Bezeichnungen moderner Konzepte (Ökologie und Medien) im Slowenischen von Friaul und Sloweniens


 


1. Einleitung

Moderne Begriffe und Dialekte – dies sind zwei Bereiche, die auf den ersten Blick in keiner Verbindung zueinander stehen. Dialekte sind vermeintlich von altertümlichen und traditionellen Bezeichnungen geprägt, die keine starken Berührungspunkte mit der modernen Begrifflichkeit aufweisen. Sobald man sich mit diesem Thema jedoch genauer beschäftigt, wird klar, dass dies nicht der Wahrheit entspricht. Das sprachwissenschaftliche Forschungsprojekt VerbaAlpina, welches im Jahr 2014 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München entstanden ist, beschäftigt sich grundsätzlich mit dem Sprach- und Kulturraum der Alpen, wobei das Untersuchungsgebiet die Sprachen Deutsch, Französisch, Italienisch, Slowenisch und Rätoromanisch und ihre jeweiligen Dialekte umfasst. Insgesamt beinhaltet das Projekt drei Projektphasen, nämlich „traditionelle Lebenswelt“, „Natur“ und „moderne Lebenswelt“. In der dritten und letzten Projektphase „moderne Lebenswelt“, befasst sich das Projekt nun explizit mit der Thematik moderner Konzepte in den Dialekten der Alpenregion, wodurch die Verbindung dieser beiden Bereiche deutlich wird. VerbaAlpina legt in dieser Projektphase den Fokus auf Ökologie und Tourismus, wobei auch die Medien ein Teil davon sind. Da ich seit knapp über drei Jahren bei VerbaAlpina als Hilfskraft im Bereich der Slawistik beschäftigt bin, habe ich mich in dieser Zeit intensiv mit slowenischen Dialekten der Alpenregion befasst. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden, diese Bachelorarbeit im Rahmen von VerbaAlpina zu schreiben. Dabei habe ich zwei Regionen bzw. Orte gewählt, die im Untersuchungsgebiet von VerbaAlpina liegen und in denen verschiedene slowenische Dialekte gesprochen werden. Ich habe mich entschlossen, Kamnik in Slowenien und die Region der Natisone-Täler in Italien als Untersuchungsorte zu wählen. Der Hauptteil meiner Bachelorarbeit handelt deshalb von der Untersuchung und Analyse der Bezeichnungen moderner Konzepte mit besonderem Fokus auf den Bereichen „Ökologie“ und „Medien“, in den Dialekten der beiden zuvor genannten Orte. 

2. Theoretischer Hintergrund

2.1. Das Konzept der Sprachsoziologie

Im Hinblick auf die Thematik dieser Arbeit, ist es zu Beginn von Bedeutung, auf das Konzept der Sprachsoziologie einzugehen.

Die Sprachsoziologie ist sowie die Soziolinguistik eine Teildisziplin der Sprachwissenschaft, die „sich mit der Sprache als zentrale[r] Instanz für das Funktionieren menschlicher Gruppen und Gesellschaften [befasst]“. (Krefeld 2021) Im engeren Sinne untersucht die Sprachsoziologie also den „Status der Sprachen in der Gesellschaft“, wobei man auch von „soziologische[r] Linguistik“ sprechen kann. (Krefeld 2021) Der Begründer des Konzeptes ist der deutsche Sprachwissenschaftler Heinz Kloss, der im Jahr 1952 in dem Buch „Die Entwicklung neuer germanischer Kultursprachen“ grundsätzlich die zwei Begriffe „Abstandsprache“ und „Ausbausprache“ (vgl. Kloss 1976: 303) einführt, die im Zusammenhang mit Dialekten beziehungsweise Idiomen zu erwähnen sind und diese charakterisieren. Zudem geht er auf die Begriffe „scheindialektisierte Abstandsprache“, „Polyzentrische Hochsprachen“ und „Ausbaudialekte“ ein. Des Weiteren führt Kloss auch die „Dach“-Metaphorik ein, wobei er in dem Kapitel „Dachlose Außenmundarten“ genauer darauf eingeht. (vgl. Kloss 1976: 317 ff.) Dieses Konzept wird in dem Kapitel , anhand des Dialektes von Natisone, genauer dargestellt.

Laut Kloss ist eine Abstandsprache ein Idiom, das von anderen Varietäten in linguistischem Sinne so stark abweicht, dass es als eigenständige Sprache angesehen werden kann. Dabei kann der Grad des Abstandes stets variieren. (vgl. Kloss 1976: 301 f.) Außerdem beschreibt er eine Abstandsprache als Diasystem, das auch als eigenständig betrachtet werden sollte, wenn darin keine schriftlichen Texte vorliegen. (vgl. Kloss 1976: 302) Laut Kloss müssen in solchen Fällen Linguisten entscheiden, ob sie die existierenden mündlichen Varietäten als einzelne Sprachen betrachten oder sie als Dialekte einer gemeinsamen, größeren Sprachgruppe zusammenführen. (vgl. Kloss 1976: 302) Um den Abstandsgrad einzelner Sprachen zu verdeutlichen, entwickelt Kloss ein Schema (s. Abb. 1), welches drei Sprachen, aber insgesamt sechs Dialekte beinhaltet. (vgl. Kloss 1976: 302)

Schema zur Verdeutlichung des Abstandes verschiedener Sprachen bzw. Dialekte nach Heinz Kloss

Schema zur Verdeutlichung des Abstandsgrades verschiedener Sprachen bzw. Dialekte nach Heinz Kloss

Durch die verschiedenen Symbole wird der sprachliche Abstand dargestellt. Je ähnlicher sich die Symbole der jeweiligen Sprachen bzw. Dialekte sind, desto kleiner ist der Abstand zueinander. Für das Gegenteil gilt dasselbe; je unterschiedlicher die Symbole voneinander sind, desto größer ist der sprachliche Abstand. In Abbildung 1. lässt sich beispielsweise feststellen, dass es eine klare Trennung zwischen den beiden Sprachen Y und Z gibt, da sich die Linien und Striche von Y stark von den Halbkreisen von Z unterscheiden. (vgl. Kloss 1976: 302) So würde man laut Kloss die beiden Sprachen zweifellos getrennt voneinander aufführen. Andererseits gibt es jedoch eine eindeutig erkennbare Ähnlichkeit zwischen den beiden Sprachen X und Y, da beide durch Linien und Striche dargestellt werden. (vgl. Kloss 1976: 302) Laut Kloss wäre man sich als Linguist dennoch lange unschlüssig, ob man diese beiden Sprachen unter eine gemeinsame zusammenfassen sollte. Des Weiteren besteht Unsicherheit, ob man die jeweiligen Dialekte, 1 und 2, 3 und 4 oder 5 und 6, als einzelne Dialekte oder trotzdem als eigene Sprachen betrachten sollte. (vgl. Kloss 1976: 302) Um den Abstand verschiedener Idiome klassifizieren zu können, gibt es verschiedene Merkmale, die dabei in Betracht gezogen werden können. (vgl. Kloss 1976: 303) Ein Merkmal, das den Abstand zweier Sprachen belegen kann, ist der Lautstand. (vgl. Kloss 1976: 303) In anderen Worten geht es hierbei um den „Stand der lautlichen Entwicklung einer Sprache“. (s. DWDS: Lautstand, abgerufen am 05.06.2023) Als weiteres Kriterium zur Bestimmung des Abstandes, benennt Kloss das grammatische Merkmal, wobei Abweichungen zwischen den Sprachen in Morphologie und Syntax vorliegen können. (vgl. Kloss 1976: 303) Als wichtigstes Merkmal zur Klassifikation des Abstandes zweier Sprachen, wird der Wortschatz aufgeführt; dabei geht es um die Anzahl der Vokabeln im Grundwortschatz, die entweder identisch oder ähnlich in beiden Sprachen sind, sodass sie von den Sprechern der jeweils anderen Sprache leicht verstanden werden. (vgl. Kloss 1976: 303) Je mehr Vokabeln in den jeweiligen Sprachen identisch sind oder sich ähneln, desto kleiner ist der Abstand und je weniger es sind, desto größer ist er. Kloss erwähnt hier, dass man laut verschiedenen Forschern zwei Idiome als Mundarten der gleichen Sprache betrachten kann, sobald etwas weniger als 80% des Vokabulars übereinstimmt. (vgl. Kloss 1976: 303f.) Außerdem müssen bei der Bewertung der gegenseitigen Verständigungsmöglichkeiten zwischen Sprechern von eng verwandten Sprachen oder Dialekten, verschiedene Aspekte berücksichtigt werden. (vgl. Kloss 1976: 304) Kloss nennt drei Aspekte, nämlich den Grad der Verständigung, Unterschiede zwischen den Sprechern und unterschiedliche Gesprächsebenen bzw. Niveaus. (vgl. Kloss 1976: 304) Im Zusammenhang mit dem Konzept der Abstandsprache, müssen auch die sogenannten „scheindialektisierten Abstandsprachen“ erwähnt werden. (vgl. Kloss 1976: 305) Laut Kloss ähneln diese äußerlich einem Dialekt, sind aber tatsächlich eigenständige Sprachen. (vgl. Kloss 1976: 306) Eine scheindialektisierte Abstandsprache ist mit einer anderen Abstandsprache so eng verwandt, dass ihre Verwandtschaft auch für Sprecher der anderen Sprache erkennbar wird, selbst wenn sie die Sprache nicht verstehen. (vgl. Kloss 1976: 305) Dabei kann es dazu kommen, dass sich in einem bestimmten Gebiet eine Sprache gegenüber der anderen zur Verwaltungs- und Schulsprache entwickelt; bei den Sprechern des schwächeren Idioms kann somit das Gefühl entstehen, dass sie keine eigenständige Sprache, sondern „nur“ einen Dialekt der mächtigeren Sprache sprechen. (vgl. Kloss 1976: 305) Diese Entwicklung lässt sich unter anderem bei dem Friaulischen im Verhältnis zum Italienischen feststellen, wobei das Friaulische „scheinbar“ dialektisiert wird. (vgl. Kloss 1976: 305) Hierbei muss erwähnt werden, dass sich aus einer „Scheindialektisierungdurch Faktoren, wie der Schulpflicht oder den Medien eine echte Dialektisierung entwickeln kann. (vgl. Kloss 1976: 305)

Eine Ausbausprache definiert Kloss grundsätzlich als Sprache, die durch gezielte Maßnahmen und Anpassungen zum Instrument für spezifische Anwendungsbereiche konstruiert wurde. (vgl. Kloss 1976: 301 f.) Um eine Sprache als Ausbausprache bezeichnen zu können, muss diese neben der Belletristik bzw. Unterhaltungsliteratur auch für Sachprosa verwendet werden. (vgl. Kloss 1976: 307) Zudem sollte die Sprache in der Kirche und in belehrenden Rundfunk- und Fernsehsendungen gebraucht werden. (vgl. Kloss 1976: 307) Für Sachprosa werden von Kloss drei Hauptanwendungsbereiche genannt. Erstens zählt er dazu Themen aus dem Lebensbereich der Sprachgemeinschaft, wie zum Beispiel Sprache, Literatur, Geschichte und Landwirtschaft. (vgl. Kloss 1976: 307) Als zweiten Anwendungsbereich benennt er kulturkundliche Fächer wie Rechtswissenschaft, Philosophie und Theologie und als dritten Bereich erwähnt er die Naturwissenschaften und die Technologie. (vgl. Kloss 1976: 307) Jeder dieser Bereiche kann in drei Entfaltungsstufen, vom niedrigsten zum höchsten Niveau unterteilt werden, nämlich volkstümliche Prosa, gehobene Prosa und wissenschaftliche Prosa. (vgl. Kloss 1976: 307 f.) Aus den drei zuvor dargestellten Anwendungsbereichen und den drei Entfaltungsstufen bildet sich eine Neungliederung, die in folgendem Schema verdeutlicht wird. (vgl. Kloss 1976: 308)

Die Buchstaben des Schemas von Kloss werden hier erläutert (vgl. Kloss 1976: 308):

  • Anwendungsbereiche – E (eigenbezogener), K (kulturkundlicher) und N (naturwissenschaftlich-technischer) Bereich
  • Entfaltungsstufen – V (volkstümliche Prosa), G (gehobene Prosa) und W (wissenschaftliche Prosa)
Schema zur Darstellung des Ausbaus nach Kloss - modifiziert

Schema zur Darstellung des Ausbaus nach Kloss – farblich modifiziert (E.J.)

Laut Kloss ist es offensichtlich, dass eine neue Schriftsprache zuerst die Stufe der volkstümlichen Prosa erreicht (Stufe V), gefolgt von der gehobenen Prosa (Stufe G) und schließlich der wissenschaftlichen Prosa (Stufe W). (vgl. Kloss 1976: 308) Dabei kann man davon ausgehen, dass sich die Sprache innerhalb der Stufe E am schnellsten und in der Stufe N am langsamsten entwickelt. (vgl. Kloss 1976: 308) Wie man in Abbildung 2 erkennen kann, verläuft die Hauptlinie der Entwicklung einer neuen Schriftsprache von links unten nach rechts oben, wobei es laut Kloss eine bestimmte Scheidelinie gibt, die es kleineren oder weniger entwickelten Sprachen erschwert sie zu überwinden. (vgl. Kloss 1976: 308) Diese Linie trennt den weißen Bereich von dem in der Abbildung türkis gefärbten Bereich. Der türkise Bereich kennzeichnet also die Stufenkombinationen, die von den kleineren, weniger entwickelten Sprachen schwer zu erreichen sind, wie zum Beispiel den naturwissenschaftlich-technischen Bereich (N) in Kombination mit wissenschaftlicher Prosa (W). (vgl. Kloss 1976: 308) 

Zusätzlich zu den Abstand- und Ausbausprachen ist es laut Kloss erforderlich, auf die sogenannten „Polyzentrischen Hochsprachen“ einzugehen. (vgl. Kloss 1976: 310 ff.) Eine polyzentrische Hochsprache bezieht sich auf Fälle, in denen es zwei oder mehr Varianten derselben Standardsprache gibt, die auf eng verwandten Dialekten basieren. (vgl. Kloss 1976: 310) Dies kann in Ländern mit räumlich getrennten Gebieten vorkommen oder aber aufgrund politischer Umstände, die dazu führen, dass sich in benachbarten Gebieten unterschiedliche schriftliche Varietäten der gleichen Sprache entwickelt haben. (vgl. Kloss 1976: 310)

Außerdem erwähnt Kloss im Rahmen der Sprachsoziologie das Konzept der „Ausbaudialekte“. (vgl. Kloss 1976: 312 ff.) Zunächst spricht er dabei von „Normaldialekten“, die er an das andere Ende des Kontinuums von Ausbausprachen verortet. (vgl. Kloss 1976: 313) Dabei gibt es einige Zwischenstufen, wobei „eine Sprachform zwar weniger ausgebaut ist als eine Ausbausprache, aber mehr als ein Normaldialekt.“ (Kloss 1976: 313) Darauf folgen Bezeichnungen für diese Zwischenstufen; vorerst verwendet Kloss hier den Begriff „Halbsprache“, legt sich aber schließlich auf den Terminus „Ausbaudialekt“ fest, da die Bezeichnung „Halbsprache“ zu negativ konnotiert ist und es sich nicht eindeutig erkennen lässt, ob sich der Begriff auf linguistische oder soziologische Merkmale bezieht. (vgl. Kloss 1976: 314) Zudem erklärt er, dass auch der Begriff „Ausbaudialekt“ Schwachstellen hat, da „Ausbau“ in den beiden Teilen des Wortes „Ausbaudialekt“ und „Ausbausprache“ jeweils in entgegengesetzter Bedeutung verwendet wird; trotzdem bevorzugt er diesen Begriff. (vgl. Kloss 1976: 314) Neben diesen beiden Bezeichnungen ist noch eine dritte zu nennen, nämlich der „Kulturdialekt“; dieser Begriff wurde von dem deutschen Sprachwissenschaftler Harald Haarmann geprägt und wird dazu verwendet die Zwischenstufen zwischen „Normaldialekt“ und „Ausbausprache“ zu bezeichnen. (vgl. Kloss 1976: 314) Laut Kloss verwendet Haarmann diesen Begriff für zwei verschiedene Phänomene. Zum einen wird damit eine Ausbausprache bezeichnet, die jedoch keine Abstandsprache ist. (vgl. Kloss 1976: 315) Es ist also eine Sprachform, die als eigenständige Schrift- und Literatursprache genutzt wird und auch in Amts- und Verwaltungsbereichen Verwendung finden kann. (vgl. Kloss 1976: 315) Zum anderen bezieht sich der Begriff „Kulturdialekt“ auf Fälle, in denen eine Sprachgemeinschaft in mehrere „Mundartgemeinschaften“ aufgespalten ist, die jeweils ihre eigene Mundart für literarische Zwecke nutzen. (vgl. Kloss 1976: 315) Dabei kann es dazu kommen, dass sich die Ausbaudialekte durch diese Aufspaltung gegenseitig in ihrer Entwicklung behindern. (vgl. Kloss 1976: 315) Ein Normaldialekt ist im Gegensatz zur Kultursprache hauptsächlich im schriftlichen Bereich auf die Belletristik und im Rundfunk auf Unterhaltung begrenzt. (vgl. Kloss 1976: 315) Außerdem findet er kaum Anwendung in Bereichen wie Presse, Schule, Kirche, Film und politischen Institutionen. (vgl. Kloss 1976: 315)

Zu den Konzepten, die zuvor nach Kloss erläutert wurden, ist es jedoch bedeutend, eine Ergänzung vorzunehmen. In der heutigen Zeit, in der das Internet beziehungsweise Social Media nicht mehr wegzudenken sind und auch sprachsoziologische Veränderungen mit sich bringen, bedarf es einer Erweiterung des Konzeptes der Sprachsoziologie. (vgl. Krefeld 2021

[…] die ständige Verfügbarkeit beinahe beliebiger Sprachen hat die traditionelle räumliche Bindung der Sprachen und Dialekte an spezifische Areale und Territorien sehr weitgehend relativiert […] (Krefeld 2021)

Dabei wird deutlich, dass ein neuer Raum entsteht, der sich „über“ den Dialekten und Standardvarietäten öffnen lässt. Um dieses Konzept zu beschreiben, wird die „Schirm“-Metaphorik genutzt; dieser kommunikative Schirm lässt sich mithilfe von internetfähigen Endgeräten von überall und jederzeit aufspannen. (vgl. Krefeld 2021) Somit sind jegliche, noch so unterschiedliche Sprachen ständig und allerorts verfügbar. Ein aussagekräftiges Beispiel dafür ist der enorm ausgeprägte Schirm der englischen Sprache, der vor allem die Bezeichnungen verschiedenster moderner Begriffe prägt, die auch im späteren Verlauf dieser Arbeit untersucht werden. 

