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2.3 Die Folgen der spanischen Herrschaft für Italien




Neben den politischen Einflüssen, die das Spanische Reich auf Italien hatte, wurde letzteres auch in vielen anderen Bereichen des Lebens von der Kultur seiner Unterwerfer durchdrungen. Zu den damaligen Auswirkungen auf die italienische Wirtschaft zur Zeit der Italia Spagnola soll lediglich allgemein gesagt werden, dass die von den Spaniern besetzten Gebiete in Italien zu dieser Zeit die reichsten des Landes waren (vgl. Estévez Fernández 1964: 153), wobei die einst blühende Wirtschaft des antiken Italien zugleich zerstört wurde (vgl. Croce 1917: 241 ff.).
Zudem kann eine deutliche kulturelle Vermischung der beiden Gebiete festgestellt werden. Italien gilt seit jeher als Land der Natur und der Kunst (vgl. Estévez Fernández 1964: 7). Doch bereits zu Beginn des dominio espanol fand ein Austausch der Kulturen statt. In Neapel und Sizilien trugen die Straßen spanische Namen und in Rom befindet sich die wohl deutlichste Spur spanischer Kultur in Italien: Die prunkvolle Piazza di Spagna (vgl. ebd.: 92 f.). Die Katalanen hatten zudem großen Einfluss auf Bauwerke in Sizilien, dem ersten Gebiet, auf welches sie Fuß setzten (vgl. Croce 1917: 21). Zudem fand die spanische Poesie Einzug in Italien (vgl. ebd.: 63). Auf der anderen Seite war es Alfons von Aragonien, der den Spaniern den italienischen Humanismus und deren Kultur näherbrachte und so die frühere Ignoranz demgegenüber überwand (vgl. ebd.: 33). Die damaligen Kontaktgebiete der due culture stellten v. a. der Norden Neapels als Sitz des Vizekönigs, aber auch Rom als Sitz der katholischen Kirche dar. Auch in Venedig, dem Zentrum des Buchdrucks, fand kultureller Kontakt mit dem Spanischen statt (vgl. Gruber 2013: 281 ff.). Umgekehrt hielt diese Integration auch am Hof von Madrid Einzug. Als Machtzentrum des spanischen Königs sollte die Stadt die Nationen, die dem Reich unterlagen, widerspiegeln und „non doveva significare perciò vivere in Castiglia, ma sentirsi in Sicilia, Catalogna, Portagallo e così via“ (Rivero 2009: 8) und kann deshalb u.a. als „piccola Italia“ (ebd.: 4) bezeichnet werden.
Auch die spanische Sprache, die zur Zeit der Italia Spagnola nach Italien „importiert“ worden ist und bis heute deutliche Spuren hinterlassen hat, stellt einen weiteren wichtigen Aspekt dar. Da in Italien vor der Vereinigung viele verschiedene Minderheitensprachen koexistierten bzw. es noch keine offiziell festgelegte Standardvarietät gab, war es möglich, dass das Spanische die existierenden italienischen Formen beeinflussen konnte. So wurde an den Höfen der Vizekönige kastilisch bzw. katalanisch gesprochen. In Neapel z. B. galt dies zumeist auch für die spanischen Soldaten und die Bürger, die in spanischen Vierteln der Stadt lebten (vgl. Krefeld 2013: 2-6). Da von Seiten der Politik kein Interesse daran bestand, eine Sprache als Verwaltungs-, Literatur- bzw. Standardsprache festzulegen, sondern die unterschiedlichen Varietäten zu erhalten, konnten sich das Katalanische und später das Kastilische neben diesen behaupten und z. T. bis zur heutigen Zeit erhalten (vgl. ebd.: 8). Besonders ist hier die Insel Sardinien hervorzuheben. Hier existierte (und existiert noch heute) das Nebeneinander mehrerer Sprachen, die im Leben, der Literatur und der Verwaltung in Gebrauch waren bzw. sind: Italienisch, Sardisch und Katalanisch.  Durch den Handel mit Norditalien oder sardische Studenten auf dem Festland, fand das Italienische Einzug, wurde und wird v. a. für literarische- bzw. offizielle Gesetztestexte verwendet. Die Form verdrängte das Sardische zu großen Teilen und ist heute die am meisten verbreitete auf der Insel. Das Katalanische verbreitete sich seit Anfang des 13. Jh. mit der Eroberung durch das Königreich Aragonien auf der gesamten Insel und in allen Bereichen des Lebens (Verwaltung, Literatur, Kunst etc.). V. a. die Hauptstadt Cagliari und Alghero im Nordwesten waren Ziele iberischer Immigration (vgl. Cadeddu 2013: 14-20). Ab Mitte des 16. Jh. kam der Gebrauch des Kastilischen auf Sardinien auf und wurde neben der Literatur und der Musik v. a. auch im religiösen Bereich und in der Lehre eingesetzt. Jedoch blieb das catalán die vorherrschende Verwaltungssprache (vgl. ebd.: 20 ff.).
