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Sprachbiographien DE/ES Teil 2




 

  1. Forschungsüberblick: Mehrsprachigkeit und Familie

 Anfang 20 Jahrhundert: Beginn der Wissenschaftliche Auseinandersetzung mit familiärer Mehrsprachigkeit mit  Linguisten, die den Spracherwerb ihrer eigenen Kinder erforschten. Pionier der Mehrsprachigkeitsforschung:  Jules Ronjat (1913), dokumentiert Spracherwerb seines Sohnes DE/FR. 

Mitte der 1980er Jahre:  Studien zum frühkindlichen Mehrsprachenerwerb in der eigenen Familie der Forscher. Schwerpunkt:  doppelte  Erstsprachenerwerb mit  europäischen Sprachen. 

Späten 1980er und frühen 1990er: Jahren: ersten Fallstudien zum mehrsprachigen Aufwachsen in Familien außerhalb des Forscherkreises z.B. Annick De Houwer (1990) und Elizabeth Lanza (1992). Ab hier wurde Mehrsprachigkeit mit nicht-europäischen Sprachen sowie Familien im Migrationskontext Gegenstand der Forschung, Themen gelten als heutigen Hauptfokus der Mehrsprachigkeitsforschung.

Internationale Forschung: 

  • starkes Interesse an die sprachlichen Erziehungs- und Bildungsprozesse in mehrsprachigen Familien, 
  • Untersuchung der konkreten Auswirkungen des elterlichen Sprachgebrauchs auf die Fähigkeiten der Kinder in den einzelnen Sprachen. 
  • Analyse von Erziehungsvorstellungen, Sprachideologien, elterlichen Strategien und dem Umgang mit inner- und außerfamiliären Einflussfaktoren der familiären Mehrsprachigkeit. 

Forschungsschwerpunkte in Deutschland 

  • a. auf das mehrsprachige Aufwachsen von Kindern und auf dessen Umgang damit in Bildungsinstitutionen fokussiert
  • Bislang wenig Beachtung auf der  Perspektive von Eltern (Uçan 2021).
  1. Spracherwerbskonstellationen

In der Fachliteratur werden verschiedenen Spracherwerbkonstellationen vorgeschlagen, welche verschiedene Kriterien berücksichtigen. Folgend werden 3 Modelle vorgestellt.

  • Nach dem elterlichen Input (Romaine 1989: 166-168)

Einteilungskriterien: Sprachenwahl der Eltern gegenüber den Kindern und den Status der Herkunftssprache im Verhältnis zu der Umgebungssprache.

6 verschiedene Szenarien: 

  • Orientierung an äussere oder innere Faktoren: Situative vs. gemischte Sprachgebrauch

Anstatt und Dieser (2007: 141) fügen zwei weitere Spracherwerbskonstellationen hinzu, Hauptkriterium ist  die Sprachwahl der Eltern. 2 Szenarien:

  • Situativer Sprachgebrauch: wenn die Eltern, je nach Situation, beide Sprachen verwenden, d.h. Kontextabhängig. Auch wenn die Eltern mehrsprachig sind, vermischen sie die Sprachen innerhalb eines Gesprächs nicht.
  • gemischter Sprachgebrauch oder mixed languages: Eltern richten sich nach ihren spontanen Bedürfnissen und nicht nach äusseren Faktoren. In diesem Fall werden Sprachen innerhalb einer Äusserung  

Beispiel Interview mit Frau C.:

«Ähm, also, in normalen Situationen sprechen wir meistens Deutsch zu Hause, wenn wir raus, viele Menschen da sind, dann, wenn wir eher Spanisch, einfach um ein bisschen privater zu sprechen, und vor allem, wenn wir streiten, sprechen wir eigentlich auch immer Spanisch.

Auswertung: Bei dieser Familie findet ein situativer Sprachgebrauch vor, da Sie die Sprachen bewusst mit einem bestimmten Zweck auswählen, in diesem Fall, um die Privatsphäre zu erhalten. Auf die Frage, welche Sprache sie in komplexeren Situationen verwendet, antwortete Frau C, dass sie meistens Deutsch spreche.   Die Sprachwahl für eine Auseinandersetzung kann man als innere Motivation interpretieren, ob es in diesem Fall eine Sprachmischung stattfindet, ist im Interview nicht ersichtlich.