2.2. Bilingualismus oder Diglossie?

Vor allem in Bezug auf den slowenischen Natisone-Dialekt in Italien, ist es bedeutend, auf die theoretischen Konzepte von Bilingualismus und Diglossie einzugehen. Sobald die Mehrsprachigkeit thematisiert wird, werden die beiden Begriffe Bilingualismus und Diglossie oftmals als gegenseitige Synonyme verwendet, was aber nicht der Wahrheit entspricht. 

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass sich der Bilingualismus sowohl auf die individuelle als auch kollektive zwei- bzw. mehrsprachige Kompetenz der Sprecher*innen beziehen kann.  (vgl. Bausch 1995: 82) Auf individueller Ebene bezieht sich der Bilingualismus auf einzelne Sprecher*innen und auf kollektiver Ebene handelt es sich um ganze Sprechergruppen bzw. Länder. Sobald von der Diglossie die Rede ist, handelt es sich meist um zwei oder mehrere Varietäten bzw. Sprachen, die koexistieren, aber verschiedene Funktionen und soziale Kontexte haben; deshalb wird dabei von einem soziolinguistischen Konzept gesprochen. (vgl. Meisenburg 1999: 19)

Die Diglossie ist ein Sprachkonzept, mit dem sich in Vergangenheit bereits einige Sprachwissenschaftler*innen beschäftigt haben, weshalb es zu verschiedenen Definitionen dieses Konzeptes kommt. So gibt es beispielsweise Definitionen von Charles A. Ferguson, Joshua A. Fishman, Heinz Kloss und Georges Lüdi. Diese werden im Folgenden jeweils genauer beleuchtet. (vgl. Krefeld 2017)

Laut des amerikanischen Linguisten Charles A. Ferguson, beschreibt die Diglossie eine Sprachsituation, wobei neben den „primary dialects“ (Ferguson 1959: 334), die selbst einen Standard- bzw. Regionalstandard aufweisen können, eine sehr unterschiedliche und auch kodifizierte überlagerte Variante existiert. (vgl. Ferguson 1959: 334) Laut Krefeld wird in diesem Zusammenhang von High– und Low-varieties gesprochen, wobei die High- variety fast ausschließlich in der Schriftsprache oder in formellen Sprechsituationen verwendet wird. Da dieses Konzept vor langer Zeit konzipiert wurde, als es noch keine Varietätenlinguistik gab, bleiben einige Fragen offen. (vgl. Krefeld 2017

Joshua A. Fishman, ein amerikanischer Linguist, definiert die Diglossie ein wenig anders, indem er die Definition von Ferguson erweitert. Dabei können laut Fishman in einer diglossischen Gemeinschaft auch mehr als zwei Sprachen verwendet werden. Außerdem bezieht sich nach Fishman die Diglossie auf alle Arten von Sprachvarietäten, bei denen eine funktionale Verteilung in einer Sprachgemeinschaft vorkommt. (vgl. Fishman’s (1967) Concept of Diglossia) Durch die funktionale Verteilung ist die Verwendung von Varietäten in verschiedenen sozialen Kontexten gemeint. So werden durch die Diglossie einige soziolinguistische Situationen beschrieben, nämlich „from stylistic differences within one language or the use of separate dialects […] to the use of […] separate languages.“ (Fishman’s (1967) Concept of Diglossia) Dabei wird der Bilingualismus, also die mehrsprachige Kompetenz der Sprecher*innen mit dem allein sprachbezogenen Status in Zusammenhang gebracht. (vgl. Krefeld 2017

Eine weitere Definition des Diglossie-Konzeptes stammt von dem bereits erwähnten Linguisten Heinz Kloss. Er differenziert das Konzept der Diglossie weiter, indem er zusätzliche Parameter berücksichtigt, die in Fishmans Arbeit von 1971 erwähnt, aber nicht systematisch untersucht wurden. (vgl. Krefeld 2017) Dazu gehören die „relative Sprecherzahl“ und der sprachliche Abstand, den Ferguson in unklarer Weise voraussetzt. (vgl. Krefeld 2017) Dabei unterscheidet Kloss fünf Kriterien, wobei Krefeld nochmals in „soziologischen Status“ und „systemischen Abstand“ differenziert. (vgl. Krefeld 2017

  1. (L) „L-Sprachform der Gesamtbevölkerung“.
  2. (H) „H-Sprachform, von der großen Mehrheit der erwachsenen Sprecher von L als ihre Zweitsprache verwendet.“
  3. (h) Die „H-Sprachform, jedoch nur von einer Minderheit der erwachsenen Sprecher von L als Zweitsprache verwendet.“
    – Diese drei Kriterien werden im Modell von Krefeld 2017 als „sozilogischer Status“ bezeichnet.
  4. (N) „L und H (bzw. h) sind nahverwandt.“
  5. (U) „L und H (bzw. h) werden von den Sprechern als unverwandt empfunden, d.h. sind nicht nah verwandt.“
    – Diese zwei Kriterien bezeichnet Krefeld 2017 in seinem Modell als „systemischer Abstand“.

Dabei benennt Kloss die Sprachformen, die mit N gekennzeichnet werden, „Binnendiglossie“ (engl. in-diglossia) und die, die durch U dargestellt werden „Außendiglossie“ (engl. out-diglossia). (vgl. Krefeld 2017) Außerdem muss erwähnt werden, dass die Kriterien L, H, und h durch eine deskriptive Beschreibung von außen festgestellt werden können, während das Kriterium U explizit im Wissen der Sprecher verankert ist und auf der Wahrnehmung dieser Sprecher basiert. (vgl. Krefeld 2017) Basierend auf den unterschiedlichen Kombinationen entwickelt Kloss sechs spezifizierte Diglossie-Typen. (s. Krefeld 2017) Diese  setzen nicht nur eine Funktionsteilung zwischen den Sprachen/Varietäten voraus, sondern auch ihre hierarchische Über-/Unterordnung nach dem Konzept von Ferguson. (vgl. Krefeld 2017) Laut Krefeld ergeben sich hier zwei Nachteile, nämlich zum einen, dass eine gleichberechtigte Koexistenz von H (mit oder ohne L) nicht beschrieben werden kann, was den Idealtyp der Zweisprachigkeit darstellt. (vgl. Krefeld 2017) Zum anderen lassen sich „nicht verschriftete Sprachen von gesellschaftlichen Oberschichten“ (Krefeld 2017) in diesen Modellen nicht wiederfinden. 

Die in diesem Rahmen letzte Definition der Diglossie geht auf den Schweizer Linguisten und Romanisten Georges Lüdi zurück. Eine mögliche Schlussfolgerung aus der differenzierten, aber unvollständigen Typologie von Heinz Kloss besteht darin, starre Modelle wie die Diglossie aufzugeben und stattdessen konkrete sprachliche und historische Konstellationen anhand eines Netzwerks verschiedener und anpassungsfähiger bzw. flexibler Parameter zu betrachten. (vgl. Krefeld 2017) Dazu entwickelt Georges Lüdi ein hilfreiches Konzept, das die Diglossie als eine von vielen möglichen Konstellationen im Sinne von Ferguson darstellt. (vgl. Krefeld 2017) „[E]r entwirft das abstrakte und flexibel konkretisierbare Gerüst eines ‚variationellen Raums‘ auf der Basis von sechs Parametern […].“ (Krefeld 2017) Diese sechs Parameter, in denen sich die Varietäten unterscheiden können, bedeuten aus dem Französischen übersetzt, „linguistischer Abstand“, „Arten von Gemeinschaften“, „funktionale Komplementarität“, „Standardisierung“, „Arten des Erwerbs“ und „Unterschied im Prestige“. (vgl. Krefeld 2017)

Schließlich lässt sich sagen, dass die verschiedenen Definitionen der Diglossie unterschiedliche Schwerpunkte und Aspekte betonen. Je nach Forschungsinteresse bzw. Ziel können jeweils unterschiedliche Definitionen verwandt werden. Im Zusammenhang mit der slowenischen Sprache und dessen Dialekten in Italien, die in dieser Arbeit zentral sind, könnten verschiedene Definitionen relevant sein. So könnten dabei beispielsweise die Definitionen von Fishman und Kloss wesentlich sein. Fishmans Betonung der „funktionalen Verteilung“ und des Bilingualismus könnte helfen, die Sprachrealität der slowenischen Sprecher in Italien zu erfassen, wobei man die Verwendung von Varietäten in verschiedenen sozialen Kontexten analysieren könnte. Die Definition von Kloss könnte deshalb relevant sein, da sie Parameter, wie „relative Sprecherzahl“ und „sprachlichen Abstand“ berücksichtigt; diese könnten nützlich sein, um die spezifischen Merkmale der Diglossie zwischen den slowenischen Dialekten und der umgebenden Sprachgemeinschaft zu verstehen. Auch Lüdis Definition der Diglossie könnte mit einbezogen werden, da er den „variationellen Raum“ erwähnt; durch diesen könnte die Vielfalt der slowenischen Dialekte und ihre Relationen zur italienischen Sprache untersucht werden. Die Definition von Ferguson ist in diesem Zusammenhang weniger relevant, da darin von einer klaren Trennung zwischen Hoch- und Umgangssprache ausgegangen wird. In der Situation der slowenischen Sprache bzw. Dialekte in Italien, gibt es jedoch keine klare Trennung. Außerdem wird hier nur auf den sprachlichen Aspekt eingegangen, obwohl es hilfreich wäre zusätzlich soziolinguistische Faktoren zu berücksichtigen. 

Sobald man sich mit Dialekten innerhalb Sloweniens befasst, wie es im Verlauf der Arbeit ebenfalls der Fall sein wird, lässt sich insbesondere eine Definition betrachten, nämlich die von Heinz Kloss. Dabei können diese als eine Form der sogenannten „Binnendiglossie“ verstanden werden, da sie von der Gesamtbevölkerung der Region des jeweiligen Dialektes verwandt werden, gleichzeitig aber die slowenische Standardsprache als „Zweitsprache“ fungiert. Außerdem kann man davon ausgehen, dass Dialekte meist im Familien- und Freundeskreis verwandt werden und die Standardsprache insbesondere in formellen Situationen Verwendung findet. Dabei muss erwähnt werden, dass die slowenischen Dialekte meist nahverwandt sind mit der Standardsprache, wodurch diese beiden Sprachformen oft vermischt werden und nicht immer unabhängig voneinander gebraucht werden.

2.2.1. Slowenisch als Minderheitssprache im Friaul

Die autonome Region Friaul-Julisch Venetien liegt im Nordosten Italiens und grenzt im Norden an Österreich, im Osten an Slowenien, im Westen an Venetien und im Süden an das Adriatische Meer. Durch diese geographische Lage wird seit jeher der Kontakt zwischen verschiedenen Völkern und deren Kulturen begünstigt. So treffen einige Sprachfamilien und Sprachen aufeinander und beeinflussen sich über Jahrhunderte gegenseitig, wodurch es zu komplexen interlinguistischen Kontakten kommt. (vgl. Fusco/Benacchio 2010:41) Dies trifft ebenso auf die slawische Sprachfamilie zu, wobei hier das Hauptaugenmerk auf der slowenischen Sprache im Friaul liegt. Diese wird von ca. 60 000 Personen entlang des Grenzgebietes zu Slowenien gesprochen. In Abbildung 3 werden die italienischen Gemeinden abgebildet, in denen die slowenische Sprache präsent ist. (vgl. Monai 2015: 246) 

Gemeinden in Friaul-Julisch Venetien mit slowenischer Bevölkerung

Gemeinden in Friaul-Julisch Venetien mit slowenischer Bevölkerung

Im Verlauf dieser Arbeit wird deutlich, dass die Gemeinden Grimacco (15) und San Pietro al Natisone (17) im Fokus liegen.

2.2.2. La legge 482/99 – Das Minderheitssprachengesetz Italiens

In Betracht der Thematik des vorherigen Kapitels „Slowenisch als Minderheitssprache im Friaul“, ist es erforderlich, auf das Gesetz La legge 482/99 aus dem Jahr 1999 einzugehen. 

Bereits im November 1991, wurde nach einem ca. 15-jährigen Verfahren der Gesetzesentwurf Nr. 612 „Norme in materia di tutela delle minoranze linguistiche“ genehmigt, jedoch scheitert dieser an fehlender Zustimmung des Senats. (vgl. Savoia 2001: 9) Das Gesetz 612 stellt die historische Verantwortung des Staates gegenüber Minderheitssprachen, zum Beispiel Albanisch, Kroatisch und weiteren wieder her und setzt die Artikel 3 und 6 der Verfassung um. (vgl. Savoia 2001: 9) In den folgenden Legislaturperioden werden die meisten Inhalte dieses Vorschlags aufgegriffen und letztlich im November 1999 als Gesetz 482 „Norme in materia di tutela delle minoranze linguistiche storiche“ verabschiedet. (vgl. Savoia 2001: 9) In dem Gesetz 482 aus dem Jahr 1999, werden im Artikel 2. zwölf Sprachgemeinschaften in Italien aufgeführt, die diesen Schutz erfahren, nämlich die albanische, katalanische, germanische, griechische, slowenische und kroatische Gemeinschaft, sowie französischsprachige, frankoprovenzalische, friaulische, ladinische, okzitanische und sardische Sprachgemeinschaften. (vgl. Savoia 2001: 9) Das Gesetz 482 beinhaltet insgesamt 20 Artikel, die sich in verschiedene, in diesem Fall sechs Kategorien unterteilen lassen. Den Inhalt der Artikel entnehme ich aus der Auflistung von Savoia (vgl. Savoia 2001: 9 ff.), die hier folgende Kategorisierung der Artikel habe ich jedoch selbst entworfen. Die Artikel 1. und 2. könnte man in eine Kategorie zusammenfügen, da es in beiden um rechtliche Grundlagen und die Anerkennung der Minderheitssprachen geht. In die zweite Kategorie könnte man die Artikel 3. bis 6. einordnen, in denen es um den Schutz der sprachlichen Rechte und die Nutzung der Sprachen geht. In Artikel 4. wird beispielsweise der Schutz von Ortsnamen vorgegeben und in den Artikeln 5. und 6. geht es um die Verwendung in Justiz und Verwaltung. Die nächste Kategorie umfasst die Bereiche Bildung und Lehre, der man die beiden Artikel 7. und 8. zuordnen kann. Artikel 7. thematisiert die Minderheitssprache in Schulen und Bildungseinrichtungen und Artikel 8. handelt von dem Unterrichten der Sprache. Die vierte Kategorie könnte die Artikel 9. bis 13. beinhalten, die als zentrale Themen die kulturelle Förderung und Medien aufweisen. In Artikel 10. geht es beispielsweise explizit um die Verwendung der Minderheitssprache in den Medien und Artikel 12. fokussiert sich auf die Förderung der Minderheitssprache im Kino und audiovisuellen Bereich. Die nächste Kategorie hat die regionale Zusammenarbeit und finanzielle Unterstützung als Gegenstand, wobei zum Beispiel Artikel 15. die Zusammenarbeit zwischen Regionen und Sprachminderheitengemeinschaften besagt und Artikel 16. die finanziellen Ressourcen und Fördermittel thematisiert. Das Thema der letzten, hier sechsten Kategorie ist die Umsetzung des Gesetzes und die Rolle der dafür zuständigen Institutionen. Artikel 18. geht beispielsweise auf Verwaltungsvorschriften und Durchführungsbestimmungen ein und Artikel 19. benennt die zugehörigen Sanktionen und Strafbestimmungen. 

2.3. Slowenische Dialekte mit unterschiedlicher Standardsprache

Wie bereits Fran Ramovš, einer der bedeutendsten slowenischen Linguisten im Jahr 1929 schreibt, ist die slowenische Sprache von allen slawischen Sprachen dialektal am stärksten differenziert. (vgl. Kenda-Jež 2012: 58) In Slowenien gibt es insgesamt sieben Dialektgruppen, auf Slowenisch „narečne skupine“, mit jeweils untergeordneten Dialekten, wobei man insgesamt auf 50 Dialekte kommt. Diese dialektale Einordnung Sloweniens wird in Abbildung 4 verdeutlicht. 

