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2.2 Italien und Spanien seit der Unità bis ins 21. Jahrhundert




Italien war zunächst in viele kleinere Verwaltungsbezirke aufgeteilt. Der Wiener Kongress 1814 beschloss die Restauration des politischen Systems Italiens mit dieser Unterteilung, jedoch mit erneuter Abhängigkeit von den herrschenden Mächten (Savoyen, Österreich etc.). Angeregt durch die Französische Revolution begannen die Aufstände und der Unmut gegenüber dem alten System auch in Italien. Die einzelnen Gebiete definierten sich mehr und mehr durch ihre wirtschaftlichen Charakteristiken: der Norden mit reichen Städten und einer florierenden Industrie, der Süden durch sein angenehmes Klima als Voraussetzung für ein glückliches Leben ohne Sorgen. Ein gemeinsamer Wunsch nach Freiheit und Einheit erhob sich im italienischen Volk sowie das Vorhaben, das Reich neu aufzubauen (vgl. Estévez Fernández 1964: 198 f.). „La idea de nacionalidad que había despertado Bonaparte en los espíritus, volvió en este momento [de la revolución de 1789] con el deseo de que en adelante no serían españoles, austriacos, ni franceses sino italianos” (ebd.: 199). So wurde eine italienische Verfassung erstellt, welche der Papst 1848 unterzeichnete. Nach einigen Tumulten und Aufständen, dem Ersetzen der Schweizer Garde durch eine Zivilgarde und den Freiheitskämpfen Garibaldis, kam es 1859 zur „expedición de los mil“ (ebd.: 203), einer Gruppe von Freiwilligen, die einen Aufstand auf Sizilien startete. Am 12. Februar 1861 erlangte sie den Sieg und schon am 17. März ernannte das Parlament von Turin König Vittorio Emanuele II zum König von Italien (vgl. Metzeltin 1988: 362; vgl. Estévez Fernández 1964: 199-203). Damit einher ging auch die Durchsetzung des Toskanischen als italienischer Nationalsprache (vgl. Metzeltin 1988: 363). Österreich musste schließlich 1866 Venezien abgeben, Rom wurde 1870 komplett von der französischen Besatzung befreit und ist seitdem die Hauptstadt Italiens.
Nun galt es, ein starkes italienisches Reich aufzubauen, das sich im internationalen Kontext zu behaupten wusste. Spanien wurde bezüglich seiner Macht in Europa unbedeutender und wollte Beziehungen mit den mächtigeren Ländern aufrecht erhalten bzw. neu aufbauen. Letzteres war v. a. bezüglich des neuen italienischen Staates gewünscht, um einen Versuch in Richtung Modernisierung und Industrialisierung zu unternehmen. Spanien wollte somit – wie Italien – wieder Kraft schöpfen, um seine einstige Stellung im politischen Netz Europas zurück zu erlangen. Der diplomatische Austausch zwischen den beiden Ländern wurde jedoch vorerst gebremst, da von Seiten Italiens kein wirkliches Interesse an einem solchen bestand (vgl. Tomasoni 2011: 1-5). Spanien blieb weiterhin im Hinterhof der herrschenden Mächte Europas. 1913 wurde schließlich das Spanisch-Italienische Komitee in Rom gegründet, welchem 1914 der „Trattato di Commercio e Navigazione“ (ebd.: 12) folgte und die Beziehungen der Länder maßgeblich zum Positiven beeinflusste (vgl. ebd.: 6-12).
Ein Artikel der italienischen Zeitung LA STAMPA (2012) beschreibt das heutige Verhältnis der beiden Mittelmeerstatten wie folgt: „Italia e Spagna, due sorelle ma non gemelle“ (Juliana 2012). Der Autor bezeichnet deren Verhältnis als Ambivalenz zwischen Anziehung und Ablehnung. So gilt Spanien mittlerweile als ein Land, welches durch seine Sprache als eine der Weltsprachen neben Europa auch im Großteil Lateinamerikas heraussticht, während die italienische Sprache sich auf die Apenninhalbinsel sowie Teile von Argentinien beschränkt und das Land v. a. durch die Modeindustrie in der Weltwirtschaft vertreten ist. Der italienische Norden steht in einer ökonomisch erfolgreichen Position, Spanien hingegen leidet im ganzen Land unter der Wirtschaftskrise, wobei die hohe Arbeitslosigkeit beide Länder betrifft (vgl. ebd.). Gatto (2011) definiert das Problem Italiens und Spaniens bezüglich der Wirtschaftskrise so, dass beide noch so stark an ihrem Nationalitätssinn festhalten, sich aber im Alleingang keinen Platz in der globalen Wirtschaft sichern können (vgl. Gatto 2011).

Neben der aktuellen Verbindung der beiden Mittelmeerstaaten spielt jedoch besonders deren in 2.1 beschriebene historische Verknüpfung – geprägt durch die jahrelange Herrschaft Spaniens über die italienischen Territorien – eine entscheidende Rolle für die Einflüsse des spanischen auf das italienische Reich. Diese sollen im nachstehenden Punkt aus wirtschaftlicher, kultureller, sprachlicher und gesellschaftlicher Perspektive beleuchtet werden.

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