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1. Einleitung




Spanien und Italien – zwei aktuell voneinander unabhängige Staaten im europäischen Mittelmeerraum, die für viele Menschen Ähnliches bedeuten: Sonne, kulturelle und kulinarische Vielfalt, Fußball und ein entspannter Lebensstil. Doch die Verbindung der beiden Länder reicht noch weit über diese Gemeinsamkeiten hinaus, wenn man deren historische Vergangenheit betrachtet. Am Ende des Mittelalters liegen die Anfänge einer jahrhundertelangen Abhängigkeit Italiens von der iberischen Halbinsel. Ende des 13. Jh. begann die Krone Aragoniens erste Versuche zur Eroberung italienischer Territorien. Im Lauf der Zeit konnte sie viele Gebiete – die sog. Italia Spagnola – in ihre Gewalt bringen und so zu der Macht schlechthin im mediterranen Raum heranwachsen. Folglich wurden viele Bereiche des Lebens auf der Apenninhalbinsel von den Spaniern beeinflusst. Darunter fallen neben der Politik auch die Kultur, die Sprache sowie die Bevölkerung als solche, da immer mehr Menschen aus Spanien einwanderten. Die Völker vermischten sich und es entstanden Verbindungen, welche noch heute – hunderte von Jahren nach dem dominio español en Italia – merklich wahrnehmbar sind. Zahlreiche Monumente oder Straßennamen zeugen von der starken Präsenz der Spanier in Italien zwischen dem 15. und 18. Jh. und einzelne Regionen der Italia Spagnola weisen nach wie vor Spuren der katalanischen bzw. kastilischen Sprache auf. Doch auch auf gesellschaftlicher Ebene spiegeln sich das damalige Herrschaftsverhältnis und seine Folgen wider. So kommen unter der Bevölkerung Italiens oftmals spanische Familiennamen vor. Hier stellt sich die Frage, ob diese ebenfalls Relikte der historischen Verbindung der Länder darstellen oder lediglich durch spätere Einwanderungsprozesse importiert wurden.
Die Onomastik, bzw. ihre Unterkategorie der Anthroponomastik, beschäftigt sich mit genau solchen Fragen, welche die Kategorien der Personen- und Familiennamen erforschen. Wenn diese in einem bestimmten Gebiet, in einer Stadt, einem Land oder einem Kontinent auf ihre Distribution hin untersucht werden, spricht man von Namengeographie. Diese Teildisziplin der Onomastik gilt als sehr junge Forschungsdisziplin, die jedoch viel Potential birgt.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde eine Analyse durchgeführt, welche die Verteilung kastilischer und katalanischer Familiennamen in Italien durch Anwendung kartographischer Darstellungen, die in Namensdatenbanken abrufbar sind, untersucht. Ziel der Arbeit ist die Beantwortung der Frage, ob diese Namen noch heute in den Gebieten der ehemaligen Italia Spagnola präsent sind. Darüber hinaus gilt es jedoch im Besonderen zu klären, ob sich Namensdatenbanken, welche die geographische Verteilung von Familiennamen anzeigen, für derartige Forschungszwecke eignen.

Das erste Kapitel soll Aufschluss über das historische Konzept der Italia Spagnola, deren Definition sowie den zeitlichen und territorialen Rahmen geben. Außerdem wird die Periode nach dem Ende der spanischen Herrschaft in den betreffenden Gebieten, nachdem Italien zum unabhängigen, einheitlichen Staat geworden war, im Hinblick auf die aktuelle Verbindung der beiden Länder in einer kurzen Übersicht beleuchtet. Anschließend sollen die Folgen der historischen Herrschaftsverhältnisse auf wirtschaftlicher, politischer, kultureller und gesellschaftlicher Ebene aufgezeigt werden. In diesem Zusammenhang wird zudem auf die Binnenmigration in Italien eingegangen, um später deren Einfluss auf die aktuelle Distribution der spanischen Familiennamen darzustellen. Es folgt ein Kapitel zur historischen Namenforschung, in welchem Definitionen zu den Grundbegriffen der Onomastik mit ihren Untergliederungen enthalten sind, die Grundlagen zur Konsolidierung der Namensgebungssysteme erläutert werden und ein Überblick über aktuelle Forschungstätigkeiten in dieser Wissenschaft gegeben wird. Dem folgt eine Darstellung des aktuellen Namensgebungssystems in Spanien, welche die unterschiedlichen Typen und die Bildung der Familiennamen beleuchtet. Ein nächster Abschnitt beschäftigt sich schließlich mit der Analyse zur Arealdistribution kastilischer und katalanischer Familiennamen in Italien und ihrer historischen Deutung. Dafür wird zunächst der Forschungsstand der behandelten Thematik skizziert. Aufgrund des rasanten technischen Fortschritts, haben sich hier besonders in den letzten Jahrzehnten neue Möglichkeiten zur Untersuchung derartiger Fragestellungen aufgetan. Es soll aber auch auf künftige Potentiale der Namengeographie und im Zuge dessen, auf das Feld der Digital Humanities eingegangen werden. Dem folgen die Vorstellung der zur Analyse verwendeten Namensdatenbank GENS sowie die Darlegung der Vorgehensweise und verwendeter Methode mit ihren Stärken und Schwächen. Nachdem schließlich die quantitativen Ergebnisse der Distribution spanischer Familiennamen in Italien dargestellt worden sind, werden diese im Hinblick auf die historische Verbindung Spaniens und Italiens im Rahmen der Italia Spagnola gedeutet und interpretiert. Des Weiteren wird die Tauglichkeit der Methode für und der Einfluss von Störvariablen geprüft. So sollen die Fragestellungen, ob die kastilischen und katalanischen Familiennamen sich noch heute in den früher spanisch dominierten Regionen der Italia Spagnola befinden, und ob Namensdatenbanken wie GENS zur Untersuchung einer derartigen Thematik beitragen können, beantwortet und ein Ausblick für zukünftige Forschungstätigkeiten gegeben werden.

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