Karte slowenischer Dialekte

Karte slowenischer Dialekte

Sobald man die Karte in Abbildung 4 genauer betrachtet, wird klar, dass einige slowenische Dialekte über die Grenze Sloweniens hinausgehen und somit auch in Sprachgebieten mit anderer Standardsprache beziehungsweise Dachsprache (vgl. Kloss 1976: 317) präsent sind. Dies ist hier sowohl nördlich, in Richtung Österreich als auch westlich, in Richtung Italien der Fall. Man muss jedoch erwähnen, dass die slowenische Sprache sowohl in Kroatien als auch Ungarn vertreten ist, was auf dieser Karte aber nicht abgebildet ist. Im Rahmen dieser Arbeit ist vor allem die Ausbreitung slowenischer Dialekte über die Grenze zu Italien von Interesse. Hierbei spielt das Konzept der „Dachlosen Außenmundart“ eine Rolle, welches im späteren Verlauf der Arbeit, nämlich in dem Kapitel , genauer erläutert wird. Außerdem kann man in diesem Zusammenhang das bereits in Kapitel  erläuterte Konzept der „Polyzentrischen Hochsprache“ aufgreifen. So könnte man die slowenische Sprache als polyzentrische Hochsprache klassifizieren, da sie wie zuvor erwähnt wurde, in mehreren Ländern und Regionen, auch außerhalb Sloweniens, gesprochen wird. So können unterschiedliche Varietäten auftreten, die jeweils auf regionalen Dialekten basieren. Schließlich können diese Varietäten als polyzentrische Hochsprachen betrachtet werden, da sie trotz der regionalen Differenzen auf eng verwandten Dialekten beruhen. 

Wie schon zuvor erwähnt, schreibe ich diese Bachelorarbeit im Rahmen des Projektes VerbaAlpina, das sich mit der sprachlichen und kulturellen Vielfalt des Alpenraumes beschäftigt. Aus diesem Grund habe ich zwei Orte für meine Untersuchung gewählt, die sich innerhalb des Alpenraumes befinden und über slowenische Sprecher verfügen. Zum einen das slowenische Kamnik und zum anderen das italienische Natisone. Diese beiden Orte und dessen sprachliche Merkmale werden im Folgenden genauer beleuchtet. 

2.3.1. Der slowenische Dialekt von Kamnik

Kamnik ist eine slowenische Stadt, die nördlich der slowenischen Hauptstadt Ljubljana und südlich der Steiner Alpen liegt und zu dem VerbaAlpina-Untersuchungsgebiet gehört. Kamnik sowie andere Teile des slowenischen ethnischen Gebietes wurden jahrhundertelang, bis zum Ende des I. Weltkrieges, von der deutschen Sprache dominiert. (vgl. Krevs Birk 2014: 355) Deshalb liegt es nahe, dass es eine Präsenz von Germanismen und Lehnwörtern in der Slowenischen Sprache und dessen Dialekten gibt. (vgl. Krevs Birk 2014: 355) Heute gehört Kamnik zu der slowenischen „Gorenjska“-Region. Wie man auch in der Abbildung 4 erkennen kann, gehört der Dialekt von Kamnik zu der „Gorenjska“-Dialektgruppe, auch Oberkrainerische Dialektgruppe genannt, die dort in violetter Farbe gekennzeichnet ist. Im Norden grenzt diese Dialektgruppe an die koroška Dialektgruppe, im Nordosten an die štajerska Dialektgruppe, im Südosten an die die rovtarska Dialektgruppe, im Westen an die primorska Dialekgruppe und im Süden an die dolenjska Dialekgruppe. (vgl. Škofic 2021: 23) (s. Abb. 4) Die gorenjska Dialektgruppe lässt sich noch in weitere einzelne Dialekte unterteilen, nämlich den gorenjski Dialekt, den vzhodnogorenjski Dialekt und den selški Dialekt; trotzdem ist sie eine der sprachlich einheitlicheren Dialektgruppen Sloweniens. (vgl. Kolarič 1955: 251) In dem drei-Städte-Dreieck Ljubljana, Kamnik und Kranj, die geographisch nicht weit voneinander entfernt sind, wird laut Kolarič der srednjegorenjski, also mittel-oberkrainerische Dialekt gesprochen, der oft als Typus des gorenjski Dialekt gilt. Außerdem ist anzumerken, dass der gorenjski Dialekt der slowenischen Schriftsprache sehr ähnlich ist. (vgl. Gorenjska narečna skupina, izobraževalno-dokumentarna serija, 3:12 min)

Dazu kommt, dass das Vokalsystem des gorenjski Dialektes dasselbe ist, wie in der slowenischen Schriftsprache, nämlich ein monophtongisches Vokalsystem, das keine Diphtonge, sondern nur Monophtonge kennt; die Vokale e: und o: haben sich aus ei und ou monophtongisiert. (vgl. Škofic 2012: 200) Außerdem gibt es in dem Dialekt lange und kurze betonte Vokale, wobei letztere nur in der letzten oder einzigen Silbe möglich sind. (Logar 1975: 90) Zusätzlich sind für den Dialekt Stummschaltung und Abschwächung der kurzen, unbetonten Vokale i, u und e typisch. (vgl. Škofic 2012: 203) Üblich ist dabei eine Abschwächung zu einem Halbvokal, wie zum Beispiel bei „je:zak“, „t’re:bax“ und „tas’tu:“; im Standardslowenischen heißen die Begriffe „jezik“ (de.: Zunge bzw. Sprache), „trebuh“ (de.: Bauch) und „testo“ (de.: Teig). (vgl. Škofic 2012: 203) Aufgrund von unterschiedlichen Konsonantenveränderungen ist die Verteilung der Konsonanten in dem gorenjski Dialekt anders als in der Standardsprache, obwohl das Kosonantensystem gleich ist; auf der Konsonantenebene gibt es unter anderem das slowenische Phänomen „švapanje“, bei dem der Wechsel zwischen l und w fehlt, beispielsweise bei dem Wort „ska:va“ (de.: Stein), auf Standardslowenisch „skala“. (vgl. Škofic 2012: 205) Dazu kommt eine „Verhärtung“ von l bzw. n v l bzw. n, zum Beispiel bei „po:le“ (de.: Feld), auf Standardslowenisch „polje“. (vgl. Škofic 2012: 205) Des Weiteren gibt es eine Maskuliniserung im Singular z.B.: „dro:ban ja:ic“ (de.: ein kleines Ei) auf Standardslowenisch „drobno jajce“ und Feminisierung im Plural z.B.: „drobne ja:ica“ (de.: kleine Eier), auf Standardslowenisch „drobna jajca“. (vgl. Škofic 2012: 207)

Zu der Sprachsituation in Slowenien muss erwähnt werden, dass in der gesprochenen slowenischen Schriftsprache um einiges mehr Varianten existieren als in der geschriebenen. (vgl. Grdina/Stabej 2019: 497) Am stärksten normiert ist die sogenannte slowenische normierte Hochsprache, auf Slowenisch zborna varianta; diese findet fast ausschließlich von professionellen Sprechern in Rundfunk, Medien und Fernsehen beim Vorlesen bzw. Wiedergeben von Texten Verwendung. (vgl. Grdina/Stabej 2019: 497f.) 

Im slowenischen Sprachbewusstsein zeigt sich [jedoch] noch immer eine starke Polarisierung zwischen zwei gegensätzlichen Systemen, der Schriftsprache und den Dialekten. (Grdina/Stabej 2019: 499) 

Wie bereits erwähnt ist Slowenien nämlich sprachlich sehr stark differenziert, was vor allem auf die gesprochene Sprache zutrifft. (vgl. Grdina/Stabej 2019: 499) Aus diesem Grund entwickelt sich in Slowenien zwischenzeitlich eine starke Dialektforschung, die jedoch fast ausschließlich „idealisierte und archaisierende Sprachformen lokaler Varianten“ (Grdina/Stabej 2019: 499) untersucht. Diese liefert deshalb nur begrenzte Informationen über das aktuelle Sprachbild der regionalen Unterschiede im Slowenischen, das beispielsweise von Arbeitsmigration, Informationstechnologie und den Medien geprägt ist. (vgl. Grdina/Stabej 2019: 499) 

2.3.2. Der slowenische Dialekt von Natisone als „Dachlose Außenmundart“

Die Natisone-Täler liegen im Osten der italienischen Region Friaul-Julisch-Venetien, in der Nähe der slowenischen westlichen Grenze. Der Natisone-Dialekt, auf Slowenisch „nadiški dialekt“, wird sowohl in dem Tal gesprochen, das von dem Fluss Natisone durchquert wird als auch in den kleineren Tälern des Flussbeckens. (vgl. Benacchio 2003: 415) Im Westen grenzt der Dialekt von Natisone an den Torre-Dialekt und im Nordosten ist er „a diretto contatto col territorio linguistico sloveno in senso stretto, ovvero col dialetto dell’Isonzo“ (Benacchio 2003: 415), also in direktem Kontakt mit dem slowenischen Sprachgebiet. Im Vergleich zu den Torre-Tälern besteht bei den Natisone-Tälern ein stärkerer Sprachkontakt untereinander; dazu kommt das einzige wirtschaftlich-administrative Zentrum San Pietro al Natisone, auf Slowenisch „Šepeter“, das sich in slowenischem Dialektgebiet, nicht weit von dem friaulischen Sprachgebiet verorten lässt. (vgl. Benacchio 2003: 415) Diese geographische Kompaktheit entspricht somit auch der „compatezza linguistica“ (Benacchio 2003: 415), also der sprachlichen Kompaktheit. Diese Kompaktheit kennzeichnet sich laut Benacchio dadurch, dass innerhalb des Natisone-Dialekts nur zwei Varianten unterschieden werden können und die Form des Dialektes viel besser bewahrt wurde, als die des Torre-Dialektes. Obwohl der Natisone-Dialekt unter jahrhundertelangem Einfluss des romanischen Sprachraumes stand, besteht für ihn aus den zuvor genannten Gründen keine Gefahr der „estinzione“, also des Aussterbens. (vgl. Benacchio 2003: 415) Dazu kommen die orographischen Verhältnisse der Natisone-Täler, also Verhältnisse, die „die Ebenheiten und Unebenheiten des Landes betreffen“. (s. Duden: orographisch, abgerufen am 11.05.2023) Laut Benacchio sind die Natisone-Täler nämlich durch vergleichsweise einfach zu überquerende Berge von Slowenien getrennt, was der Bevölkerung der Täler einen engeren und regelmäßigen Kontakt zu den Slowenen auf der anderen Seite ermöglicht. (vgl. Benacchio 2003: 416) All diese Faktoren führen dazu, dass der Natisone-Dialekt relativ wenig von dem romanischen Sprachraum beeinflusst wurde, dafür aber umso mehr von den slowenischen Dialektvarianten, die mit dem Natisone-Dialekt in direktem Kontakt stehen. (vgl. Benacchio 2003: 416) Des Weiteren hat der Natisone-Dialekt vergleichsweise wenige archaische Sprachmerkmale im Sprachgebrauch bewahrt, womit er der slowenische Dialekt des Friauls ist, der der slowenischen Schriftsprache am nächsten kommt. (vgl. Benacchio 2003: 416) Dies führt auch dazu, dass in dieser Region das Zugehörigkeitsgefühl zur slowenischen Sprache und Kultur besonders stark ausgeprägt ist. (vgl. Benacchio 2003: 416) 

Ein typisches Merkmal, das der slowenische Dialekt von Natisone aufweist, ist beispielsweise der Diphthong ie in Wörtern, wie „lies“ (de.: Holz), „zviezda“ (de.: Stern) oder „liep“ (de.: schön); in der slowenischen Standardsprache würde man diese durch „lés“, „zvézda“ und „lép“ bezeichnen. (vgl. Gliha Komac et al. 2020: 221) Ein weiteres Merkmal ist das im Natisone-Dialekt vorbetonte e in Wörtern, wie „sestrà je reklà“ (de.: die Schwester sagt) oder „ženà pečè“ (de.: die Frau backt); im Standard-Slowenischen würde man das literarische breite e verwenden, nämlich „sêstra je rêkla“ und „žêna pêče“. (vgl. Gliha Komac et al. 2020: 221) Es gibt außerdem eine Abschwächung des Neutrums, wie es auch in anderen slowenischen Dialekten der Fall ist, zum Beispiel im zuvor untersuchten gorenjski Dialekt. (vgl. Benacchio 2003: 420) Des Weiteren lässt sich im Nastisone-Dialekt ein Rückgang des „Duals“, auf Slowenisch „dvojina“, durch den immer stärker werdenden italienischen Einfluss, feststellen; zum Beispiel bei dem Satz „Gospodar an gospodinja su šli du kliet“, auf Standardslowenisch „Gospodar in gospodinja sta šla dol v klet.“ (vgl. Benacchio 2003: 420) (de.: Der Herr und die Hausfrau sind hinunter in den Keller gegangen.) Hier wird im Natisone-Dialekt die Plural-Form „su šli“ verwandt, die im Slowenischen nur für Konstellationen von mehr als drei Personen genutzt wird. Dieses Phänomen kann man als „Innovation unter fremdem Dach“ betrachten, was an späterer Stelle dieses Kapitels aufgegriffen wird.

Wie bereits zuvor erwähnt wurde, gibt es slowenische Dialekte, die sich über die Grenze zu Italien hinaus ausgebreitet haben. (s. Abb. 4) Einer dieser Dialekte ist der slowenische Dialekt der Natisone-Täler. Die Besonderheit hierbei ist, dass dieser slowenische Dialekt weiterhin in Italien existiert und von der dortigen slowenischen Sprechergemeinschaft aktiv gesprochen wird. Wie es zuvor im Kapitel erwähnt wurde, greift Kloss im Rahmen der Sprachsoziologie dieses Phänomen auf und entwickelt das Konzept „Dachlose Außenmundarten“. Bereits der Name des Konzeptes impliziert, dass es sich um Mundarten bzw. Idiome handelt, die außerhalb des eigenen, nämlich unter „fremdem Dach“ existieren. Dieses Konzept wird im Folgenden genauer beleuchtet.

Laut Kloss ist es normalerweise der Fall, dass eine Mundart von Personen gesprochen wird, „die als Schriftsprache die der Mundart linguistisch zugeordnete Kultursprache gebrauch[en]“ (Kloss 1976: 317) Dabei entwickelt sich diese Mundart gleichermaßen unter dem Dach der zugeordneten Schriftsprache, wodurch keine größeren Unterschiede zwischen der Mundart und Schriftsprache entstehen. (vgl. Kloss 1976: 317) So wird laut Kloss die Mundart oftmals von der Schriftsprache beeinflusst oder gar zurückgedrängt, wobei sie trotz versuchten Widerstandes gegen die Schriftsprache nicht stark abweichen kann. (vgl. Kloss 1976: 317) Im Falle der dachlosen Mundarten ist dies jedoch anders. Diese entfernen sich nämlich häufig, sowohl von der zugehörigen Schriftsprache als auch von den überdachten Mundarten. (vgl. Kloss 1976: 317) Als Ursachen nennt Kloss hier Lehn- und Fremdwörter, Lehnübersetzungen und Einflüsse auf Morphologie und Syntax. (vgl. Kloss 1976: 317f.) Dazu ist zu erwähnen, dass es unterschiedliche Gründe dafür gibt, dass Mundarten „dachlos“ sind; beispielsweise kann eine staatliche Zwangsmaßnahme dazu führen, oder wie es des Öfteren der Fall ist, kann es dazu kommen, dass eine Personengruppe die „fremde“ Sprache bewusst bevorzugt. (vgl. Kloss 1976: 318) Im Falle des slowenischen Dialektes von Natisone liegen historische Ursachen vor, die dazu beigetragen haben, dass er heute als „dachlose“ Außenmundart betrachtet werden kann. Jahrhundertelang gehörten die Natisone-Täler nämlich zu dem historischen Gebiet Sloweniens, weswegen dieses Gebiet ursprünglich von slowenischer Bevölkerung bewohnt wurde. Durch die Folgen des Ersten Weltkrieges, nachdem dieses Gebiet Italien zugeschrieben wurde, verließ ein großer Teil der slowenischen Bevölkerung die Natisone-Täler, da einige Italiener nationalistisch geprägt waren und ihnen mit Hass, Aggressivität und Zwang zur Assimilation entgegenkamen. (vgl. Wörsdörfer 2010: 64f.) Daraufhin blieb eine slowenisch-sprachige Minderheit auf dem italienischen Gebiet der Natisone-Täler zurück, dessen Nachkommen teilweise bis heute die Region besiedeln. (vgl. Wörsdörfer 2010: 64f.) Da die Mundart dieser Sprechergruppe also unter einer fremden Dachsprache – außerhalb ihres Daches – nämlich dem Italienischen bzw. Friaulischen existiert, kann hier von einer „dachlosen“ Außenmundart gesprochen werden.

Im Bezug auf die dachlosen Außenmundarten kann sowohl eine Konservierung als auch Innovation unter fremdem Dach stattfinden. (vgl. Krefeld 2021) Die Konservierung sprachlicher Merkmale unter fremdem Dach findet vor allem unter einem Dach mit großem Abstand statt. Bei einem ähnlichen Dach würden diese Merkmale nämlich möglicherweise abgebaut werden, da sich die Merkmale der ähnlichen Dachvarietät durchsetzen würden. (vgl. Krefeld 2021

Andererseits führt der Kontakt mit einem sehr distanzierten, d.h. sprachlich nicht verwandten Dach zu anderen Innovationen als unter einem eng verwandten Dach. (vgl. Krefeld 2021

Diese Innovationen lassen sich vor allem im Bereich des Lexikons wiederfinden. Dabei kann es zu „Konvergenzerscheinungen zwischen Sprachen unter einem gemeinsamen Dach“ (Krefeld 2021) kommen, wobei Entlehnungen typisch sind.

