelt werden auch moderne Elemente mit alten vermischt, wie etwa rechts in Abb. 12, in welcher das Konzept einer Fotobombe mit Porträtzeichnungen kombiniert wird.

Beispiele für Classical Art-Memes

Im Korpus sind nur zwei Memes mit Bild-Ausrichtung enthalten: das „Y Tho“-Meme und eines der Selbstporträts von Joseph Ducreux, welches auch „Archaic Rap“-Meme genannt wird (Caldwell i). Ersteres basiert auf einem Gemälde von Fernando Botero, welchem der Text „y tho“ hinzugefügt wurde(Caldwell p). Die rundliche Form, der im Vergleich zur Körpergröße überproportional korpulenten Körper sowie der entgeisterte Blick, machen dieses Meme zu einer humorvollen Möglichkeit etwas zu hinterfragen. Entsprechend wird dieses Meme vor allem verwendet um etwas anzuzweifeln.

Das „Archaic Rap“-Meme geht auf die ungewöhnliche Art der Selbstporträts von Joseph Ducreaux zurück (Caldwell i). Beispiele sind in Abb.13 abgebildet. Diese weisen eine sehr starke Gestik und Mimik auf und stellen somit hohes memetisches Potential dar.  Besonders verbreitet ist sein Werk Portrait de l’artist sous les traits d’un moqueur (Louvre) (dt. Porträt des Künstlers als Spottdrossel vgl. Google Übersetzer), welches zentraler Teil eines Trends wurde, bei dem beliebte Rap-Verse auf antiquierte Weise übersetzt wurden.

Beispiele für Archaic Rap-Memes

Eine weitere Besonderheit der meisten Classical Art-Memes ist, dass sie eigentlich eher viralen Charakter haben, als ausschließlich memetischen. Jedoch können diese dennoch als Meme-gezählt werden, da es für Virals notwendig ist, dass sie jeweils nur ein Derivat aufweisen, wohingegen die Besonderheit der Memes ihre Vielfalt ist. Somit erweisen sich Classical Art-Memes als Gesamtheit als Memes, auch wenn einzelne Vertreter eher viralen Charakter besitzen.

4.3. Konzeptbasierte Memes

Manche Templates basieren nicht auf einem bestimmten Foto oder Text, sondern auf einem Konzept. In diesem Korpus trifft dies nur auf die Memes des Multiple Panels-Genre zu.

4.3.1. Multiple Panels

Das entscheidende Merkmal der Memes aus diesem Genre ist die Struktur. Sie bestehen aus mindestens zwei Panels, welche tabellarisch mit ebenso vielen Textflächen gepaart sind. Innerhalb dieser Gruppe gibt es zwei Richtungen: die Präferenzen-Memes und die Superlative-Memes. Für erstere ist in Abb. 14 ein Beispiel zu sehen.

Beispiel für das Drake-Meme und das Kombucha-Girl-Meme

Memes diesen Typs bestehen meistens aus vier Panels: zwei mit Text und zwei mit den Bildern des jeweiligen Meme-Templates. In den meisten Fällen ist das erste Bild auf etwas Negatives bzw. Unerwünschtes bezogen, wie etwa in den Beispielen der Mittelsitz in einem Flugzeug oder die hohen Versandkosten. Im Zweiten und meistens auch letzten Panel-Paar hingegen wird das bevorzugte Ergebnis oder gegebenenfalls Ereignis beschrieben, also der Gang- oder Fenstersitz oder eben ein teureres Produkt ohne Versandkosten.

Diese Beurteilung basiert dabei überwiegend auf persönlichen Präferenzen des Erstellers. Es besteht die Möglichkeit dieses Format anzupassen, etwa wenn es mehrere unliebsame Optionen gibt, kann das negative Bild auch öfter verwendet werden. Ebenfalls möglich ist es die Reihenfolge umzuändern, jedoch ist dies eher seltener der Fall.

Beispiele für Superlative-Memes des Panels-Genre

Die Superlative-Memes bestehen aus mindestens drei Panel-Reihen. Im Korpus ist nur eine Ausnahme enthalten, welche jedoch auch sonst eher untypisch zu sein scheint. Typischerweise setzen die Superlative-Memes auf eine positive Steigerung, also von gut zu besser zu am besten, wohin gegen die zuvor erwähnte Ausnahme, welche in Abb. 16 zu sehen ist, eine negative Steigerung enthält: von traurig zu noch trauriger.

Negativ-steigerndes Meme

Die typische positive Steigerung ist dabei in den meisten Fällen auf die Qualität bezogen, etwa was gewünscht ist und welche Option davon „die Beste“ ist. Jedoch gibt es auch Varianten, in denen die Sprache gesteigert wird: etwa von umgangssprachlicher zu formeller Sprache bis hin zu eloquenter Hochsprache. Eine Eigenschaft dieser Memes ist, dass diese Steigerungen sowohl tatsächliche Verbesserungen sein können, wie etwa die in Bezug auf die Sprache oder die Vorstellung eines entspannten Tags, als auch nur pseudo-Verbesserungen aus arbiträren Gründen, wie etwa in Abb.15 oben rechts zu sehen.