 

 Orientierung an soziale Schichtzugehörigkeit: Bewusste und unbewusste Spracherziehungsentscheidungen

Kritik , dass in der Forschungsliteratur das  Herkunftsmillieu und das soziale und kulturelle Kapital der Eltern ignoriert werden, obwohl Elterneinstellung wichtig bei der Vermittlung der Herkunftssprache ist (Reich 2010: 15). Wichtige Erkenntnis: nur in bildungsnähe Mittelschichtfamilien werden systematisch sprachliche Inputs in der Herkunftssprache gemacht,   Bildungsferne Einwandererfamilien dagegen treffen Spracherziehungsentscheidungen unreflektiert. Basierend auf diesen Erkenntnissen resultieren 5 Szenarien:

 

Beispiel für Typ 3 bei Frau C.:

«Ähm, also erst mal, und also, ich wohne mit meiner Mama hier, und meine Mama ist eben Spanierin/Kolumbianerin. Deswegen spreche ich mit ihr eigentlich beides Deutsch sowie Spanisch. Mein Papa ist Deutscher, deswegen spreche ich mit ihm nur Deutsch, er versteht aber Spanisch. Deswegen haben meine Eltern untereinander auch von Mixgesprochen, und mit meinem Bruder spreche ich eigentlich größtenteils nur deutsch, außer wenn jetzt noch mehr Familie da ist, dann auch nur Spanisch».

Auswertung: mit der Mutter spricht sie v.a. Spanisch, mit dem Vater Deutsch, bei beiden Sprachen handelt es sich um die Herkunftssprachen der Eltern. Der Sprachgebrauch ist unbewusst.

 

Erkenntnisse aus den biographischen Interviews:

  • Vorgestellte Spracherwerbskonstellationen sind Konstrukte zur Analyse und Systematisierung der Spracherwerb, in der Realität, Vermittlung der Herkunftssprache weisst Mix aus verschiedenen Strategien, diese werden meistens intuitiv bzw. unreflektiert von den Eltern angewandt
  • Romains ausschließliche Orientierung an traditionelle Familienmodell mit 2 Elternteile ist nicht mehr zeitgemäß, Familien charakterisieren sich für ihre historische und gesellschaftliche Variabilität, d.h. je nach Region der Welt und historischer Epoche gibt es unterschiedliche Konfigurationen 
  • In Deutschland gibt es eine Diversität an Familienformen, v.a. Ein-Eltern Familien mit 1-2 Kinder, die Kategorisierung der Interviewten Personen war deshalb schwierig.
  • Eine weitere Frage ist, wo könnte man bei diesen Modellen Kinder von berufstätigen 1- Eltern oder 2-Elternfamilien einordnen, die fremdbetreut werden, und dadurch sehr viele sprachlichen Inputs von Betreuungspersonal erhalten. Was wäre dann mit solchen Kindern, die eine Zweisprachige Kita besuchen?
  • Situative und gemischte Sprachgebrauch kommen beide immer vor 
  • Eine systematische Vermittlung der Herkunftssprache, die sich an linguistisches Wissen orientiert, bleibt momentan die  Ausnahme.  
  1. Die Rolle der deutschen Sprache im Kontext von Migration: Hauptkommunikationssprache in der früheren Kindheit= Herkunftssprache, Aber: fast alle Migrantenkinder kommen von Anfang an in Berührung mit dem Deutschen (Reich 2010: 16) Trotz unterschiedlicher Deutschkenntnisse sprechen alle ausländischen Eltern mit ihren Kindern auch Deutsch, selbst wenn sie nur eine rudimentäre Lernvarietät beherrschen (Montanari 2010).

Erkenntnisse aus den biographischen Interviews: Deutsch ist eine relevante Kommunikationssprache in der Familie, dies wird in allen Interviews bestätigt. Alle Befragten sprechen mit dem spanischsprechenden Elternteil auch Deutsch. Die Kommunikation zwischen Geschwistern ist auch auf Deutsch, es sei denn, sie machen einen situativen Sprachgebrauch.