In Bezug auf das Konzept der Diglossie muss erwähnt werden, dass es sich in den zweisprachigen Gebieten, wobei in der Öffentlichkeit Italienisch eine Hauptrolle spielt und Slowenisch fast ausschließlich in privatem Raum verwandt wird, um Diglossie handelt; diese kann zugleich als Folge als auch als Instrument des Assimilierungsdrucks auf die slowenische Sprach- und Volksgruppe gesehen werden. (vgl. Grdina/Stabej 2019: 495)

Schließlich muss im Zusammenhang mit der Sprachsoziologie und der „Dachlosigkeit“ nach Kloss erwähnt werden, dass es sich dabei um ein Konzept handelt, das heute teils nicht mehr aktuell ist und erweitert werden müsste. Kloss spricht in dem Abschnitt „Dachlose Außenmundarten“ (vgl. Kloss 1976: 317 ff.) beispielsweise davon, dass das Dach dieser Mundarten fremd sei. Im Falle des slowenischen Natisone-Dialektes in Italien kann man aber davon ausgehen, dass das Dach nicht fremd ist, da in den meisten Fällen eine Zweisprachigkeit der Sprecher vorherrscht. Dabei wird sowohl der slowenische Natisone-Dialekt als auch die italienische bzw. teils friaulische Sprache gleichermaßen gesprochen. Der Begriff „fremd“ müsste hier ersetzt werden. Außerdem kann man in diesem Zusammenhang nicht wirklich von einer „Dachlosigkeit“ des slowenischen Natisone-Dialektes sprechen; der slowenische Dialekt in Italien hat zwar kein slowenisches Dach, jedoch hat es ein Dach, und zwar das italienische.

3. Methoden

3.1. Bisheriger Forschungsstand

Wie bereits im Titel meiner Arbeit deutlich wird, liegt das Hauptaugenmerk auf den Bezeichnungen moderner Konzepte aus den Bereichen Ökologie und Medien im Slowenischen des Friaul und Sloweniens. Da diese beiden Bereiche in der heutigen Zeit sehr aktuell sind, liegt bisher noch nicht so viel Forschung vor, wie zu Themen, die schon länger präsent sind. Dazu kommt die spezifische Wahl der Orte, die im Rahmen dieser Arbeit im Mittelpunkt stehen, nämlich Kamnik und Natisone. Zu den zwei Orten, beziehungsweise dessen Regionen, gibt es zwar einzelne Literatur, die die sprachlichen Merkmale der Dialekte thematisiert, jedoch fehlt dabei die Verbindung und der Vergleich der beiden Regionen und Dialektgruppen. Außerdem wird dabei oftmals auf den Wortschatz eingegangen, der Begriffe aus traditionelleren Themenbereichen enthält. So gibt es beispielsweise Literatur zu Begriffen des Weinbaus, (s. Diplomarbeit und dessen Literaturverzeichnis: „Slowenische Dialektologie und Weinbaukultur in Slowenien„) oder der Landwirtschaft, wobei es vor allem um Pflanzenbezeichnungen geht (s. „Besedotvorni Atlas Slovenskih Narečij Kulturne rastline„, auf Deutsch „Wortbildender Atlas Slowenischer Dialekte. Kultivierte Pflanzen“). Zu den modernen Begriffen aus Bereichen wie Ökologie und Medien gibt es vor allem im slowenisch-sprachigen Raum bisher noch keine bedeutende wissenschaftliche Forschung oder Literatur, auf die man sich stützen könnte. Es gibt jedoch Projekte, wie zum Beispiel das Forschungsprojekt VerbaAlpina, die sich unter anderem mit den Bezeichnungen moderner Konzepte in den Alpen-Dialekten beschäftigen und somit versuchen diese Forschungslücke zu schließen. Dabei können Personen teilnehmen, die Dialekte aus der Alpenregion sprechen, indem sie ihre Bezeichnungen zu den Konzepten in das „Mitmachen“-Tool eintragen. Im Rahmen von VerbaAlpina möchte ich durch diese Arbeit zusätzlich dazu beitragen, die Forschungslücke insbesondere im Bereich der modernen Konzeptbezeichnungen in slowenischen Dialekten zu schließen. 

3.2. Auswahl der Konzepte

Wie schon im vorherigen Kapitel erwähnt wurde, stammen die Konzepte, die für diese Untersuchung relevant sind, aus den beiden Bereichen Ökologie und Medien. VerbaAlpina verfügt bereits über eine große Sammlung verschiedener Konzepte, die den drei Phasen von VerbaAlpina (s. Abb. 5) zugeordnet sind. 

Abb. Drei Projektphasen von VerbaAlpina

Die drei Projektphasen von VerbaAlpina

Da die Bereiche Ökologie und auch Medien, die in Abbildung 5 nicht zu sehen sind, zu der dritten und letzten Phase „moderne Lebenswelt“ gehören, ist der Großteil der ausgewählten Konzepte aus dieser Datensammlung entnommen. Da bis jetzt, im Vergleich zur Ökologie, noch wenige Konzepte aus dem Bereich der Medien in der Datenbank von VerbaAlpina vorhanden sind, habe ich selbst fünf weitere passende Konzepte ausgewählt und in meine Konzeptsammlung aufgenommen. Insgesamt sind es 27 Konzepte, die ich abfrage, nämlich 16 aus dem Bereich Ökologie und elf aus dem Bereich Medien. Die auf Deutsch übersetzte Liste, die die abgefragten Konzepte und dessen dazugehörige Bilder beinhaltet, befindet sich im Anhang. (s. Vorlage – Konzepte mit meinen Bezeichnungen)

3.3. Auswahl der Methode

Um die bestmöglichen Daten für seine Forschung zu erhalten, ist es essenziell, eine geeignete Methode für die Datenerhebung zu wählen. Da ich moderne Konzepte aus den beiden Orten Kamnik und Natisone abfragen wollte, habe ich mich für die Methode des Interviews über die Verbindungsplattform Zoom entschieden. Die Methode des Interviews bietet sich für meine Datenerhebung am besten an, da man die Interviews aufnehmen kann und so auch die phonetische Komponente der Antworten in der Analyse berücksichtigt werden kann. Außerdem kann man den Personen bei gegebenenfalls aufkommenden Fragen sofort antworten und eventuelle Missverständnisse verhindern. Die Plattform Zoom bietet hierbei den großen Vorteil der örtlichen und zeitlichen Flexibilität, da ich die Interviews so nicht vor Ort in Kamnik, Slowenien oder Natisone, Italien durchführen muss. Außerdem wird dadurch der zeitliche Aufwand für meine Interviewpartner*innen ebenfalls sehr gering gehalten.

Um ein erfolgreiches Interview durchführen zu können war es für mich ebenso bedeutend, die Art und Weise der Abfrage der modernen Konzepte aus den Bereichen Ökologie und Medien festzulegen. In meinem Fall eignet sich für die Art der Abfrage eine onomasiologische Herangehensweise, wobei man von dem Konzept ausgeht, und die Bezeichnung des Konzeptes erstrebt. (vgl. Blank 2001: 120) Dabei veranschaulicht Blank diese Herangehensweise, indem er das Konzept als Konstante und die Bezeichnung als Variable benennt. (vgl. Blank 2001: 120) In der Praxis, also im Rahmen dieser Arbeit, erfolgt die Abfrage vom Bild aus zur Bezeichnung des Konzeptes hin. Diese Vorgehensweise bietet nämlich den zentralen Vorteil, die Antworten der interviewten Personen nicht durch vorgegebene Worte zu beeinflussen und somit natürlich und spontan zu halten. 

Die Auswertung der Daten meiner Interviews erfolgt vorwiegend qualitativ, da hier die subjektiven Bezeichnungen der Konzepte von jedem/er Teilnehmer*in untersucht werden. Der Fokus liegt somit auf den individuellen Antworten der jeweiligen Interviewpartner*innen, durch die gewisse Erkenntnisse gewonnen werden können. Trotzdem kann man einen quantitativen Ansatz mit einbeziehen, da die Daten in Diagrammen dargestellt werden und man so gewisse Trends und Muster bei den gewissen Personen bzw. Personengruppen erkennen und analysieren kann. 

3.4. Durchführung der Interviews

3.4.1. Kontaktaufnahme 

Die erste Kontaktaufnahme zu den Personen für mein Interview erfolgte kurz vor dem Beginn des Bearbeitungszeitraumes der Bachelorarbeit. Die Kontaktaufnahme zu den Personen in Kamnik unterschied sich dabei in der Art deutlich von der zu den Personen in Natisone.

Da meine Familie und ich bereits Kontakte zu Personen in Kamnik haben, war es nicht schwer, Teilnehmer für mein Interview zu finden. Außerdem war von Anfang an klar, dass sich aus den von uns bekannten Personen zwei Altersgruppen ergeben. Zum einen ergab sich die Altersgruppe zwischen 55 und 65 Jahren, welche mir über meine Eltern vermittelt wurde und zum anderen die Altersgruppe zwischen 20 und 30 Jahren, aus der ich die Personen selbst kenne.

Die Kontaktaufnahme zu den Personen in Natisone hingegen lief anders ab, da ich im Vorfeld aus dieser Gegend niemanden kannte und auch nicht vor Ort nach Personen fragen bzw. suchen konnte. Deshalb habe ich einigen italienisch-slowenischen Organisationen und Tourismus-Seiten sowohl per E-Mail als auch auf Instagram geschrieben und nachgefragt, ob sie mir Kontakte von slowenisch-sprachigen Personen aus der Region der Natisone-Täler für mein Interview vermitteln könnten. Dies hat sich als sehr mühsamer und langwieriger Prozess herausgestellt, da es einige Zeit gedauert hat, bis ich die ersten Antworten erhielt. Letztlich wurden mir sowohl durch das slowenische Forschungsinstitut „Slovenski raziskovalni inštitut“ mit Sitz in Triest als auch durch das „Inštitut za slovensko kulturo – Istituto per la cultura slovena“ mit Sitz in Udine, einige hilfreiche Kontakte von Personen für mein Interview vermittelt, die ich schließlich interviewt habe.

3.4.2. Durchführung der Datenerhebung

Die Sprache, in der die gesamten Interviews, sowohl mit den Personen aus Kamnik als auch aus Natisone geführt wurden, ist Slowenisch. Der Ablauf der Zoom-Interviews besteht daraus, dass ich meinen Bildschirm mit meiner Abfrage-Liste teile und mit Einverständnis der interviewten Person das Zoom-Meeting aufnehme. Zuerst gibt es vier Grundfragen, die der interviewten Person gestellt werden, nämlich auf Deutsch übersetzt „Wie heißen Sie?“, „Wie alt sind Sie?“, „Was ist Ihr höchster Bildungsgrad?“ und „Woher kommen Sie genau?“. Insbesondere die Antworten der zweiten und dritten Frage, können so in die Analyse und Bewertung der Ergebnisse mit einbezogen werden. Danach folgt der wesentliche Teil des Interviews, nämlich die Abfrage der 27 Konzepte aus den Bereichen „Ökologie“ und „Medien“. Wie schon zuvor in dem Kapitel erwähnt wurde, erfolgt diese mithilfe der onomasiologischen Herangehensweise. So wurden für jedes abgefragte Konzept ein oder zwei Bilder von mir ausgewählt, die das jeweilige Konzept am besten und am verständlichsten darstellen. Bei der Abfrage mancher Konzepte habe ich mich für zwei Bilder entschieden, um es den interviewten Personen zu erleichtern, das jeweilige Konzept zu erkennen; dies war vor allem im Bereich der Medien der Fall, wobei einige Konzepte beispielsweise sowohl auf Facebook als auch auf Instagram vertreten sind. Dabei habe ich Beispielbilder von beiden Plattformen gewählt. Die Bilder aller Konzepte werden in dem Dokument von oben nach unten aufgelistet. Die interviewte Person soll dann anhand des jeweiligen Bildes bzw. der jeweiligen Bilder das dargestellte Konzept aus der Ökologie oder den Medien benennen. Die Dauer der Interviews beträgt meist zwischen 15 und 30 Minuten. Je nachdem wie ausführlich oder prägnant die Antworten wiedergegeben werden, dauert das Interview länger bzw. kürzer. 

3.4.3. Probleme bei der Durchführung der Interviews

Wie ich es bereits im Vorfeld erwartet habe, trat das Problem auf, dass teilweise die Konzepte, die auf den Bildern abgebildet sind, von meinen Interviewpartner*innen nicht erkannt wurden. Zum Teil lag es daran, dass insbesondere die älteren Personen mit gewissen modernen Konzepten nicht vertraut waren und sie diese deshalb nicht benennen konnten. Dabei haben sie die Bilder zwar oftmals umschrieben, jedoch haben sie die Konzepte nicht genau benannt; dies kann trotzdem in die Analyse mit einbezogen werden, da man merkt, ob diese Umschreibungen mit englischen oder slowenischen Worten erfolgen. Andererseits kommen in der Sammlung aber auch Konzepte vor, die vergleichsweise abstrakt sind, weshalb dabei die Bilder teils nicht ausreichend waren, um das jeweilige Konzept erkennen und benennen zu können. Deshalb musste ich gegebenenfalls eingreifen und der Person das jeweilige Konzept mit Worten umschreiben; dabei habe ich versucht die interviewte Person nicht in der Art ihrer Antwort zu beeinflussen, sondern sie nur in die „richtige“ Richtung zu lenken.

Folgendes ist zwar kein konkretes Problem, jedoch ist es zu erwähnen, da ich im Vorfeld eine gewisse Vorstellung dazu hatte, die aber nicht immer so eingetreten ist. Es kam nämlich des Öfteren vor, dass meine Interviewpartner*innen nicht die genauen Begriffe genannt haben, die ich mir unter den jeweiligen Bildern vorgestellt habe. So haben sie teilweise lediglich Synonyme der Begriffe genannt, die ich mir vorher zu den jeweiligen Konzepten überlegt habe oder die Konzepte, die auf den Bildern zu sehen waren, umschrieben. Letztendlich macht es aber nicht wirklich einen Unterschied, da man trotzdem die Bezeichnungen bzw. Beschreibungen analysieren und feststellen kann, ob sie beispielsweise von englischem oder italienischem Einfluss geprägt sind.

Dazu kommen außerdem kleinere technische Schwierigkeiten, die bei der Durchführung der Interviews über Zoom aufgetreten sind, wie zum Beispiel Probleme mit der Internetverbindung oder teils schlechte Audioqualität bei den Aufnahmen, wobei die Aufnahme eines Interviews nicht verwertet werden konnte. Trotz dieser Schwierigkeiten hat letztlich alles funktioniert; man könnte sich jedoch überlegen, solche Interviews in Zukunft vor Ort durchzuführen, um diese Probleme zu vermeiden.

3.5. Verarbeitung der Daten

Um die Daten für die folgende Analyse der Ergebnisse effizient nutzen zu können, müssen diese zuerst verarbeitet werden.

Zu Beginn habe ich mir das gesamte aufgenommene Audio-Material der Interviews angehört und aus jedem Interview die jeweiligen Bezeichnungen der Konzepte herausgeschnitten, da nur diese für meine Untersuchung relevant sind. Diese Antworten der interviewten Personen werden daraufhin transkribiert, um die Daten später besser analysieren zu können. Außerdem habe ich als Veranschaulichung zu den Ergebnissen der jeweiligen Gruppen Diagramme erstellt. Dabei unterscheide ich grundsätzlich zwischen Kamnik und Natisone, wobei ich bei beiden eine weitere Unterteilung in „ältere“ und „jüngere Personengruppe“ vornehme, um die Ergebnisse besser vergleichen und analysieren zu können. Um die Ergebnisse noch präziser untersuchen zu können, gibt es eine weitere Gliederung der Antworten in die beiden Bereiche „Ökologie“ und „Medien“.

3.6. Thesen

Im Vorfeld dieser Untersuchung lässt sich eine Hauptthese mit zwei Nebenthesen aufstellen.

Die Hauptthese, die ich im Rahmen dieser Arbeit formuliert habe, ist, dass sowohl im Dialekt von Kamnik als auch im Dialekt der Natisone-Täler die meisten dieser modernen Konzepte durch Anglizismen bezeichnet werden. Dies kann sowohl in der Aussprache als auch in der Bezeichnung des Konzeptes selbst eintreten. Die dazugehörigen Nebenthesen lassen sich in zwei Teile gliedern; eine Nebenthese bezieht sich lediglich auf Kamnik und die andere auf Natisone. In Kamnik werden erwartungsgemäß trotzdem mehrere Konzepte auf Slowenisch bezeichnet und in Natisone kann es durch die italienische Dachsprache dazu kommen, dass auch italienische bzw. friaulische Bezeichnungen vorkommen. 

4. Analyse

Im Folgenden werden sowohl die Ergebnisse aus Kamnik als auch die Ergebnisse aus Natisone analysiert. Dabei werden diese jeweils in eine „jüngere“ und „ältere Personengruppe“ eingeordnet und zusätzlich noch in die beiden Bereiche „Ökologie“ und „Medien“ unterteilt. 

4.1. Analyse der Ergebnisse aus Kamnik

Aus Kamnik habe ich insgesamt sieben Personen interviewt, wobei drei Personen zu der Altersgruppe zwischen 55 und 65 Jahren gehören und vier Personen zu der Altersgruppe zwischen 20 und 30 Jahren. Da die Audio-Datei eines Interviews einer Person aus der höheren Altersgruppe nicht verwertbar ist, wird dieses Interview nicht in die Analyse mit einbezogen. Daraus ergeben sich insgesamt also sechs Interviews mit älteren Personen aus Kamnik. Die Unterteilung in zwei Altersgruppen ist hierbei wichtig zu erwähnen, da sich die Ergebnisse der beiden Gruppen in gewissen Aspekten unterscheiden; darauf wird im Verlauf der Analyse genauer eingegangen. 

