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SCHWARZES KINDERMÄDCHEN




Die Haussklaven, die bis zu 10% der Sklaven in den westindischen Kolonien ausmachen sind meistens weiblich, kreolisch und oft Mulatten (siehe Morrissey 1989, 64f).  Sie arbeiten als „Wäscherinnen, Köche, Kindermädchen, Zofen, Stalljungen, Butler“ (siehe Götz 1995, 22). Auf dem Feld müssen Frauen oft weniger hart arbeiten und während der Schwangerschaft gewährt man ihnen mehr Pausen. Schwangere Frauen passen auf die Kinder der anderen auf und der Herr überlässt ausgewählten Frauen auch seine eigenen Kinder, damit sie auf diese aufpassen. Damit kommt eine neue Arbeitsfunktion der weiblichen Sklaven hinzu: das Konzept des SCHWARZEN KINDERMÄDCHEN, eine schwarze Haussklavin, die bei Familien weißer Kreolen oder wohlhabenden Mulatten im Haus arbeitet und die das französische Kindermädchen zunehmend ersetzt. Sie spielt eine große Rolle in der Gesellschaft, da sie eine höhere soziale Stellung einnimmt als die Feldsklaven und Einfluss auf die Erziehung der zukünftigen weißen Generationen hat (siehe Petit Jean Roget 1980, 1133f)

In Raddatz 1992 ist zu einem Foto aus dem Jahr 1860, das ein schwarzes Kindermädchen mit einem weißen Jungen aus Brasilien zeigt, als Bildbeschreibung gegeben: „Amme Mônica mit ihrem weißen Zögling, Figur der schwarzen Mutter nährend, liebe- und hingebungsvoll, eher Haustochter als Sklavin, Behüterin der Kinder ihrer weißen Herrschaft, wurde gern als Symbol für die warmherzigen Beziehungen zwischen Weißen und Schwarzen propagiert“ (siehe Raddatz 1992, 212). Dieses Bild, das auf dem Foto propagiert wird entspricht sicher nicht der Realität. Die Haussklaven sind zwar meist besser genährt und gekleidet und bekommen öfter materielle Zuwendungen von ihren Herren. Aber sie sind dennoch der Willkür ihrer Herren im Haus ausgesetzt. Außerdem sind ihre Arbeitszeiten nicht festgelegt, da sie immer zur Verfügung stehen müssen und daher weniger Schlaf bekommen (siehe Coquery-Vidrovitch 2013, 137f).

Konzept kreol. Bezeichnung fr. Bezeichnung Etymologie lexikologische Prozesse
SCHWARZES KINDERMÄDCHEN da nourrice (f.)/nounou (f.) noire afr. Ewe "dǎ"/"dadá"; Igbo "da"/„daā“/„daadā“ Entlehnung, metaphorischer Wandel 

Der Begriff „da“ kommt aus einer afrikanischen Sprache, ist also als lexikalische Entlehnung zu sehen. Im "Dictionnaire Créole Français" wird "da" mit der Bedeutung "grand-mère" ("Großmutter") verzeichnet (siehe Ludwig 2002, 97). Es ist anzunehmen, dass die Bezeichnungen verknüpft sind, da sich die Konzepte GROßMUTTER und KINDERMÄDCHEN in einigen Punkten überschneiden, zum Beispiel darin, dass sie auf die Kinder anderer aufpassen. Im Ewe, eine Kwa-Sprache, die von dem gleichnamigen Volk im heutigen Ghana gesprochen wird und eine der Sprachen mit den meisten Sprechern unter den nach Martinique importierten Sklaven ist, gibt es das Wort „dǎ“ mit der Bedeutung „ältere Schwester“ und ist die Abkürzung von „dadá“, „Mutter“ (siehe Westermann 1905, 35). Der Begriff „dadá“ bezieht sich auch auf „die älteste, angesehenste unter einer Mädchenschar, gleichsam die Aufseherin, Versorgerin“ (Westermann 1905, S.35). Im Igbo, das wie auch das Ewe zu den Niger-Kongo Sprachen gehört, bedeutet das Wort „da“, „daā“ und „daadā“ ebenfalls Mutter oder ist die respektvolle Anrede für ältere Frauen (siehe Igwe 1970, 137). Möglicherweise ist kreolisch "da" also eine Entlehnung aus einer dieser afrikanischen Sprachen, die einen metaphorischen Wandel hin zu dem Konzept SCHWARZES KINDERMÄDCHEN 

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