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4.5 Bewertung der Methode und Störfaktoren




Da die Präsenz der kastilischen und katalanischen Familiennamen in der Italia Spagnola nachgewiesen werden konnte, möchte ich nun die zur Analyse angewendete Methode bewerten und darauf eingehen, wie gravierend die aufgetretenen Störfaktoren eine solche Untersuchung beeinflussen können.
Die Verwendung der Listen statistischer Institute kann allgemein nicht bemängelt werden. Wenn es, wie bei INE (Gebiet Spanien), der Fall ist, dass die aktuellsten Daten noch nicht zur Verfügung stehen, muss die Eignung des vorhandenen älteren Materials überprüft werden. Bei der Rangliste der häufigsten FN kann jedoch davon ausgegangen werden, dass sich innerhalb eines Jahres nicht viel ändert. Die Analyse des etymologischen Ursprungs der ersten 500 FN in Spanien ist lediglich eine Möglichkeiten von vielen, den Umfang der untersuchten FN einzugrenzen. Hier kann es dazu kommen, dass evtl. FN, welche in Italien häufig, in Spanien hingegen selten vertreten sind, wegfallen und dadurch nicht berücksichtigt werden (vgl. der Fall Esposito). Bei INE sind die Listen nachvollziehbar geordnet, während dies für Idescat. (Gebiet Katalonien) nicht der Fall ist. Die Rangfolge ist zwar ebenfalls nach Häufigkeit der Namen als primer bzw. segundo apellido sortiert, jedoch fiel auf, dass sie nicht durchgängig nach Größe absteigen. So steht Pascual in Katalonien mit einer Frequenz von 10.362 auf Platz 61, gefolgt von Garrido (9.957) und listet dann auf Platz 63 Costa mit einer Häufigkeit von 10.188 auf. Auf Nachfrage per E-Mail wurde erklärt, dass sich die Zahlen aus dem Mittelwert von primer und segundo apellido ergeben würden. So habe ich eigenhändig eine Rangfolge nach Häufigkeit als erster FN erstellt, welche als Grundlage für die weitere Arbeit diente. Beide statistischen Institute verzichten auf die Schreibweise der FN mit Akzenten über den Vokalen und schreiben die Namen in Großbuchstaben. Dies erschwert bisweilen die Ermittlung der intendierten Form. Mithilfe etymologischer Wörterbücher zu spanischen FN konnte diese Problematik bis auf seltenste Ausnahmen jedoch beseitigt werden. Die Verwendung der Bücher behauptet sich gegenüber speziellen Webseiten um ein Vielfaches. Es sind zahlreiche Internetangebote vorhanden, welche den Ursprung von FN klären, sich aber oft gegenseitig widersprechen oder auf die Heraldik, eine antike Wissenschaft über Wappen von Adelsfamilien und deren Abstammungsverhältnisse, beziehen (vgl. Faure et al. 2009: XII). Solche Faktoren wären innerhalb der vorliegenden Analyse für eine historische Interpretation zwar durchaus von Interesse, jedoch geht es bei der Bestimmung des Ursprungs eines FN hier in erster Linie um die Etymologie. Die Unterteilung der FN in ihren jeweiligen etymologischen Ursprung sowie in Regionen, in denen sie zu den häufigsten zählen, war notwendig, um eine größere Vielfalt an Namen zu erhalten. So sind in der Rangliste für Gesamtspanien nur wenige katalanische FN enthalten, in der Kataloniens bzw. Aragoniens jedoch deutlich mehr. Die Überlegung, dass auch diese Häufigkeitslisten Aufschluss darüber geben können, ob sich deren FN in der Italia Spagnola befinden, erwies sich als eher unbedeutend, da sich hier das Ergebnis zu gleichen Teilen unter den Regionen aufgliedert, weil die Namen sich meist überschneiden.