Aus der höheren Altersgruppe habe ich zwei Männer aus Kamnik interviewt, nämlich Janko, 60 Jahre alt und Rudi, 62 Jahre alt. Beide haben einen universitären Abschluss. Im folgenden Diagramm werden die Ergebnisse der Antworten der beiden Männer zusammengefasst, wobei Janko Person 1 darstellt und Rudi Person 2. 

Diagramm - ältere Personengruppe aus Kamnik

Diagramm – ältere Personengruppe aus Kamnik

Auf der x-Achse des Diagramms befinden sich die Personen und auf der y-Achse ist die Anzahl der Konzepte angegeben. Die Säulen geben die Antworten der Personen wieder. Dabei gibt es den Parameter Slowenisch, wenn das Konzept auf Slowenisch bezeichnet wurde; Englisch, wenn das Konzept auf Englisch bezeichnet wurde; eine Mischform, wenn das Konzept durch eine Mischform aus Slowenisch und Englisch bezeichnet wurde und Keine Angabe, wobei die Person das Konzept nicht benennen konnte. 

Hierbei fällt auf, dass die zwei älteren Personen aus Kamnik des Öfteren keine Angabe zu gewissen modernen Konzepten, die ich abgefragt habe, gemacht haben. Dabei liegt nahe, dass ihnen vor allem aus dem Bereich der Medien einige moderne Konzepte nicht bekannt sind. (s. Abb. 6)

Dazu kommen folgende Diagramme, welche die Ergebnisse der älteren Personengruppe nochmals unterteilen, nämlich in „Ökologie“ und „Medien“. Da sich die Antworten zu den Konzepten dieser beiden Bereiche unterscheiden, ist es hilfreich, sie durch Diagramme darzustellen, um sie besser analysieren zu können. 

Diagramm - ältere Personengruppe aus Kamnik - Ökologie

Diagramm – ältere Personengruppe aus Kamnik – Ökologie

Bei dem Diagramm mit den Antworten zu den Konzepten der Ökologie lässt sich feststellen, dass der Parameter Englisch entfällt. Der Großteil der Konzepte wird zum einen erkannt und zum anderen auf Slowenisch bezeichnet. Bei beiden Personen weicht die Antwort zu demselben Konzept von den anderen auf Slowenisch bezeichneten Konzepten ab. Dabei handelt es sich um das Konzept „Carsharing“. „Person 1 konnte nach meiner Umschreibung das Konzept mit einer Mischform aus Slowenisch und Englisch bezeichnen, nämlich „sheramo avto“, auf Deutsch „wir sharen das Auto“. 


Person 2 hingegen, konnte das Konzept auch nach der Umschreibung nicht erkennen und bezeichnen. Diese Abweichung könnte man dadurch begründen, dass das Konzept „Carsharing“ vergleichsweise neu ist und man vor allem in der höheren Altersgruppe kaum Berührungspunkte damit hat. Außerdem ist dies eine Fortbewegungsmöglichkeit, die insbesondere in größeren Städten zu finden ist, wozu Kamnik mit ca. 14 000 Einwohnern nicht gehört. Zu dem Konzept „Carsharing“ muss man außerdem erwähnen, dass es keine der insgesamt elf interviewten Personen auf Anhieb benennen konnte. Einige haben es jedoch nach meiner Umschreibung bzw. Erklärung erkannt und bezeichnet. Begründen könnte man dies durch die Auswahl des Bildes als Darstellung des Konzeptes. Ich habe nämlich ein Bild gewählt, auf dem ein Verkehrsschild zu sehen ist, welches einen Carsharing-Parkplatz kennzeichnet. (s. Vorlage – Konzepte mit meinen Bezeichnungen, Konzept 16) Dieses Schild war sowohl mir als auch meinen Interviewpartner*innen zuvor nicht bekannt, das Konzept des Carsharings jedoch schon. Trotz dessen habe ich mich für dieses Bild entschieden, da es sich dabei um das offizielle Verkehrsschild zu diesem Konzept handelt. 

Die restlichen Konzepte werden auf Slowenisch benannt, was man damit begründen kann, dass zum einen die Konzepte der Ökologie bereits im allgemeinen Sprachgebrauch verankert sind als auch, dass die Personen der englischen Sprache nicht mächtig sind.

Diagramm - ältere Personengruppe aus Kamnik - Medien

Diagramm – ältere Personengruppe aus Kamnik – Medien

Bei dem Diagramm mit den Ergebnissen der Medien-Konzepte sticht sofort heraus, dass beide Personen einige Konzepte nicht benennen konnten. Von insgesamt elf Konzepten kannten beide acht nicht. Drei Konzepte konnten sie aber beide benennen, nämlich „Emoji“, „Hashtag“ und „Videokamera“. Person 1 hat das Konzept „Emoji“ als „smejčke“ auf Slowenisch benannt, was auf Deutsch „Smiley“ bedeutet.

Person 2 hat es als „emoji“ auf Englisch bezeichnet, aber auf Slowenisch ausgesprochen. Da der Buchstabe „j“ hier nach einem Vokal und vor einem „i“ steht, bleibt er stumm.

Das Konzept „Hashtag“ haben sie beide auf Englisch benannt und ausgesprochen. 

Das Konzept „Videokamera“ haben sie beide auf Slowenisch als „kamera“ bezeichnet, was auf Deutsch „Kamera“ heißt. 

Dass beide Personen genau diese drei Konzepte benennen konnten, könnte daran liegen, dass es keine abstrakten Begriffe aus den sozialen Medien sind. Das Konzept „Webcam“ ist ein technisches Konzept, für das es im Slowenischen bereits eine Bezeichnung gibt. Bei „Hashtag“ und „Emoji“ handelt es sich um Konzepte, die nicht immer mit Social Media in Verbindung gebracht werden müssen und die man auch außerhalb wiederfindet, wie zum Beispiel in der Werbung. Dazu kommt, dass man die Konzepte auch durch die Bilder in meiner Abfrageliste beschreiben kann, auch wenn man mit ihnen nicht wirklich vertraut ist. 

Aus der jüngeren Personengruppe aus Kamnik habe ich eine Frau und drei Männer interviewt, nämlich Tjaša, 22, Jaka, 26, Matevž, 25 und Aljaž, 28 Jahre alt. Jaka, Matevž und Aljaž haben bereits einen universitären Abschluss, Tjaša ist aber noch Studentin. Im folgenden Diagramm stellt Tjaša Person 1, Jaka Person 2, Matevž Person 3 und Aljaž Person 4 dar. 

Diagramm - jüngere Personengruppe aus Kamnik

Diagramm – jüngere Personengruppe aus Kamnik

Grundsätzlich ist das Diagramm der jüngeren Personengruppe aus Kamnik, entsprechend dem Diagramm der älteren Personengruppe erstellt worden. Der größte und auffälligste Unterschied zu dem Diagramm der älteren Personen besteht in der Säule „Keine Angabe„, die hier nicht vorhanden ist; die restlichen Parameter haben sich nicht geändert. Des Weiteren sticht hervor, dass Person 4 vergleichsweise viele Konzepte auf Englisch bezeichnet. Insgesamt fällt auf, dass im Vergleich zu der älteren Personengruppe zwar mehr Konzepte auf Englisch bezeichnet werden, jedoch trotzdem einige auf Slowenisch benannt werden. 

Auch bei der jüngeren Personengruppe werden die Ergebnisse zusätzlich in die Bereiche „Ökologie“ und „Medien“ gegliedert. 

Diagramm - jüngere Personengruppe aus Kamnik - Ökologie

Diagramm – jüngere Personengruppe aus Kamnik – Ökologie

Im Vergleich zu dem Diagramm der Ökologie-Konzepte der älteren Personengruppe aus Kamnik, kommt der Parameter „Keine Angabe“ hier nicht vor. Außerdem liegen im Gegensatz zu den Ergebnissen der älteren Personen hier etwas mehr englische Bezeichnungen vor. Es fällt auch auf, dass vor allem Person 4 vergleichsweise viele Konzepte der Ökologie auf Englisch bezeichnet; dazu zählen die Konzepte „Biomüll“, „Gewächshaus“ und „Carsharing“. Das Konzept „Biomüll“ benennt Person 4 auf Englisch als „food waste“, was auf Deutsch „Lebensmittelverschwendung“ bedeutet.

Der Grund dafür, dass er dieses Konzept nicht als „Biomüll“, sondern als „Lebensmittelverschwendung“ wahrgenommen hat, könnte sein, dass ich ein Bild gewählt habe, worin eine Bio-Mülltonne mit weggeworfenem Essen zu sehen ist. Trotzdem wäre es möglich das Konzept der Lebensmittelverschwendung auch auf Slowenisch durch „odpadna hrana“ zu bezeichnen. Das Konzept „Gewächshaus“ hat Person 4 auf Englisch als „green house“ benannt.

Auch für dieses Konzept gäbe es einen slowenischen Begriff, der in Slowenien weit verbreitet ist, nämlich „rastlinjak“. Person 2 bezeichnet das Konzept „Gewächshaus“ ebenfalls durch den Anglizismus „green house“, was darauf deutet, dass die englische Form eine relativ weit verbreitete Bezeichnung für dieses Konzept ist.

Das dritte Konzept, welches Person 4 auf Englisch bezeichnet, ist das Konzept „Carsharing“. 

Dieses Konzept auf Englisch zu benennen, ist jedoch nicht ungewöhnlich, da dafür bisher keine explizite slowenische Bezeichnung existiert. Auch Person 1 benennt dieses Konzept durch den Anglizismus „carsharing“.

Person 2 bezeichnet dieses Konzept durch einen besonderen Ausdruck, der eine Mischform aus deutschen, slowenischen und englischen Begriffen darstellt. Die Bezeichnung, die hier gewählt wird, ist „parkplaci za communal driving“, was auf Deutsch mit „Parkplätze für gemeinschaftliches Fahren“ übersetzt werden kann. 

Der Begriff „parkplaci“ ist ein Germanismus, der sich im slowenischen Sprachgebrauch des Öfteren wiederfinden lässt und von dem deutschen Wort „Parkplatz“ stammt. Das Wort „za“ ist slowenisch und bedeutet auf Deutsch „für“ und der Ausdruck „communal driving“ wird aus dem englischen übernommen und bedeutet „gemeinschaftliches Fahren“. Was in der Audio sofort auffällt, ist das Zögern und die Unsicherheit von Person 2, während sie das Konzept benennt. Dies liegt daran, dass die Person mit diesem Konzept nicht vertraut ist; zum einen versucht sie das Konzept durch meine Hilfestellung zu benennen und zum anderen beschreibt sie das Bild aus meiner Abfrageliste, um sich die Bezeichnung des Konzeptes auf diese Art herzuleiten. Daraus könnte man schließen, dass Person 2 das Konzept aufgrund der Unsicherheit durch diese spontane und mehrsprachige Mischform benennt. Person 3 bezeichnet das Konzept „Carsharing“ auf Slowenisch, nämlich durch den Ausdruck „da si deliš prevoz“, was man auf Deutsch mit „dass man sich den Transport teilt“ übersetzt werden kann. Auch hier fällt auf, dass das Konzept nicht genau benannt werden kann, sondern nur umschrieben wird. Dies kann man ebenfalls darauf zurückführen, dass die Person nicht wirklich mit dem Konzept vertraut ist. Bei Person 3 fällt prinzipiell auf, dass sie in dem Bereich „Ökologie“ alle Konzepte auf Slowenisch bezeichnet hat und weder englische Bezeichnungen noch Mischformen verwandt hat. Der Grund dafür könnte sein, dass die Person im Alltag nur wenig Kontakt mit der englischen Sprache hat und sie deswegen in dessen Sprachgebrauch kaum vertreten ist. 

Des Weiteren fällt auf, dass die beiden Konzepte Recyling und Mülltennung teilweise nicht als unterschiedliches Konzept erkannt werden. Person 1 bezeichnet die Konzepte beispielsweise durch die Begriffe „recikliranje“ und „reciklaža“, die Synonyme voneinander darstellen. 

Auch Person 2 benennt die Begriffe entsprechend, nur dass die Reihenfolge dabei andersherum ist, nämlich „reciklaža“ und „recikliranje“.

Der Grund für die entsprechenden Bezeichnungen könnte sein, dass „Recycling“ und „Mülltrennung“ für die jeweiligen Personen dasselbe Konzept darstellen und das Konzept der Mülltrennung deshalb nicht noch einmal differenziert wird. 

Das folgende Diagramm stellt die Ergebnisse aus dem Bereich „Medien“ aus der jüngeren Altersgruppe dar. 

Diagramm - jüngere Personengruppe aus Kamnik - Medien

Diagramm – jüngere Personengruppe aus Kamnik – Medien

Dabei stechen erneut die Konzeptbezeichnungen von Person 4, durch die hohe Anzahl an Anglizismen hervor. Sie benennt hier acht von elf Medien-Konzepten auf Englisch, zwei auf Slowenisch und eines durch eine Mischform von Slowenisch und Englisch. Der Grund dafür, dass Person 4 insgesamt eine so hohe Anzahl an Konzepten durch Anglizismen bezeichnet, könnte sein, dass die Person im Alltag häufig von der englischen Sprache umgeben ist und sie deshalb eine wesentliche Rolle in dessen Sprachgebrauch spielt. Eine andere Begründung könnte sein, dass die Person die englische Sprache als sehr prestigereich ansieht und sich deshalb bewusst dazu entscheidet, die Konzepte durch Anglizismen zu bezeichnen. Auf Slowenisch werden von Person 4 die Medien-Konzepte „Webcam“ und „Follower“ bezeichnet. Das Konzept „Webcam“ wird durch „spletna kamera“ benannt, was auf Deutsch „Webcam“ bedeutet.

Dass dieses Konzept auf Slowenisch bezeichnet wird, könnte man dadurch begründen, dass es technischer Natur und im Sprachgebrauch schon länger präsent ist. Aus diesem Grund gibt es bereits einen slowenischen Begriff, der dieses Konzept beschreibt. Das Konzept „Follower“ wird von Person 4 auf Slowenisch durch „število sledilcev“ benannt, was auf Deutsch mit „Anzahl der Follower“ bezeichnet werden kann.

Das Wort „število“, also Anzahl, kommt deshalb zustande, da ich in meiner Abfrageliste ein Bild gewählt habe, das eine Person mit einer vergleichsweise hohen Follower-Anzahl darstellt. (vgl. Vorlage – Konzepte mit meinen Bezeichnungen, Konzept 25) Dabei fällt auf, dass auch die restlichen drei Personen dieses Konzept auf Slowenisch bezeichnen, nämlich alle durch den Begriff „sledilci“, auf Deutsch „Follower“. 

Dadurch, dass alle vier Interviewpartner*innen aus Kamnik dieses Konzept nahezu einheitlich bezeichnet haben, kann davon ausgegangen werden, dass sich diese Übersetzung des englischen Wortes in den allgemeinen Sprachgebrauch etabliert hat.  

Des Weiteren benennt Person 4 das Konzept „Emoji“ durch die Englisch-Slowenische Mischform „emojiji“.

Das Konzept „Emoji“ bezeichnen von der jüngeren Personengruppe aus Kamnik noch zwei weitere Interviewpartner*innen genauso, nämlich Person 1 und Person 3. 

Diese Mischform setzt sich aus dem englischen Begriff „emoji“ und der slowenischen Plural-Endung „ji“ zusammen. Dabei liegen ein englisches Basislexem und slowenische Morphologie vor. Außerdem lässt sich sagen, dass dies eine relativ weit verbreitete Form ist, Emojis zu benennen, was man ebenfalls daran erkennt, dass sie hier von drei der vier jüngeren Personen aus Kamnik verwandt wurde. Daraus lässt sich also schließen, dass sich das Konzept durch die hohe mediale Relevanz bereits in den slowenischen Sprachgebrauch integriert hat. 

Person 3 sticht hier ebenfalls hervor, jedoch durch die hohe Anzahl an slowenischen Bezeichnungen, wie es ebenfalls bei den Ökologie-Konzepten der Fall war. Es werden neun Medien-Konzepte auf Slowenisch und nur zwei durch Mischformen aus Englisch und Slowenisch bezeichnet. Durch Mischformen benennt Person 3 neben dem Konzept „Emoji“ nach demselben Prinzip das Konzept „Story“, nämlich durch die Bezeichnung „storiji“. Auch Person 1 und Person 2 bezeichnen es mit derselben Mischform. Diese besteht ebenfalls aus der Kombination eines englischen Basislexems und slowenischer Morphologie.

Ein interessantes sprachliches Phänomen tritt bei der Bezeichnung des Konzeptes „Meme“ durch Person 3 auf. Diese wird auf Slowenisch durch den Begriff „jaz-jaz“, was auf Deutsch wortwörtlich „ich-ich“ bedeutet, benannt. Dabei kommt es dazu, dass der englische Begriff „meme“ falsch interpretiert und wortwörtlich in die slowenische Sprache übersetzt wird. Durch diese hohe Anzahl an slowenischen Konzeptbezeichnungen verfestigt sich die Annahme zu Person 3 aus dem Bereich der Ökologie. Dass auch im Medien-Bereich so wenige Konzepte auf Englisch bezeichnet werden, lässt vermuten, dass die Person grundsätzlich wenige Berührungspunkte mit der englischen Sprache hat. Ein anderer Ansatz wäre, dass die Person möglicherweise die slowenische Sprache bevorzugt und sich bewusst dazu entscheidet, slowenische Bezeichnungen zu wählen. 

Von den restlichen drei Personen aus der jüngeren Altersgruppe aus Kamnik wird das Konzept „Emoji“ entweder auf Englisch oder durch eine englisch-slowenische Mischform benannt. Person 2 und Person 4 bezeichnen es durch den Anglizismus „meme“.

