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Toledo, 13. Jahrhundert: Fazit (jüdisch-romanische Kommunikationsräume vor der Inquisition)




Die sprachliche Situation war aufgrund der Sprecherbewegungen in Folge der Reconquista äußerst komplex:

  • bestehende (romanisch-arabische) Sprecherschaft traf auf romanische repobladores
  • romanische Sprecherschaft war eindeutig in der Mehrheit (Schätzungen insgesamt: 4-5% Juden, 4-5% Muslime; Toledo: deutlich höherer Anteil jüdischer Bewohner)
  • jüdische Gemeindemitglieder konservierten arabisches Erbe und wurden zu wichtigen Vermittlern zwischen den Kulturen (mehrsprachiges Repertoire)
  • im Distanzbereich konkurrierten mindestens 5 Schriftsprachen, jeweils in eigenen Domänen (Arabisch, Hebräisch, Latein, Griechisch, Kastilisch)
  • die entstandenen Werke, etwa in der Übersetzerschule, reflektieren das Mehrsprachigkeits-Szenario auf zweifache Weise:
    1. bei Betrachtung der Übertragungswege (und damit auch der Repertoires der Übersetzer), z.B. Calila e Dimna:

      Versionsgeschichte von Calila e Dimna (Cacho Blecua/Lacarra 1984: 64)

    2. bei Betrachtung der sprachlichen Charakteristika (Ausgleichsphänomene)

1. Konsequenz für die Herausbildung des Judenspanischen ab dem 15. Jahrhundert

➡ Hauptbasis des Judenspanischen (d.h. Basisvarietät des größten Teiles der jüdischen Bevölkerung in den christlichen Königreichen) ist eine relativ gehobene, kastilische Ausgleichsvarietät (mit östlichen und westlichen Merkmalen), die zum Zeitpunkt des Exports bereits erste (zaghafte) Ausbauversuche durchlaufen hat.

Bemerkenswert ist überdies, dass die in Toledo im 13. und 14. Jahrhundert präferierten Varianten in späteren Epochen oftmals durch andere (vermeintlich kastilischere) Varianten ersetzt wurden. Durch diesen Umstand konserviert das Judenspanische distanzsprachliche Varianten sowohl östlicher als auch westlicher Provenienz, die in Spanien selbst als primärdialektale Relikte einzustufen sind.

Cacho Blecua, Juan Manuel & Lacarra, María Jesús (1984): Calila e Dimna, Madrid: Castalia.
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