4.  Dominante vs. schwächere Sprache

  • In mehrsprachigen Familien sind die sprachlichen Inputs der Eltern entscheidend für den Erwerb und die Aufrechterhaltung von Migrationssprachen.
  • Mehrsprachig aufwachsende Menschen erhalten nicht die gleiche Menge an sprachlichem Input wie eine monolingual aufwachsende Person.  FOLGE: eine Sprache dominiert, (dies kann sich aber im Laufe des Lebens ändern).
  • Dominante Sprache: die weiter entwickelte Sprache einer zwei- oder mehrsprachige Person, diese Sprache ist in bestimmten Kommunikativen Situationen leichter verfügbar als die andere (Müller 2011: 63).
  • Annahme unter Leihen: Menschen sind entweder symmetrisch (ausgewogen, balanciert) oder asymmetrisch (unausgewogen) zweisprachig oder mehrsprachig. (Ballweg 2014)

Balancierte Zwei- oder Mehrsprachigkeit: Erwartung, dass man sich in allen Situationen gleichermaßen gut in zwei oder mehr Sprachen ausdrücken kann.  

Wichtige Erkenntnis: perfekte Mehrsprachigkeit oder eine muttersprachliche Kompetenz in mehreren Sprachen ist eher die Ausnahme. (Riehl 2006: 17)

Was heute gilt: Konzept der funktionalen, domänenspezifischen Sprachkompetenz in mehrsprachigen Kommunikationssituationen.

Beispiel Interview mit Frau C:

«Also ich würde schon sagen, Deutsch ist dominanter eben durchs Studium und durch die Arbeit, sonst spreche ich auf Deutsch auch besseres fachliches Deutsch, und Spanisch würde ich muttersprachlich also fließen.»

Auf die Frage, ob sie sich in Bildungs- und Alltagskontext gleich gut aus Spanisch sprechen kann, antwortet sie:

«Deswegen würde mir wahrscheinlich auf Spanisch schwerer fallen als jetzt auf Deutsch, aber sonst Alltag auf beiden fließend und Bildung in Deutsch wahrscheinlich bisschen stärker als jetzt auf Spanisch.»

Beispiel Interview mit Herrn S:

I: Wie würdest du dein Sprachniveau in Deutschen und Spanischen einschätzen, und ist eine Sprache dominanter in deinem Leben?

B: Ähm, ich würde sagen, bei beiden Sprachen habe ich sehr hohes Sprachniveau, weil ich hatte/ würde jetzt eher sagen, dass Deutsch Dominanz ist,

I: ok, weil (unverständlich)

B: mein Lebensmittelpunkt in Deutsch/ Deutschland ist und weil mein/ ja, meine engsten Kontakte auch in Deutsch ja!

 Auswertung: Für Frau C. und Herr S. ist Deutsch die dominante Sprache, da diese auch die Umgebungssprache ist und dadurch wesentlich mehr Inputs  gab.

Beispiel Interview mit S.:

I:  Gibt es denn Situationen, in denen du eine Sprache bevorzugst oder du dich besser in einer Sprache ausdrücken kannst, in gewissen Gesprächssituationen oder mit gewissen Gesprächspartnern?

B: Ähm, ich persönlich bin also Deutsch und Spanisch gleich gut mächtig, also, ich habe dort keine Präferenzen.

 Auswertung: Herr S. geht zuerst von einer balancierten Zweisprachigkeit aus, er behauptet er kann sich gleich gut in DE und ES ausdrucken, dies mag teilweise für Alltagssituationen gelten, v.a. in intrafamiliäre Kommunikationssituationen mit der Mutter, in der Realität ist aber meistens nicht der Fall, da er sich im Jobkontext nicht ausdrucken kann. Im Interview wird folgendes gefragt:

I: Gibt es Situationen, in denen du zwischen den beiden Sprachen wechselst oder sie vermischst, und wie fühlst du dich dabei, wenn du (..) eben diesen Sprachwechsel hast?

B: Ähm Diese Situation kommt häufiger vor. Vor allem wenn ich jetzt oder wenn man sich meine (..) Fähigkeitenhierarchie mal anschaut, würde ich sagen, dass zum Beispiel Englisch bei mir ein bisschen noch weiter oben steht als Spanisch. Also ich kann fast/ könnte mich in Englisch besser ausdrücken als im Spanischen. Wenn ich zum Beispiel mit einem spanischen Vertragspartner arbeite, dann kann es gut sein, dass mir mal einen Begriff oder eine Begrifflichkeit im Englischen geradezu zur Zunge liegt und ich dann sozusagen auf Englisch ausweichen. Das ist aber dann immer eine Freude, weil man ja in diesem Moment akut gerade ein Kommunikationsproblem durch das Ausweichen auf eine Drittsprache lösen konnte.