Person 1 bezeichnet es durch die Mischform „memi“, wobei es hier erneut dazu kommt, dass ein englisches Basislexem mit der slowenischen Pluralform „i“ zusammengefügt wird. 

Dass das Konzept „Meme“ hier vorwiegend auf Englisch bzw. durch eine englisch-slowenische Mischform bezeichnet wird, kann dadurch begründet werden, dass es sich dabei nach wie vor um ein neues Kommunikationsmittel in den sozialen Medien handelt. Deshalb existieren bisher keine etablierten slowenischen Begriffe, die dieses Konzept benennen. 

Den zuvor genannten Konzepten kann eines hinzugefügt werden, das von zwei Personen aus Kamnik auf Englisch bezeichnet wird und von den anderen beiden auf Slowenisch. Dieses Konzept ist „Cookies“; Person 1 und 3 bezeichnen es auf Slowenisch und Person 2 und 4 auf Englisch. Auf Slowenisch wird das Konzept durch „piškotki“ bezeichnet, was auf Deutsch „Kekse“ bedeutet. Der Begriff „piškotki“ wird also sowohl im Medien-Bereich genutzt als auch in Bezug auf das Gebäck.

Auf Englisch wird es durch „cookies“ benannt.

Dabei kann man davon ausgehen, dass beide der genannten Formen, sowohl die Englische als auch die Slowenische, regelmäßige Verwendung finden. 

Dazu kommt das Konzept „Like“, das von zwei Personen auf Slowenisch, von einer auf Englisch und von der anderen Person durch eine Mischform bezeichnet wird. Person 1 und 3 benennen dieses Konzept auf Slowenisch; Person 1 bezeichnet es durch „všečki“, also „Likes“ und Person 3 durch dessen Singular „všeček“, „Like“. 

Diese slowenischen Subjektive leiten sich von dem Verb „biti všeč“ ab, was auf Deutsch „gefallen“ bedeutet. Person 4 bezeichnet dieses Konzept mit „like“, was dem englischen Begriff entspricht. 

Bei Person 3 liegt eine Mischform aus einem englischen Basislexem und slowenischer Morphologie vor, wobei das Konzept durch „likanje“ benannt wird.

Bei der Mischform handelt es sich um ein Subjekt, das auf Deutsch übersetzt „das Liken“ bedeutet. Laut diesen Ergebnissen liegt die Tendenz auf der englischen Bezeichnung dieses Konzeptes, da man die Mischform mit dem englischen Basislexem auch dazuzählen kann. Es könnte vermutet werden, dass Personen eher die englische Bezeichnung wählen würden, da in den sozialen Medien der englische Begriff für „Like“ vorherrscht; außerdem können Social-Media-Apps, wie zum Beispiel Instagram oder Facebook nicht in slowenischer Sprache verwandt werden, weshalb die Apps von den meisten Personen auf Englisch genutzt werden. Dies trägt folglich auch zu deren Sprachgebrauch in Bezug auf die sozialen Medien bei. 

Als Zwischenfazit lässt sich feststellen, dass die Ergebnisse von Kamnik nicht meiner in der Hauptthese formulierten Erwartung, dass die meisten modernen Konzepte durch Anglizismen bezeichnet werden, entsprechen. Auch die Nebenthese trifft nicht zu, da hier vorwiegend slowenische Bezeichnungen verwendet werden. In dem Medien-Bereich wird zwar eine vergleichsweise höhere Anzahl der Konzepte auf Englisch benannt, als in dem Ökologie-Bereich, es ist aber trotz dessen nicht die erwartete Mehrheit.

4.2. Analyse der Ergebnisse aus Natisone

Aus der Region der Natisone-Täler habe ich insgesamt fünf Personen interviewt. Auch hier kann man eine Unterteilung in zwei Altersgruppen durchführen. Die ältere Personengruppe ist hier über 80 und die jüngere Personengruppe lässt sich zwischen 20 und 40 Jahren definieren. 

Aus der älteren Gruppe habe ich einen Mann interviewt, der 82 Jahre alt ist. Sein Name ist Fabio und er kommt aus der Gemeinde Grmek bzw. Grimacco auf Italienisch. Diese Gemeinde liegt nordöstlich von San Pietro al Natisone, unmittelbar an der Grenze zu Slowenien. 

Diagramm - ältere Personengruppe aus Natisone

Diagramm – ältere Personengruppe aus Natisone

Wie man an dem Diagramm der älteren Personengruppe aus Natisone erkennen kann, sind die Parameter grundsätzlich gleich geblieben, wurden jedoch durch Italienisch erweitert. Sofort fällt auf, dass hier Person 1 fast die Hälfte der modernen Konzepte nicht benennen konnte. Dies lässt sich auf dessen vergleichsweise hohes Alter zurückführen. Außerdem lässt sich erkennen, dass der Parameter Englisch hier vollkommen wegfällt. Er ist der einzige meiner Interviewpartner*innen, bei dem dies der Fall ist. Diese Tatsache könnte man dadurch begründen, dass der ältere Herr zum einen der englischen Sprache nicht mächtig ist und zum anderen keine Berührungspunkte mit englischen Begriffen aus diesen Bereichen hat. Des Weiteren wird deutlich, dass diese Person hier nur zwei Konzepte auf Italienisch bezeichnet und eines durch eine Mischform aus dem Slowenischen und Italienischen benennt. 

Hier gibt es ebenfalls eine Unterteilung in die zwei Bereiche „Ökologie“ und „Medien“. 

Diagramm - ältere Personengruppe aus Natisone - Ökologie

Diagramm – ältere Personengruppe aus Natisone – Ökologie

Bei diesem Diagramm lässt sich feststellen, dass die Person die meisten Konzepte aus der Ökologie auf Slowenisch benennt, nämlich zehn von 16. Dazu kommt eine Mischform aus Slowenisch und Italienisch, nämlich bei dem Konzept „Mülltrennung“, wobei es durch „jih selecijoniraš“ beschrieben wird.

Auf Deutsch lässt sich das mit „du trennst ihn“ bzw. „wählst ihn aus“, bezogen auf den Müll, übersetzen. Bei „selecijoniraš“ handelt es sich um eine Mischform aus dem italienischen Wort selezionare und der slowenischen Endung -iraš, der 2. Person Singular. Dabei liegen ein italienisches Basislexem und slowenische Morphologie vor. Außerdem fällt die Aussprache auf, wobei das „s“ durch den stimmlosen postalveolaren Frikativ, der durch folgendes IPA-Zeichen [ʃ] dargestellt wird, ausgesprochen wird. (vgl.  IPA-Übersicht) Das Konzept, das von der Person auf Italienisch bezeichnet wird, ist „Gewächshaus“. Dieses bezeichnet er durch das „Standard“-Italienische „serra“, was auf Deutsch ebenfalls „Gewächshaus“ bedeutet. 

Das Konzept „Grundwasser“ benennt die Person durch den umgangssprachlichen Ausdruck „depožit od vode“, was man auf Deutsch mit „Wasserdepot“ übersetzen kann. 

Im Standardslowenischen würde man diesen Ausdruck durch „vodni rezervoar“, also „Wasserreservoire“, bezeichnen. Nicht benennen konnte die Person aus dem Bereich der Ökologie die Konzepte „Recycling“, „Biomüll“, „Entwaldung“ und „Carsharing“. Begründen könnte man dies durch das hohe Alter, durch das sie sich weniger mit der Thematik der Ökologie beschäftigt.

Diagramm - ältere Personengruppe aus Natisone - Medien

Diagramm – ältere Personengruppe aus Natisone – Medien

Durch das Diagramm der Medien-Konzepte wird deutlich, wie wenige Konzepte aus dem Bereich der Medien dem älteren Herrn bekannt sind. Im Vergleich zu dem Diagramm der Ökologie-Konzepte ist die Anzahl der nicht benannten Konzepte hier mehr als doppelt so hoch. Wie man an diesem Diagramm erkennen kann, ist es ihm möglich zwei von elf Konzepten zu benennen. Davon benennt er eines auf Slowenisch und das andere auf Italienisch. Auf Slowenisch bezeichnet er das Konzept „Webcam“ als „telekamera“. 

Da die Webcam ein technisches Gerät ist, welches nun schon seit einigen Jahren auf dem Markt ist und stark in der Gesellschaft etabliert ist, liegt es nahe, dass auch ältere Menschen mittlerweile damit in Verbindung gekommen sind. Deshalb ist es beispielsweise auch der Person 1 aus der älteren Personengruppe aus Natisone möglich, dieses Konzept zu benennen. Auf Italienisch bezeichnet der ältere Herr das Konzept „Emoji“, was er durch den italienischen Begriff „figurine“ formuliert.

Dies kann man auf Deutsch mit „Figuren“ bzw. „Figürchen“ übersetzen. Ich kann mir vorstellen, dass er das Konzept der Emojis in den Medien nicht wirklich kennt, er sich aber durch das gegebene Bild, auf dem unterschiedliche Emojis abgebildet sind, den Begriff herleiten konnte. Dass er dieses Konzept nicht wirklich kennt, lässt sich daraus schließen, dass er auch Konzepte, wie „Like“, „Hashtag“ oder „Cookies“ nicht benennen kann, die alle aus dem Social-Media Bereich stammen. Wie bereits zuvor erwähnt, bezeichnet er kein einziges Konzept auf Englisch, was vor allem in dem Bereich der Medien-Konzepte auffällt. Man kann also davon ausgehen, dass er weder die englische Sprache beherrscht noch im Medien-Bereich aktiv ist. 

Aus der jüngeren Altersgruppe von Natisone habe ich zwei Frauen und zwei Männer interviewt, nämlich die Geschwister Stefano, 21 und Fanika, 23 Jahre alt. Beide sind Studenten und kommen ursprünglich aus dem Ort Petjak bzw. Ponteacco, die in der Nähe von San Pietro al Natisone liegt. Dazu kommt Katja, 23 Jahre alt, die ebenfalls Studentin ist und aus der Gemeinde Mali Grmek bzw. Grmacco stammt. Außerdem habe ich Antonio interviewt, der 40 Jahre alt ist. Er hat einen universitären Abschluss und kommt aus dem Ort Spignon/Varh, der nördlich von San Pietro al Natisone liegt. Antonio könnte man auch in eine mittlere Altersgruppe kategorisieren, jedoch lassen sich seine Antworten zu den Konzepten gut mit denen der jüngeren Personengruppe vergleichen, weswegen er dieser Altersgruppe zugeordnet werden kann. In folgendem Diagramm stellt Stefano Person 1, Fanika Person 2, Katja Person 3 und Antonio Person 4 dar. 

Diagramm - jüngere Personengruppe aus Natisone

Diagramm – jüngere Personengruppe aus Natisone

Bei dem Diagramm der Ergebnisse der jüngeren Personengruppe von Natisone, lässt sich erkennen, dass die Parameter Slowenisch, Italienisch, Englisch und Mischform vorliegen. Der Parameter Keine Angabe ist hier wie bei der jüngeren Personengruppe von Kamnik nicht zu finden, was bedeutet, dass die interviewten Personen alle Konzepte benennen konnten. Außerdem fällt auf, dass auch hier einige Konzepte auf Slowenisch bezeichnet werden. Trotzdem gibt es eine vergleichsweise hohe Anzahl an englischen Bezeichnungen. Dazu kommen bei drei Personen italienische Bezeichnungen und bei zwei Personen Mischformen dazu. Bei dieser Personengruppe kommen zwei Arten von Mischformen vor, sie bestehen nämlich zum einen aus der Kombination aus slowenischen und italienischen Begriffen und zum anderen aus slowenischen und englischen. 

Diagramm - jüngere Personengruppe aus Natisone - Ökologie

Diagramm – jüngere Personengruppe aus Natisone – Ökologie

Bei Person 1 und 2 fällt auf, dass sie im Bereich der Ökologie im Vergleich zu Person 4 und insbesondere 3, sehr viele Konzepte auf Slowenisch formuliert haben. Dabei kommen bei Person 1 drei italienische Konzeptbezeichnungen dazu, nämlich bei den Konzepten „Abwasser“, „Gewächshaus“ und „Mülltrennung“. Das Konzept Abwasser bezeichnet Person 1 als „fogna“, was auf Deutsch „Kanalisation“ oder „Abwasser“ bedeutet.

Dazu muss erwähnt werden, dass fogna kein technischer Begriff ist. Im offiziellen bzw. administrativen Rahmen würde man tendenziell den Begriff fognatura verwenden. Person 3 benennt das Konzept mit dem Plural von fogna, nämlich „fogne“. Die Bedeutung bleibt gleich. 

Dass beide Personen dieses Konzept durch denselben italienischen Begriff bezeichnen, lässt vermuten, dass er vergleichsweise stark in den Dialekt von Natisone integriert ist und er von vielen Personen verwandt wird.

Wie bereits zuvor erwähnt, benennt Person 1 auch das Konzept „Gewächshaus“ auf Italienisch, wobei es durch „serra“ realisiert wird. Hier wird das „s“ jedoch anders ausgesprochen als im „Standard“-Italienischen, nämlich mit einem stimmlosen postalveolaren Frikativ, der durch folgendes IPA-Zeichen [ʃ] dargestellt wird. (vgl.  IPA-Übersicht)

Auch Person 3 und 4 benennen das Konzept „Gewächshaus“ auf Italienisch, nämlich ebenfalls durch „serra“. Bei Person drei gleicht die Aussprache von „s“ Person 1, bei Person 4 jedoch, entspricht sie der italienischen „Standard“-Sprache.

Person 2 ist hier die Einzige, die dieses Konzept auf Slowenisch bezeichnet, nämlich durch „rastlinjak“.

Da das Konzept „Gewächshaus“ hier von drei von vier Personen auf Italienisch bezeichnet wird, kann man davon ausgehen, dass der Begriff „serra“ stark in den Natisone-Dialekt integriert ist. Es könnte daran liegen, dass es ein traditionelleres Konzept ist und deswegen stärker von der italienischen Sprache geprägt ist.

Das dritte Konzept, das Person 1 auf Italienisch bezeichnet, ist das Konzept der „Mülltrennung“. Dieses benennt er durch den Begriff „differenziata“.

Eigentlich würde man die Mülltrennung im Italienischen als raccolta differenziata dei rifiuti bezeichnen, was hier aber stark abgekürzt wird. Diese verkürzte Form wird vor allem in informellen Gesprächen oder im alltäglichen Sprachgebrauch verwandt. Wie man im Diagramm erkennen kann, benennt Person 1 insgesamt 13 Konzepte der Ökologie auf Slowenisch. Dabei lässt sich bei einigen Begriffen ein typisches Merkmal des Natisone-Dialektes wiederfinden, nämlich der Diphthong ie in bestimmten Wörtern, das im Kapitel  erwähnt wurde. Diese Person bezeichnet hier das Konzept „Biomüll“ durch „smieti“, was auf Deutsch „Müll“ bedeutet und was man im Standardslowenischen durch „smeti“ realisieren würde. 

Zum einen fällt auf, dass das Konzept „Biomüll“ hier nur durch „Müll“ bezeichnet wird, weswegen man darauf schließen könnte, dass die Unterscheidung der verschiedenen Müllsorten eine vergleichsweise untergeordnete Rolle spielt. Zum anderen fällt das typische Merkmal des Natisone-Dialektes auf, wobei bei dem Begriff „smieti“, der Diphtong ie verwandt wird. Dasselbe Phänomen lässt sich genauso bei dem Konzept „Grundwasser“ wiederfinden, das Person 1 durch „rieka ki je pod zemljo“, auf Deutch „Fluss, der unter der Erde ist“ benennt. 

Dieses Merkmal trifft hier auf den Begriff „rijeka“, auf Deutsch „Fluss“ zu, welcher im Standardslowenischen als „reka“ bezeichnet wird. Außerdem lässt sich dieses Merkmal auch bei der Bezeichnung des Konzeptes „Entwaldung“ erkennen, wobei die Person es durch „dielati drva“, auf Deutsch „Holz machen“ benennt.

Des Weiteren bezeichnet Person 1 das Konzept „E-Auto“ auf Slowenisch, nämlich durch „avto na elektriko“, was man auf Deutsch mit „Auto, das durch Strom betrieben wird“ übersetzen könnte.

Bei der Aussprache von „elektriko“ fällt auf, dass sie stark an die italienische angepasst wurde, wobei „kt“ mit „tt“ ausgesprochen wird. Der Grund dafür könnte sein, dass der Begriff „Strom“ auf Italienisch durch „elettricità“ bezeichnet wird und sich Person 1 deshalb auch im Slowenischen daran orientiert. Person 2 benennt von den Personen, die hier im Diagramm abgebildet sind, die meisten Konzepte aus der Ökologie auf Slowenisch. Nur eines benennt sie durch einen Anglizismus, nämlich das Konzept „Carsharing“.

Der Grund dafür könnte sein, dass die Person verhältnismäßig stärkeren Kontakt zu der slowenischen Sprache hat und deshalb diese bei der Benennung der Konzepte bevorzugt.

Person 3 sticht hier hervor, da sie bei der Bezeichnung der Konzepte der Ökologie die meisten Mischformen aus slowenischen und italienischen Begriffen bildet. Durch Mischformen bezeichnet sie fünf Konzepte, nämlich „Recycling“, „E-Auto“, „Pestizid“, „Mülltrennung“ und „Carsharing“. Das Konzept „Recycling“ benennt sie durch „ločitev mondizie“, was auf Deutsch so viel wie „Mülltrennung“ bedeutet.