Die Suche nach der geographischen Distribution der FN in Italien mit der Datenbank GENS kann allgemein als sinnvoll bezeichnet werden. Zunächst einige grundlegende Prämissen. Inwiefern sich Telefonverzeichnisse als Basis der Datensätze eignen, kann in Frage gestellt werden. Es kann durchaus der Fall sein, dass nicht jeder FN registriert ist und somit ergeben sich erste Mängel. De Felice merkt bereits 1980 an, dass sich wohl Listen von Volkszählungen eher eignen würden (vgl. De Felice 1980: 213 f.). Daraus wird ersichtlich, dass die Zahl der Menschen in Italien, welche spanische FN tragen, höchstwahrscheinlich eine noch höhere Frequenz, als die betrachteten Namenskarten aufweisen, da in einer Gemeinde vermutlich mehrere Familien mit je mehreren Mitgliedern leben. Da im Rahmen der Analyse jedoch mit GENS gearbeitet wurde, was die Häufigkeit nach Gemeinde und nicht Person betrachtet, ist dieser Störfaktor hier unbedeutend. Darüber hinaus bemängelt Caffarelli (2009) die Tatsache, dass GENS die Suche von Doppelnamen zulässt. Solche gehören zu einer Grundform und deren reale Häufigkeit wird durch die Unterteilung in ihre Einzelformen verfälscht (vgl. Caffarelli 2009: 171 f.). In der vorliegenden Analyse wäre gerade das nicht wünschenswert, da jede Form von Bedeutung ist und den jeweiligen Ursprung (kastilisch oder katalanisch) anzeigt. Die einzelnen Formen werden als solche behandelt und können wertvolle Aufschlüsse über die historische Verbindung zwischen Spanien und Italien durch die Italia Spagnola geben, wenn sie lediglich in einem bestimmten Gebiet vorkommen (z. B. kat. Farré von kast. Herrero [vgl. Faure et al. 2009: 412 f.]). Dieser Störfaktor beeinträchtigt die Analyse demnach nicht. Die Gruppierung aller Formen zu einer Basisform wäre sinnvoll, wenn es darum geht, für eine Region typische Namensformen bezüglich ihrer morphologischen Struktur o.ä. zu erkennen. Zudem erweist sich die Eingabe von Akzenten über Vokalen oder der Tilde über dem n als problematisch. Letztere ist schlichtweg nicht möglich, was vermutlich daran liegt, dass GENS sich v. a. mit italienischen Namen beschäftigt, diese Schreibweise im Italienischen jedoch nicht existiert. Für die Akzente wird die Lösung angeboten, nach dem Vokal einen Apostroph einzufügen. Ein Versuch zeigte jedoch, dass dies für manche spanischen FN keine Resultate erzielt, während die Schreibung ohne Apostroph eine Namenskarte anzeigt. Wie zuvor bereits angemerkt, wurden einige spanische FN an die italienische Schreibweise in den betreffenden Telefonverzeichnissen angeglichen, was die positiven Ergebnisse ohne Akzent/Apostroph erklärt. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die erhaltenen Resultate im Großen und Ganzen verwertbar und richtig sind.
Es ist als positiv zu sehen, dass GENS unterschiedliche Kartenansichten anbietet. Auch die hier nicht verwendete physische Karte kann für bestimmte Untersuchungen herangezogen werden, welche sich damit beschäftigen, ob einzelnen Namen für Berg- oder Talregionen auffällig sind. In der vorliegenden Analyse erwies sich eine kombinierte Betrachtung der Farb- und Kreiskarte als sinnvoll. Die farblichen Abstufungen können eine erste globale Übersicht über die Dichte und Häufigkeit der FN in den italienischen Provinzen geben, während die Kreiskarte sich zu einer exakteren Verortung und für die anschließende historische Deutung eher eignet.
Das hohe Vorkommen von Namen, die an sich einen Störfaktor darstellen, da sie sowohl dem spanischen als auch dem italienischen Sprachsystem zuzuordnen sind, ist eine natürliche Gegebenheit, auf die wenig Einfluss genommen werden kann. Man muss sich dessen lediglich bewusst sein und es bei etwaigen Interpretationen berücksichtigen.
Die Arbeit mit Photoscape, mit dem einzelne Karten übereinander gelegt werden können, ist interessant für eine sehr allgemeine Betrachtung, an welchen Stellen die meisten untersuchten FN vorkommen. Da jedoch, wie unter 4.2 erläutert, zu viele Störvariablen vorliegen, sind die Einzelkarten für die historische Interpretation unumgänglich, da nur so alle markierten Gebiete deutlich werden.
Die Tatsache, dass bereits mehrere Forscher (u. a. De Felice, Caffarelli, Ariza, Mateos) die Distribution von FN in einem bestimmten Gebiet untersucht, sei es zur reinen Beantwortung quantitativer Fragen oder auch sozioökonomischer Fragestellungen und je nach technischem Fortschritt Namensdatenbanken wie GENS verwendet haben, zeigt, dass auch die hier stattgefundene Vorgehensweise eine brauchbare Methodik aufweist, um das Feld der Familiennamen im interdisziplinären Kontext zu erforschen. Allgemein möchte ich anmerken, dass es zwar Störvariablen – insbesondere auf technischer Ebene – gibt, diese jedoch entweder keine gravierende Rolle spielen oder das Ergebnis nicht merklich beeinflussen. Störvariablen treten hier v. a. in der Technik auf, woraus folgt, dass sich der Forscher nicht vollständig auf diese verlassen kann und die persönliche Interpretation und Deutung der quantitativen Daten im Hinblick auf die Zukunftspotentiale von großer Bedeutung ist.

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