4.4. Unterrepräsentierte Memes

Von den folgenden Meme-Genres (Animals, Chess, Photoshop) sind zwar jeweils nur wenige Vertreter im Korpus enthalten, doch war es trotzdem möglich einen Typus ausgehend von den Belegen zu bestimmen. Allerdings sollten diese Genres noch ausführlicher untersucht werden, um fundiertere Aussagen treffen zu können, als mit der vorliegenden Analyse.

4.4.1. Animals

Soweit festgestellt wurde, scheinen sie ausschließlich zu den Bild-Memes zu zählen. Da aber nicht viele im Korpus enthalten sind, sollte dies vorerst unter Vorbehalt gesehen werden, da nicht auszuschließen ist, dass eine ausführliche Untersuchung zu anderen Ergebnissen führen würde.

Zentral für dieses Genre ist ein Foto eines Tieres, das real existiert. Allerdings sind kleinere Veränderungen möglich, wie etwa am Gesichtsausdruck, um diesen Ausdrucksstärker zu machen, oder durch andere Einfügungen. Die Fotos sind meistens, aber nicht immer, von Amateuren gemacht. Dies ist mal stärker und mal weniger leicht ersichtlich.

Loading Cat-Meme

Ein Beispiel wäre etwa das in Abb. 17 zu sehende „Loading Cat“-Meme, welches das Bild einer Hauskatze mit verwirrten bzw. angestrengt nachdenkenden Blick zeigt, über deren Kopf ein Ladesymbol eingefügt wurde. Mit diesem Meme soll Überforderung ausgedrückt werden. Mit Memes dieser Art wird meistens die Reaktion des Erstellenden ausgedrückt.

4.4.2. Chess

Bei diesen Memes handelt es sich um ein sehr kleines, aber auch sehr spezifisches, Genre. Im Korpus sind drei Vertreter der Chess-Memes enthalten, bei welchen es sich ausschließlich um Bild-Memes handelt. Auf Fotos mit Schachfiguren und -brett oder auf gezeichneten Modellen, sind bestimmte Figuren-Konstellationen abgebildet, mit nur selten mehr als drei Figuren. Diese wurden mit Beschriftungen versehen, meistens mit Personenbezeichnungen, sodass das Ausführen der vorgegebenen Aktionen bestimmte Handlungssituationen darstellt. Dem Betrachter wird somit ein Hinweis gegeben, was passieren soll und kann sich selbstständig die Geschichte rekonstruieren. Zum Verständnis der Memes ist eine gewisse Kenntnis grundlegender Schachregeln notwendig. Da dem Betrachter mehrere Optionen gegeben werden, die zu einem beschrifteten Ergebnis führen, wird ermöglicht, dass sich eine komplexe Narrative entfalten kann, die nicht nur auf einen Fall eingeht.

Schach-Meme Beispiel

Diese Memes stellen eine Nische dar, da zu ihrem Verständnis kein Vorwissen zur Popkultur notwendig ist, sondern Grundkenntnisse des Schachspielens. In dem Beispiel in Abb. 18 wird etwa gezeigt, welche möglichen Antworten gegeben werden können, auf die Frage, ob sich die Person bereits in einer Beziehung befindet, und wie die Eltern der Person darauf reagieren werden.

Es gibt drei Mögliche Ausgänge: wenn die Person mit „No“ antwortet, wird der Springer bzw. der Vater sich den König und somit die Person „schnappen“. Wenn mit „I don’t really want to talk about it“ geantwortet wird, bewegt sich der Turm bzw. die Mutter. Und wenn die letzte Antwortmöglichkeit angespielt wird, nämlich „Yes“, können sowohl der Turm als auch der Springer sich auf die Figur der Person stürzen. Das Meme drückt aus, wie gefangen sich die Person fühlt, da es keine Möglichkeit gibt, zu vermeiden „geschnappt“ und dann vermutlich ausgefragt zu werden.

Schach-Memes sind somit eine einzigartige Art Meme, da es innerhalb des Korpus die einzige Meme-Form ist, welche so komplexe Inhalte innerhalb eines Bildes vermitteln kann. Diese Wirkung entfaltet sich aber nur, wenn beim Betrachter ein grundlegendes Verständnis für die Regeln des Schachspiels vorhanden ist.

4.4.3. Photoshop

Auch die Kategorie der Photoshop-Memes sind im Korpus stark untervertreten. Außerdem weist sie starke Ähnlichkeit zu dem von Shifman beschriebenen Genre des Reaction Photoshops auf. Der Unterschied liegt darin, dass bei Shifmans Genre ein Ausschnitt aus einem Foto gewählt und in ein anderes Foto hineinkopiert wird(Shifman 2014, 100-102). Wohingegen in dieser Kategorie noch stärker gephotoshopt wird. Ein Beispiel für dieses Genre wäre das Meme „Stonks“, welches in Abb. 19 rechts zu sehen ist. Das Meme besteht aus dem Kopf von Meme Man (Caldwell j), der auf einen Anzugträger gephotoshopt wurde. Im Hintergund sind Aktienkurse zu sehen und ein orrangener Pfeil zeigt in die rechte, obere Ecke. In dieser Ecke steht das Wort „Stonks“. Meme-Man selbst ist ein schlecht 3D-gerenderter Kopf eines Menschen, welcher häufig in Memes verwendet wird (Caldwell j). Als Beispiel für Shifmans Genre steht in Abb. 19 links der „Pepper Spray Cop“.