Die Person hat hier nämlich das Recycling-Schild, das in dem Bild zu dem Konzept zu sehen ist, als Mülltrennung interpretiert. Bei ihrer Bezeichnung „ločitev mondizie“ bedeutet der slowenische Begriff ločitev Trennung und das Wort mondizie bedeutet hier Müll, existiert aber so im Italienischen nicht. Im Italienischen gibt es den Begriff immondizia bzw. immondizie im Plural, was „Müll“ oder „Abfall“ bedeutet, den Person 3 hier abgekürzt hat. Dazu muss außerdem erwähnt werden, dass „ločitev mondizie“ hier wörtlich „Trennung des Mülls“ bedeutet, wobei die Endung -e bei dem italienischen mondizie aus dem Slowenischen Genitiv übernommen wurde. Auf Italienisch würde man nämlich „(separazione) della mondizia“ sagen, was hier aber nicht der Fall ist. Man kann also feststellen, dass hier zwar ein italienisches Basislexem vorliegt, welches in der Morphologie jedoch dem slowenischen Sprachsystem entspricht, um in den slowenischen Sprachgebrauch integriert werden zu können. Dazu kommt, dass die Person das Konzept „Mülltrennung“ durch die Mischform „reciklat“, also auf Deutsch „recyceln“ bezeichnet. 

Die Mischform setzt sich aus dem italienischen reciclare und der slowenischen umgangssprachlichen Infinitivendung -at zusammen. Im Standardslowenischen bzw. in der Schriftsprache würde man reciklirati sagen bzw. schreiben; hier wird das -i aber weggelassen, was ein häufig erkennbares Phänomen in der slowenischen Umgangssprache ist. Dass das Basislexem hier italienisch ist, bestätigt auch die italienische Aussprache von „c“, in der Phonetik auch stimmloser postalveolarer Affrikat [ʧ] genannt. (vgl.  IPA-Übersicht) Des Weiteren bezeichnet Person 3 das Konzept „E-Auto“ durch die Mischform „električna macchina“, was auf Deutsch wörtlich „elektrisches Auto“ bedeutet. 

Auch Person 4 bezeichnet dieses Konzept durch dieselbe Mischform „električna macchina“.

Das Wort elektrisch wird auf Slowenisch bezeichnet und die dazugehörige Sache, also das Auto, auf Italienisch. Es fällt außerdem auf, dass bei Person 3 der Begriff macchina im Sprachgebrauch mehrfach vertreten ist. Sie beschreibt nämlich das Konzept „Carsharing“ durch „mamo samo eno macchino in jo rabimo moja sestra, mama in tata“ auf Deutsch „Wir haben nur ein Auto und es wird von meiner Schwester, Mama und Papa genutzt“.

Wie man hier erkennen kann, bezeichnet sie das Auto ebenfalls auf Italienisch als macchina. Der italienische Begriff wird jedoch auch hier an die slowenische Grammatik angepasst, indem die Endung -o verwendet wird, um den Akkusativ zu bilden. Außerdem ist interessant, dass die Person das Konzept „Carsharing“ auf eine familiäre Situation überträgt, obwohl ich zur Abfrage ein Bild gewählt habe, das einen öffentlichen Parkplatz für Carsharing-Zwecke zeigt. Der Grund dafür könnte sein, dass in der Region der Natisone-Täler diese Fortbewegungsmöglichkeit durch öffentlich zugängliche Fahrzeuge nicht existiert. Carsharing kann somit nur innerhalb der Familie oder eventuell unter Freunden praktiziert werden. Das fünfte Konzept, das Person 3 durch eine Mischform benennt, ist „Pestizid“. Dieses Konzept beschreibt sie durch „špricanje verdure in sadja“, was auf Deutsch so viel wie „Besprühen von Gemüse und Obst“ bedeutet. 

In ihrer Beschreibung benennt die Person drei Begriffe auf Slowenisch und einen auf Italienisch, nämlich verdura. Auch dieser Begriff besteht aus einem italienischen Basislexem und slowenischer Morphologie. Hier wird verdura nämlich an den slowenischen Genitiv angepasst und bekommt so die Endung -e. Es fällt außerdem auf, dass von Gemüse und Obst nur das Gemüse auf Italienisch bezeichnet wird. Da Gemüse und Obst oftmals zusammen verwandt werden, wäre es eigentlich zu erwarten, dass die beiden Begriffe auch auf derselben Sprache bezeichnet werden. Hier könnte davon ausgegangen werden, dass Person 3 die Bezeichnungen willkürlich gewählt hat und ihr in diesem Moment für Gemüse nur der italienische Begriff eingefallen ist. Wie bereits zuvor erwähnt wurde, bezeichnet Person 3 vergleichsweise viele moderne Konzepte der Ökologie durch Mischformen aus Slowenisch und Italienisch. Das Code-Switching könnte man dadurch begründen, dass die Person zu beiden Sprachen gleichmäßig starken Kontakt hat und auch beide regelmäßig verwendet. Außerdem könnte es sein, dass das Umfeld der Person ebenfalls Code-Switching verwendet und sie so in ihrem Sprachgebrauch beeinflusst. Person 4 bezeichnet neben dem Konzept „Gewächshaus“ auch die Konzepte „Biomüll“ und „Pestizid“ auf Italienisch. Das Konzept „Biomüll“ benennt er durch „staichi“, wobei ich die genaue Schreibweise und auch Bedeutung nicht ermitteln konnte.

Dazu kommt das Konzept „Pestizid“, das er auf Italienisch durch den Begriff „pesticidi“ benennt, was auf Deutsch Pestizide bedeutet.

Wie man im Diagramm der Ökologie-Konzepte erkennen kann, benennt Person 4 hier die meisten Konzepte auf Englisch, nämlich „E-Bike“ und „Carsharing“. Diese bezeichnet er durch die Anglizismen „e-bike“ und „carsharing“. 

Er ist die einzige der insgesamt elf Personen, die das Konzept „E-Bike“ auf Englisch bezeichnet. Es lässt sich entweder vermuten, dass er verhältnismäßig starken Kontakt mit der englischen Sprache hat, oder die Bezeichnung aus dem italienischen Sprachgebrauch übernommen hat, wobei das Konzept auch oftmals auf Englisch bezeichnet wird. 

Bei Person 4 fällt ebenfalls die slowenische Bezeichnung des Konzeptes „Abwasser“ auf. Dieses benennt er durch „mazana voda“, was auf Deutsch „schmutziges Wasser“ bedeutet.

Zum einen würde man im Standardslowenischen zu dem Begriff „mazana“, auf Deutsch „schmutzig“, „umazana“ sagen. Hier wird die Form abgekürzt, indem das „u“ weggelassen wird. Zum anderen sticht die Aussprache von „v“ bei dem Bestandteil „voda“, auf Deutsch „Wasser“, hervor; dabei wird „v“ nicht, wie es im Slowenischen normalerweise der Fall ist, mit dem stimmhaften labiodentalen Frikativ [v] realisiert, sondern mit dem stimmhaften labio-velaren Approximant [w]. (vgl.  IPA-Übersicht) Auch bei Person 2 fällt die Aussprache des Wortes „voda“ auf; sie bezeichnet das Konzept“ Abwasser durch „onesnažena voda“, was man auf Deutsch mit „verschmutztes Wasser“ übersetzen kann. 

Die Aussprache von „v“ entspricht hier der Aussprache von Person 4, wobei es sich ebenfalls um die Realisation mit dem stimmhaften labio-velaren Approximant [w] handelt. (vgl.  IPA-Übersicht) Dabei fällt zusätzlich die Betonung auf das letzte „a“ des Wortes „vodà“. Im Standardslowenischen würde die Betonung auf dem „o“ liegen. Genauso wird auch das Konzept „Grundwasser“ benannt, nämlich durch „voda“, also auf Deutsch „Wasser“.

Die Aussprache und Betonung gleicht der des vorherigen Konzeptes. Der Grund dafür, dass dieser Begriff von beiden Personen auf diese Art und Weise realisiert wird, könnte sein, dass er so in dem slowenischen Natisone-Dialekt etabliert ist.

Es ist außerdem anzumerken, dass Person 3 das „Konzept“ Atmosphäre auf Slowenisch durch „nebesa“ benennt. Dies lässt sich mit dem „Himmel“ im religiösen Sinne übersetzen. 

Auch Person 4 bezeichnet dieses Konzept zunächst durch „nebesa“, korrigiert sich dann aber und nennt den Begriff „atmosfera“.

Die Bezeichnungen des Konzeptes durch den Begriff „Himmel“ im religiösen Sinne, könnte man dadurch begründen, dass die Personen gläubig sind und sie deshalb das Bild aus meiner Abfrageliste mit der Religion in Verbindung bringen. Bei Person 4 könnte es deshalb eine Korrektur des ursprünglichen Begriffes gegeben haben, da diese sich daran erinnert hat, dass die abgefragten Konzepte aus dem Bereich der Ökologie stammen.

Des Weiteren sticht hervor, dass Person 2 die Konzepte „Biomüll“ und „Kompost“ mit demselben slowenischen Begriff „kompost“ bezeichnet und diese nicht voneinander unterscheidet. 

Dies könnte dadurch begründet werden, dass Konzept „Kompost“ etwas traditioneller ist als das Konzept „Biomüll“; so liegt es nahe, dass der ältere Begriff „kompost“ stärker in den Sprachgebrauch der Person integriert ist und deshalb auch für das modernere Konzept „Biomüll“ verwandt wird. 

Im Folgenden werden die Ergebnisse des Diagrammes der Medien-Konzepte analysiert.

Diagramm - jüngere Personengruppe aus Natisone - Medien

Diagramm – jüngere Personengruppe aus Natisone – Medien

Hier fällt sofort auf, dass vergleichsweise viele Konzepte aus dem Bereich der Medien auf Englisch bezeichnet werden. Des Weiteren kommen Slowenische und bei zwei Personen italienische Bezeichnungen vor; die wenigsten Konzepte werden hier durch Mischformen benannt, nämlich von Person 3 und Person 4. Person 1 bezeichnet sieben Konzepte auf Englisch und jeweils zwei auf Slowenisch und Italienisch. Auf Slowenisch benennt die Person die Konzepte „Liken“ und „Webcam“. Das Konzept „Like“ benennt er durch „da mi je všeč“, was man auf Deutsch mit „dass es mir gefällt“ übersetzen kann. 

Das Konzept „Webcam“ bezeichnet sie durch den slowenischen Begriff „telekamera“.

Die beiden Medien-Konzepte, die Person 1 auf Italienisch benennt, sind „Download“ und „Sharen“. „Download“ bezeichnet sie mit dem italienischen Wort „scaricare“ und „Sharen“ mit „inoltrare“. 

Dass beide Begriffe auf Italienisch bezeichnet wurden, könnte daran liegen, dass sie unmittelbar hintereinander abgefragt wurden. Nachdem die Person also bereits das Konzept „Download“ auf Italienisch benannt hat, liegt es nahe, dass auch das darauffolgende Konzept „Sharen“ in derselben Sprache bezeichnet wird. Was bei einigen englischen Bezeichnungen von Person 1 beobachtet werden kann, ist, dass die Aussprache der Begriffe oftmals an der italienischen orientiert ist. Dies ist beispielsweise bei den Konzepten „Hashtag“ oder „Emoji“ der Fall. Das englische Wort „hashtag“ spricht er mit stimmlosem „h“ aus, was ein typisches Phänomen der italienischen Sprache darstellt, da der Buchstabe „h“ in dem Sprachsystem nicht vorkommt. 

Dieses Phänomen findet sich bei zwei weiteren Personen aus der jüngeren Altersgruppe von Natisone wieder. Sowohl Person 2 als auch Person 4 sprechen das Konzept „Hashtag“ nämlich auf dieselbe Art und Weise aus.

Da sich diese Aussprache hier bei drei von vier Personen feststellen lässt, kann man davon ausgehen, dass es sich dabei um ein vergleichsweise weit verbreitetes Phänomen im Natisone-Dialekt handelt und einige Begriffe in der Aussprache, von der italienischen Sprache beeinflusst werden. 

Das Konzept „Emoji“ benennt Person 1 ebenfalls durch den Anglizismus „emoji“, spricht es jedoch anders aus als es im Englischen der Fall wäre. 

Die hier vorliegende Aussprache von „ji“ kann in der Phonetik als stimmhafter postalveolarer Frikativ bezeichnet werden, dessen zugehöriges IPA-Zeichen [ʒ] ist. Eine weitere Besonderheit liegt hier bei dem Konzept „Follower“ vor. Eigentlich benennt Person 1 dieses Konzept auf Englisch als „follower“, was auch oben im Diagramm erkennbar ist.

Dazu differenziert er jedoch das Verb „folgen“, welches nicht in meiner Abfrage-Liste der Konzepte vorhanden ist und deshalb auch nicht im Diagramm erfasst wird. Dieses bezeichnet er durch eine Mischform aus Slowenisch und Italienisch, nämlich „seguirati“, auf Deutsch „folgen“.

Diese Mischform setzt sich aus dem italienischen Basislexem „seguire“ und der slowenischen Infinitivendung -ati zusammen. Außerdem fällt bei der Aussprache von „s“ auf, dass er es entsprechend des Ökologie-Konzeptes „Gewächshaus“, also „serra“ realisiert. Dabei wird das „s“ auch hier mit dem stimmlosen postalveolaren Frikativ [ʃ] ausgesprochen. Wie man im oben abgebildeten Diagramm erkennen kann, bezeichnet Person 2 die meisten Medien-Konzepte durch Anglizismen. Nur zwei von den elf Konzepten benennt sie auf Slowenisch, nämlich „Webcam“ und „Sharen“. „Webcam“ wird durch „videokamera“ bezeichnet.

Auch Person 3 benennt dieses Konzept auf Slowenisch als „videokamera“, was auf Deutsch ebenfalls „Webcam“ bedeutet.

Auch Person 1 bezeichnet das Konzept auf Slowenisch, jedoch durch den Begriff „telekamera“.

Person 4 sticht dabei heraus, da sie dieses Konzept als einzige auf Englisch benennt, nämlich als „webcam“.

Durch diese Ergebnisse zu dem Konzept „Webcam“ lässt sich also feststellen, dass auch hier die slowenischen Begriffe in der Überzahl sind. Wie bereits bei der Analyse von Kamnik deutlich geworden ist, handelt es sich dabei nämlich um einen technischen Begriff, der bereits stärker im Sprachgebrauch etabliert ist. 

Das Konzept „Sharen“ bezeichnet Person 2 auf Slowenisch durch „delitev“, was auf Deutsch „das Teilen“ bedeutet. 

Hier wird das Konzept durch ein Subjekt bezeichnet, wobei man es im Standard-Slowenischen eher durch ein Verb, zum Beispiel „deliti“, auf Deutsch „folgen“, benennen würde. Neben der Person 2, die dieses Konzept auf Italienisch bezeichnet hat, benennt es Person 3 ebenfalls auf Slowenisch, nämlich durch den Ausdruck „to da deliš“, was auf Deutsch „dass man es teilt“ bedeutet. 

Person 4 bildet als Konzeptbeschreibung die Mischform „sherirat“, auf Deutsch „teilen“. 

Diese setzt sich aus dem englischen Basislexem „share“ und der slowenischen umgangssprachlichen Infinitivendung -at zusammen. Aus diesen uneinheitlichen Bezeichnungen des Konzeptes kann man schließen, dass es sich noch nicht in den alltäglichen Sprachgebrauch eingegliedert hat und es deshalb so unterschiedlich benannt wird. 

Neben der Person 1 lässt sich auch bei Person 3 eine italienische Konzeptbezeichnung wiederfinden, nämlich bei dem Konzept „Like“. Dieses wird von Person 3 durch „mi piace“, also auf Deutsch „gefällt mir“, benannt.

Dazu kommt die Benennung des Konzeptes „Post“, welches sie durch die italienisch-slowenische Mischform „so publikal“, auf Deutsch „sie haben es gepostet“, bezeichnet.

Diese Mischform ist eine Kombination aus dem italienischen Begriff „pubblicare“, den man auf Deutsch mit „posten“ bzw. „veröffentlichen“ übersetzen kann und der umgangssprachlichen slowenischen Endung der 2. Person Plural -al. In der slowenischen Standardsprache würde die Endung -ali lauten. Bei Person 3 lässt sich allgemein eine relativ starke Tendenz zum Italienischen erkennen, was bereits durch vielen Mischformen in dem Ökologie-Bereich deutlich wird. Der Grund dafür könnte sein, dass die Person grundsätzlich von stärkerem Kontakt mit der italienischen Sprache, beispielsweise durch ihr Umfeld, geprägt ist und deshalb die Konzepte mehrfach auf Italienisch oder durch Mischformen benennt. 

Als Zwischenfazit der Ergebnisse von Natisone lässt sich sagen, dass auch hier die erwartete Hauptthese grundsätzlich nicht zutrifft, da vorwiegend slowenische Konzeptbezeichnungen gegeben sind. Die Nebenthese trifft aber teils zu, da einige Konzepte von den Interviewpartner*innen auf Italienisch bezeichnet werden. Explizite friaulische Bezeichnungen können jedoch an keiner Stelle gefunden werden. Wenn man die Ergebnisse des Medien-Bereiches aus Natisone betrachtet, wird deutlich, dass die Hauptthese allein auf diesen zutrifft. Nur hier wird nämlich die Mehrheit der Konzepte auf Englisch benannt.