Auf Sizilien ist besonders die Verwendung des Kastilischen zu nennen. Es wurde zu einer Form, die als eine Art Gegengewicht zum sich allmählich durchsetzenden Toskanisch, ein hohes Prestige erlangte (vgl.: Sardo 2013: 52 f.). Auch im Königreich Neapel herrschte von Beginn der aragonesischen Herrschaft an ein starker Plurilinguismus vor, welcher neben Latein und dem aufkommenden Toskanisch auch das Katalanische als angesehene Sprache der Politik sowie das Kastilische als Sprache des Hofes beinhaltete (vgl. De Blasi 2012: 45 f.).
Doch die spanischen Dialekte erreichten mit den Jahren auch den Rest Italiens (vgl. Croce 1917: 22 f.), der über so viele Jahre Schauplatz von Kämpfen und Eroberungen der iberischen Macht gewesen war. So galt v. a. das Kastilische auf der einen Seite an den Höfen und in der Verwaltung als angesehene, kultivierte Sprache, auf der anderen als minderwertig gegenüber dem Toskanischen. Auch das italienische Volk beschwerte sich zunehmend über den Sprachenmix, welcher in der Literatur auch durch lexikalische und grammatikalische Fehler hervorstach (vgl. Gruber 2013: 289 ff.). Dieser Plurilinguismus, die Existenz mehrerer im öffentlichen Leben und der Literatur gebrauchten Sprachen in einer Gesellschaft, wurde zur damaligen Zeit jedoch von den Machthabern und Politikern respektiert und ist ein wichtiges Charakteristikum für die Periode der Italia Spagnola (vgl. Krefeld 2013: 9).
Und wie wird eine Sprache nun von einem Ort an den anderen importiert? Durch die Sprecher bzw. die Menschen, die im Laufe der Zeit von Spanien nach Italien gekommen sind – sei es dauerhaft oder nur auf der Durchreise. Nachdem die Gebiete Italiens vom spanischen Militär erobert worden waren, folgte meist eine Immigrationswelle von Händlern oder Bürgern im Allgemeinen. Bereits nach der Besetzung Siziliens kann eine starke Einwanderung aragonesischer Familien festgestellt werden, die auch im politischen Bereich Einfluss übten (vgl. Croce 1917: 20 ff.). Später kamen mit König Alfons von Aragonien viele Spanier nach Neapel; es formte sich eine katalanische Gemeinschaft (vgl. Venetz, 2013: 181). Diese integrierten sich rasch in die lokale Gesellschaft, gingen familiäre Verbindungen mit Italienern ein und wurden so selbst zu Neapolitanern. Es fand eine Art „nazionalizzazione degli aragonesi di Napoli“ (Croce 1917: 57) statt. Die „Eindringlinge“ kamen schließlich auch nach Rom, v. a. als der Papst-Stuhl von dem Spanier Alfonso Borja besetzt wurde und dieser viele seiner Verwandten als Kardinäle einsetzte. Dem folgten katalanische und valenzianische Immigranten, was schließlich durch die Heirat aragonesischer Prinzen und Prinzessinnen im Fürstentum Mailand zu einer Ausbreitung der spanischen Bevölkerung auf der gesamten Apenninhalbinsel führte (vgl. Croce 1917: 84). Da den spanischen Königen viele Adelsfamilien folgten, bildete sich bald eine breite spanische Oberschicht heraus (vgl. ebd.: 122 f.). Besonders in Neapel siedelte sich der „fiore della gente di Spagna“ (ebd.: 217) an und beherbergte neben den Soldaten und dem Adel auch berühmte Künstler der iberischen Halbinsel (vgl. ebd.). Demgegenüber bezeichnet Spagnoletti diese Migrationsbewegungen als ein „fluire di funzionari, militari e operatori economici che a volte restavano, connotando con la propria presenza particolari settori del tessuto urbano […] ma più spesso tornavano in patria” (Spagnoletti 2009: 20). Natürlich konnte auch eine gewisse Adels-Wanderung von Italien nach Spanien für administrative- oder Studienzwecke festgestellt werden (vgl. Sardo 2013: 55). Aktuell (Stand 2013) leben ca. 17.021 spanische Staatsbürger in Italien, was einen Anteil von nur 0,39 % an der Gesamtbevölkerung ausmacht (vgl. tuttitalia.it).

Gerade die Migrationsbewegungen von der iberischen Halbinsel nach Italien zur Zeit der Italia Spagnola sind es, welche die spanischen FN in das Belpaese brachten. Familien zwischen Spaniern und Italienern wurden gegründet und diese Spuren sind noch heute deutlich, wenn man die Verbreitung spanischer FN in Italien betrachtet. Diese wird aber auch durch die internen Wanderungen beeinflusst, welche im Folgenden dargestellt werden sollen.

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