Links Pepper Spray Cop und rechts Stonks

Diese Bilder wurden zwar beide bearbeitet, jedoch ist der Grad der Bearbeitung stark unterschiedlich. Während Stonks eine von Grund auf konstruierte Konzeption ist, ist der Polizist lediglich in ein anderes Bild eingefügt worden. Das hier vorgestellte Genre ist im Grunde die Weiterführung bzw. Weiterentwicklung des von Shifman definierten Genres. Da die im Korpus enthaltenen Menge nicht voll aussagekräftig ist, sollte dieses Genre noch weiter untersucht werden und die hier vorgebrachte Definition nur als Anhaltspunkt gesehen werden.

Was von Shifman (Shifman 2014, 10) als „something which is imitated“ übersetzt wird.
Im Folgenden als kym.com abgekürzt.
Ob es diese Kombinationen nicht geben kann oder ob der Datenausschnitt zu gering war, bleibt unklar.
Bei Stock Images bzw. Stockfotos handelt es sich um Fotos, welche auf Vorrat gemacht und in einer Datenbank gespeichert werden. Sie stellen damit ein Pendant zur Auftragsfotografie dar. Diese Bilder können mit einer Lizenz oder kostenlos heruntergeladen und frei verwendet werden (Shutterstock Support).

5. Fazit und Forschungsausblick – One does not simply find more to research about memes

Damit wurden alle neun neubestimmten Genres einmal vorgestellt. Zusammenfassend werden nun noch einmal kurz die das Genre bestimmende Charakteristika aufgeführt sowie auf die Grafik in Abb. 6 verwiesen.

Wenn ein Meme aus mindestens vier Panel besteht, bei denen Text- mit Bildfeldern kombiniert wurden, so zählt es zu den Multiple Panels-Memes. Ist die Grundlage ein Comic, dann ist es entsprechend ein Comics-Meme. Ein Classical Art-Meme hingegen ist daran erkennbar, dass es aus einem klassischen Kunstwerk mit eingefügten Text besteht. Sind Tiere oder Schachfiguren in dem Bild enthalten, so handelt es sich respektiv um das Animal- oder um das Chess-Genre. Sind Menschen die Grundlage des Memes, wird danach unterschieden, ob es sich um eine Person des öffentlichen Interesse (CePoPI) oder um einen Schauspieler in einer Rolle (F/S/S) oder um ein Stockfoto5  (Stock Images) handelt. Zu F/S/S zählen außerdem noch Standbilder aus animierten Medien und Computerspielen. Wenn ein Meme stark gephotoshopt wurde, zählt es zum Photoshop-Genre. Zwischen den Gruppen gibt es nur wenige Überschneidungen. So ist es zwar möglich, dass in einem Multiple Panels-Meme eine berühmte Person abgebildet wird, doch ist für dieses Genre die Struktur entscheidend.

Wie an vereinzelten Stellen bereits bemerkt, sollten einige Genres noch genauer untersucht werden, um fundiertere Aussagen über diese treffen zu können, etwa in Bezug auf das hier vorgebrachte Photoshop-Genre. Auch die Gruppe, welche anfangs als „Text“-Kategorie bezeichnet und dann weggelassen wurde, sollte weiter untersucht und eingeordnet werden, um somit künftig noch mehr Memes erfassen zu können. Ebenfalls interessant wäre herauszufinden unter welchen Bedingungen der Text eines Memes zu einem Snowclone wird und ab wann dieser Snowclone auch ohne die zugehörigen Bilder verwendet und erkannt werden kann. Diesbezüglich wäre dann auch eine Forschungsfrage, ob diese Snowclones auch in die alltägliche Sprache übergehen oder ob dies nur in speziellen Gruppen oder gar nicht zu finden ist. Auch prinzipiell sollte begonnen werden, Memes in die Sprachwissenschaften mit aufzunehmen, da das Internet mittlerweile ein prägender Teil der menschlichen Kommunikation geworden ist und gerade Memes als besondere Kommunikationsform des Internets deshalb größere Beachtung erhalten sollten. Folglich werden Memes auch weiterhin ein ergiebiges Forschungsthema sein.

Was von Shifman (Shifman 2014, 10) als „something which is imitated“ übersetzt wird.
Im Folgenden als kym.com abgekürzt.
Ob es diese Kombinationen nicht geben kann oder ob der Datenausschnitt zu gering war, bleibt unklar.
Bei Stock Images bzw. Stockfotos handelt es sich um Fotos, welche auf Vorrat gemacht und in einer Datenbank gespeichert werden. Sie stellen damit ein Pendant zur Auftragsfotografie dar. Diese Bilder können mit einer Lizenz oder kostenlos heruntergeladen und frei verwendet werden (Shutterstock Support).
Häufig erkennbar an einem Wasserzeichen.

Bibliographie

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