Zusätzlich muss erwähnt werden, dass einige der interviewten Personen mir zuvor ausdrücklich gesagt haben, dass der Natisone-Dialekt sehr alt sei und viele moderne Bezeichnungen darin nicht existieren. Außerdem wird oftmals betont, dass die Art und Weise der Bezeichnung der Konzepte nur ihre persönliche sei und man diese nicht auf alle Dialektsprecher*innen übertragen könne. Deshalb muss verdeutlicht werden, dass die zuvor analysierten Ergebnisse individuell sind und sich von Person zu Person unterscheiden. Hier wurden zwar Interviewpartner*innen aus bestimmten Regionen mit bestimmten Dialektkenntnissen ausgewählt, diese können aber nicht repräsentativ für die gesamte Personengruppe der Dialektsprecher*innen sein. Bei jeder einzelnen dieser Personen gibt es nämlich besondere Faktoren, die ihre Antworten in eine bestimmte Richtung beeinflussen. Diese Faktoren können beispielsweise sein, dass jemand aus Natisone in Slowenien arbeitet oder studiert und deshalb größtenteils von der slowenischen Sprache im Alltag umgeben ist; so können dann auch die Konzeptbezeichnungen überwiegend von der slowenischen Sprache geprägt sein. Dieses Phänomen lässt sich genauso auch auf die italienische Sprache beziehen. Des Weiteren kann man von einer unterschiedlichen Englischkompetenz der Personen ausgehen, die vor allem bei den Medien-Konzepten eine Rolle spielt. 

Sprachliche Unsicherheit

In diesem Unterkapitel ist es zusätzlich notwendig auf das Phänomen der sprachlichen Unsicherheit einiger Interviewpartner*innen einzugehen, das aus verschiedenen Faktoren resultieren kann. Diese Unsicherheit lässt sich bei mehreren Personen an den Antworten in den Audio-Dateien erkennen. Meist wird sie beispielsweise durch Phänomene des Zögerns oder durch zusätzliche Kommentare und Beschreibungsversuche deutlich. Diese Unsicherheit kann durch verschiedene Faktoren hervorgerufen werden. Zum einen kann es sein, dass eine Person der Sprache bzw. dem Dialekt nicht vollkommen mächtig ist. Zum anderen kann es aber auch daran liegen, dass die jeweilige Person mit den Themenbereichen des Interviews, also Ökologie und Medien, nicht wirklich vertraut ist. 

Im Zusammenhang mit der sprachlichen Unsicherheit ist es zu erwähnen, dass es Konzepte gibt, die von meinen Interviewpartner*innen nicht auf Anhieb erkannt wurden. Oftmals war dies bei abstrakteren Konzepten, wie zum Beispiel „Energie“, „Atmosphäre“, „Carsharing“ oder „Klimawandel“ der Fall. Außerdem wurden teils vollkommen andere Begriffe genannt, die keine Verbindung zu dem bestimmten Konzept hatten, wobei ich den Personen Tipps bzw. Hinweise gegeben habe, durch die sie meist in die richtige Richtung gelenkt wurden. Dabei habe ich darauf geachtet, die Personen nicht zu beeinflussen, was letztlich gut funktioniert hat. Die einzige Auffälligkeit bei nicht sofort erkannten Konzepten ist, dass bei den Personen oftmals sprachliche Unsicherheit erkannt werden konnte. Durch diese kam es beispielsweise zu Phänomenen des Zögerns oder zu ausführlicheren Beschreibungen der Bilder. Überdies lassen sich keine weiteren Unterschiede in den Bezeichnungen zu den unmittelbar erkannten Konzepten feststellen.

4.3. Vergleich und Interpretation der Ergebnisse

Bei dem Vergleich der Ergebnisse aus Kamnik mit denen aus Natisone, empfiehlt es sich zunächst die Ergebnisse derselben Altersgruppen zu vergleichen und zu interpretieren. Darüber hinaus werden die Antworten der älteren und der jüngeren Personengruppe gegenübergestellt und miteinander verglichen.

Durch den Vergleich der Ergebnisse der älteren Personengruppe aus Kamnik mit derselben Altersgruppe aus Natisone wird grundsätzlich deutlich, dass sich die Ergebnisse in einigen Punkten entsprechen. Im Bereich der Ökologie-Konzepte werden die meisten Konzepte erkannt und auf Slowenisch benannt. In dem Diagramm von Kamnik wird deutlich, dass nur ein Konzept durch eine Mischform benannt wird; bei den Ergebnissen von Natisone kommt es außerdem vor, dass Konzepte auf Italienisch und durch eine Mischform bezeichnet werden. Durch die wenigen Konzepte, die hier nicht benannt werden können, wird deutlich, dass die Konzepte aus dem Bereich der Ökologie bereits einen festen Bestandteil des allgemeinen Wortschatzes darstellen. Dies kann man beispielsweise anhand der Konzepte aus der Abfallwirtschaft erläutern, die durch den Staat und die Kommunen eingeführt wurden und auf diese Weise in den alltäglichen Sprachgebrauch gelangt sind. Bei beiden Personengruppen fällt außerdem auf, dass die Englischkompetenz vergleichsweise gering ausfällt, was durch die insgesamt wenigen englischen Bezeichnungen der Konzepte deutlich wird. Des Weiteren fehlen oftmals Kenntnisse über die Konzepte des Medienbereiches, wobei die Personen der älteren Gruppe einige Konzepte überhaupt nicht benennen können. Die Konzepte, die jedoch benannt werden können, sind des Öfteren technischer Natur und somit bereits in den Sprachgebrauch integriert. Vor allem abstraktere Konzepte aus dem Bereich Social Media, können in dieser Altersgruppe meist nicht bezeichnet werden, da diese oftmals keinerlei Berührungspunkte mit der Thematik hat. 

Bei dem Vergleich der jüngeren Personengruppe aus Kamnik mit der aus Natisone fällt auf, dass auch diese Ergebnisse Parallelen aufweisen. Zum einen wird durch die Diagramme deutlich, dass sowohl die interviewten Personen aus Kamnik als auch die aus Natisone alle hier abgefragten modernen Konzepte benennen konnten. Des Weiteren fällt auf, dass die Englischkompetenz innerhalb der jüngeren Personengruppe vergleichsweise hoch ist; zwar gibt es von Person zu Person Unterschiede, jedoch kann man aus den Ergebnissen schließen, dass jede Person der englischen Sprache grundsätzlich mächtig ist. In dem Bereich der Ökologie lässt sich beobachten, dass die meisten Konzepte in Kamnik auf Slowenisch und in Natisone auf Slowenisch, Italienisch und durch Mischformen bezeichnet werden. Nur vereinzelt werden hier Ökologie-Konzepte auf Englisch benannt. Bei den Ergebnissen des Medien-Bereiches lässt sich jedoch feststellen, dass grundsätzlich mehr Konzepte auf Englisch bezeichnet werden. Trotzdem gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Ergebnissen aus Kamnik und denen aus Natisone. Bei den Ergebnissen aus Kamnik sticht hervor, dass entgegen meiner Erwartung trotzdem einige Konzepte auf Slowenisch bezeichnet wurden. Dazu kommen teilweise englische Bezeichnungen als auch Mischformen. Dass im Dialekt von Kamnik einige Konzepte aus den Medien auf Slowenisch bezeichnet wurden, könnte daran liegen, dass in Slowenien bereits einige äquivalente Begriffe für Medien-Konzepte eingeführt wurden. Diese sind oftmals direkt aus dem Englischen in das Slowenische übersetzt worden und haben sich mit der Zeit im Sprachgebrauch etabliert. Die Ergebnisse von Natisone unterscheiden sich davon signifikant, da der Großteil der Medien-Konzepte auf Englisch bezeichnet wurde; wie bereits erwähnt ist der Medien-Bereich von Natisone der einzige, auf den meine These zutrifft. Vereinzelt kommen dabei Konzepte hinzu, die auf Slowenisch, Italienisch oder durch Mischformen benannt werden. Dass von der jüngeren Personengruppe aus Natisone eine so hohe Anzahl an Medien-Konzepten auf Englisch benannt wurde, könnte verschiedene Gründe haben. Eine Begründung dafür könnte sein, dass man durch englische Bezeichnungen auch Personen aus seinem Umfeld erreichen kann, die nur Italienisch sprechen bzw. verstehen können. Außerdem liegt es nahe, dass diese Konzepte hauptsächlich unter Freunden verwandt werden, insbesondere wenn diese möglicherweise nur die italienische Sprache beherrschen, während sie innerhalb der Familie seltener gebraucht werden. Durch die englischen Bezeichnungen könnten die Personen so die Kommunikation zu einigen Menschen erleichtern. Ein weiterer Grund dafür könnte sein, dass der Einfluss des Italienischen auf die Medien-Konzepte um einiges stärker ist als der des Slowenischen. Im Italienischen werden die meisten Medien-Konzepte nämlich auf Englisch benannt, was sich also auch auf die Sprecher des Natisone-Dialektes und deren Bezeichnungen ausgewirkt haben könnte. Des Weiteren könnte die englische Sprache als prestigereicher angesehen werden, weshalb die jüngere Personengruppe eher zu englischen Konzeptbezeichnungen greift. 

Insgesamt fällt auf, dass sowohl in Kamnik als auch in Natisone die vorkommenden Mischformen meist aus der Kombination eines fremdsprachlichen Basislexems (hier meist englisch oder italienisch) und slowenischer Morphologie bestehen. Aus diesem Grund können die Formen besser in den slowenischen Sprachgebrauch bzw. in den Gebrauch des Dialektes von Natisone, aufgenommen werden. 

Letztlich ist es ebenfalls notwendig, die Ergebnisse der älteren und jüngeren Personengruppe der beiden Orte gegenüberzustellen. Dabei wird deutlich, dass es ähnliche Tendenzen gibt. Sowohl in Kamnik als auch in Natisone können nämlich die älteren Personen die meisten Ökologie-Konzepte benennen. Sobald man den Medien-Bereich betrachtet, wird jedoch klar, dass die Personen der älteren Gruppe die englischen Sprache kaum bis überhaupt nicht beherrschen. Außerdem sind sie mit dem Großteil der Medien-Konzepte nicht vertraut, was sich durch ihr höheres Alter begründen lässt. Die jüngeren Personen der beiden Orte hingegen, sind mit allen modernen Konzepten vertraut. Außerdem lassen sich im Gegensatz zu den älteren Personen, insbesondere im Medien-Bereich, einige englische Bezeichnungen wiederfinden. Begründen lässt sich dies durch die hohe Aktivität der jungen Personengruppe im Bereich der sozialen Medien.

5. Fazit und Ausblick

Anschließend an die Analyse und Interpretation der Ergebnisse der insgesamt elf Interviewpartner*innen aus den beiden Orten Kamnik und Natisone, wird nun ein Gesamtfazit gezogen.

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass meine Hauptthese, bei der erwartet wird, dass die meisten modernen Konzepte aus Ökologie und Medien auf Englisch bezeichnet werden, nicht eintrifft. Die Nebenthese, die sich auf den Dialekt von Kamnik bezieht, trifft also auch nicht zu; darin wurde nämlich erwartet, dass neben den vielen englischen Konzepten auch slowenische vorkommen. Durch die Analyse der Ergebnisse wird jedoch klar, dass der Großteil der modernen Konzepte auf Slowenisch benannt wird. Die zweite Nebenthese, die sich auf den Natisone-Dialekt bezieht, trifft teils ein; durch die Untersuchung der Ergebnisse stellt sich nämlich heraus, dass sich dabei auch italienische Bezeichnungen wiederfinden lassen. Friaulische Bezeichnungen können, entgegen meiner Erwartung, jedoch nicht ermittelt werden. Als Schlussfolgerung kann also gezogen werden, dass der Großteil der modernen Konzepte in den beiden Dialekten auf Slowenisch bezeichnet wird. Außerdem kommen zusätzlich, wie bereits erwähnt, auch englische und italienische Begriffe mit Mischformen vor. Letztlich kann man davon ausgehen, dass die so hohe Relevanz der Begriffe aus den Bereichen Ökologie und Medien dazu beigetragen hat, einige davon aus der englischen in die slowenische Sprache und dessen Dialekte zu übersetzen und in den Sprachgebrauch zu integrieren. Durch Projekte wie VerbaAlpina, wird dazu beigetragen, genau solche Merkmale und aktuelle Sprachphänomene verschiedener Varietäten festzuhalten. Da die Sprachen und dessen Varietäten durch verschiedene Faktoren, wie zum Beispiel den Medien, ständig im Wandel sind, ist es von großer Bedeutung, diese zu dokumentieren und zu analysieren. Durch die Dokumentationen ist es außerdem möglich, die Entwicklung der Sprachen und Dialekte zu verstehen, um weitere Forschung in diesem Bereich betreiben zu können.

Das Ziel meiner Arbeit war es, die Forschungslücke im Bereich der modernen Konzeptbezeichnungen in slowenischen Dialekten zu schließen und damit einen wertvollen Beitrag zu dem Projekt VerbaAlpina zu leisten; dieses Ziel habe ich für die Dialekte aus Kamnik und Natisone erreicht. In Zukunft könnte man jedoch anstreben, diese Lücke auch für weitere slowenische Dialekte zu schließen. Als Ausblick für zukünftige Forschung im Zusammenhang mit dieser Thematik lässt sich anmerken, dass es einige Ansätze gibt, auf die man genauer eingehen könnte. So könnte man beispielsweise weitere slowenische Dialekte, die ebenfalls über die Grenze Sloweniens hinausgehen, untersuchen; dazu zählen slowenische Dialekte in den benachbarten Ländern Österreich, Ungarn und Kroatien. Dabei wäre es interessant, auch diese in Bezug auf moderne Konzepte zu untersuchen und letztlich miteinander zu vergleichen. Des Weiteren könnten diese Untersuchungen mit einer höheren Anzahl von Personen umgesetzt werden, wodurch es möglich wäre, aussagekräftigere Ergebnisse zu generieren. 

Insgesamt bieten die Ergebnisse meiner Untersuchung bedeutende Einblicke in den Sprachgebrauch der Dialekte von Kamnik und Natisone und verdeutlichen die Komplexität und Vielfalt dieser Varietäten. Des Weiteren trägt diese Arbeit dazu bei, die Merkmale dieser beiden Dialekte, im Rahmen von VerbaAlpina zu dokumentieren und zu bewahren.

6. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Schema zur Verdeutlichung des Abstandsgrades verschiedener Sprachen bzw. Dialekte nach Heinz Kloss. Absatz 5. Quelle: Kloss, Heinz (1976): Abstandsprachen und Ausbausprachen, in: Joachim Göschel, Norbert Nail,Gaston van der Elst (eds.), Zur Theorie des Dialekts: Aufsätze aus 100 Jahren Forschung. Zeitschrift fur Dialektologie and Linguistik, Beihefte, n.F., Heft 16 , Wiesbaden, F. Steiner, 301–322.

Abbildung 2: Schema zur Darstellung des Ausbaus nach Kloss – farblich modifiziert (E.J.). Absatz 12. Quelle: Kloss, Heinz (1976): Abstandsprachen und Ausbausprachen, in: Joachim Göschel, Norbert Nail,Gaston van der Elst (eds.), Zur Theorie des Dialekts: Aufsätze aus 100 Jahren Forschung. Zeitschrift fur Dialektologie and Linguistik, Beihefte, n.F., Heft 16 , Wiesbaden, F. Steiner, 301–322.

Abbildung 3: Gemeinden in Friaul-Julisch Venetien mit slowenischer Bevölkerung. Absatz 33. Quelle:  Monai, Liliana Spinozzi (2015): 6.1. Sloveno in: Manuale di linguistica friulana, Berlin, München, Boston, De Gruyter, 245-273, ISBN: 978-3-11-031077-1 (Link).

Abbildung 4: Karte slowenischer Dialekte. Absatz 38. Quelle: https://fran.si/204/sla-slovenski-lingvisticni-atlas/datoteke/SLA_Karta-narecij.pdf .

Abbildung 5: Die drei Projektphasen von VerbaAlpina. Absatz 57. Quelle: VerbaAlpina – Home.

Abbildung 6: Diagramm – ältere Personengruppe aus Kamnik. Absatz 76. (Quelle: selbst erstellt).

Abbildung 7: Diagramm – ältere Personengruppe aus Kamnik – Ökologie. Absatz 80. (Quelle: selbst erstellt).

Abbildung 8: Diagramm – ältere Personengruppe aus Kamnik – Medien. Absatz 85. (Quelle: selbst erstellt).

Abbildung 9: Diagramm – jüngere Personengruppe aus Kamnik. Absatz 98. (Quelle: selbst erstellt).

Abbildung 10: Diagramm – jüngere Personengruppe aus Kamnik – Ökologie. Absatz 101. (Quelle: selbst erstellt).

Abbildung 11: Diagramm – jüngere Personengruppe aus Kamnik – Medien. Absatz 123. (Quelle: selbst erstellt).

Abbildung 12: Diagramm – ältere Personengruppe aus Natisone. Absatz 166. (Quelle: selbst erstellt).

Abbildung 13: Diagramm – ältere Personengruppe aus Natisone – Ökologie. Absatz 169. (Quelle: selbst erstellt).

Abbildung 14: Diagramm – ältere Personengruppe aus Natisone – Medien. Absatz 177. (Quelle: selbst erstellt).

Abbildung 15: Diagramm – jüngere Personengruppe aus Natisone. Absatz 184. (Quelle: selbst erstellt).

Abbildung 16: Diagramm – jüngere Personengruppe aus Natisone – Ökologie. Absatz 186. (Quelle: selbst erstellt).

Abbildung 17: Diagramm – jüngere Personengruppe aus Natisone – Medien. Absatz 250. (Quelle: selbst erstellt).

7. Anhang

Unterlage für die Konzeptabfrage

Vorlage – Konzepte mit meinen Bezeichnungen

Transkription und Übersetzung-Interviews

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