Auswertung: hier zeigt sich ganz deutliche eine domänspezifische Sprachkompetenz

Noch ein Beispiel von einer domänspezifischen Sprachkompetenz aus Interview mit Frau N.:

«wenn man halt so mit der Cousine oder so spricht oder mit Freunden aus Spanien, und dann, hauen die so alles raus an Jugendsprache und dann komme ich mit meinem Hochspanisch, da denke ich mir auch so, okay, also, ich will auch so reden wie ihr halt, oder auch, wenn die so richtig schnell reden und sowas. Klar verstehe ich alles so und so, aber ich kann halt einfach nicht so schnell reden!»

Wichtige Erkenntnisse aus den biographischen Interviews:

  • Idee einer balancierten Mehrsprachigkeit unter interviewten Personen weit verbreitet, diese stimmt mit ihrer Selbsteinschätzung ein, jedoch nicht mit der Realität! Tatsächliche Sprachniveau liegt tiefer als angenommen.
  • Gegen die vermutete balancierte Mehrsprachigkeit  sprechen  die erheblichen Unterschiede in der Sprachkompetenz: Diese variieren je nach Kommunikationssituation und behandelnden Thema. Resultat: eine Sprache kann dominanter und leichter verfügbar sein als andere.
  • Mehrsprachige Personen können in verschiedenen Lebensbereichen unterschiedliche dominante Sprachen entwickeln.
  • Die interviewten Personen bevorzugen in der Familie die Herkunftssprache, sie verwendet jedoch in schulischen und beruflichen Kontext die Umgebungssprache Deutsch
  • Bei allen Interviewten ist Deutsch die dominante Sprache, dies ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass Deutsch die Umgebungssprache ist und folglich mehr Inputs hatten als in der Herkunftssprache.

5. Spracheinstellungen: Eigen- vs. Fremdwahrnehmung

Fremdwahrnehmung

Das Prestige einer bestimmten Sprache ist von dem Ansehen bzw. Erfolgt eines Landes abhängig, d.h. von dessen dem Wirtschaftsmacht sowie Politische Einfluss (Edwards 1996: 703)

In Deutschland gibt es Unterschiedliche soziale Wahrnehmung von Sprachen in Abhängigkeit mit ihrem Prestigegrad.

Beispiel Interview mit S.:

«es gibt ja zum Beispiel auch eine Ko/ Korrelation zwischen zum Beispiel D (es wird?) Deutsch gesprochen in dem Land, und das Land ist erfolgreich, so zum Beispiel auch in Entwicklungsländern, wo es Teile gibt in dem Deutsch gesprochen wird. Die tendieren dazu, erfolgreicher zu sein, weil natürlich auch es zwischen den Sprachen nochmal Unterschiede mit der (..) Klarheit, den Details. So, da gibt es natürlich auch (..) ja tiefen Unterschiede und dementsprechend es ist logisch, dass verschiedene Sprachen eben verschiedene Entwicklungen mit sich bringen»

 

Prestigegrad kann in Zusammenhang mit Kontaktmöglichkeit stehen, einige Beispiele (Plewnia, Rothe 2011: 216-217):

Tourismus z.B. Spanisch, Italienisch usw, Positiv konnotiert (Ferienstimmung, kein Konkurrenzgefühl z.B. sie stehlen uns die Jobs)
Kultur- Bildungssprachen Französisch, Italienisch Traditionelle Prestigesprache in Europa, auch Schulsprache
Wirtschafts- und Arbeitswelt Englisch Positiv konnotiert, Verbesserung von beruflichen Möglichkeiten, Lingua franca in der Arbeitswelt
Migrantensprachen Türkisch, Russisch, Polnisch Eher negativ konnotiert v.a. rassistische Einstellungen, Stereotypische Haltung gegenüber Sprechern

Ergebnisse aus der bundesweiten Repräsentativerhebung zu aktuellen Spracheinstellungen (Eichinger et al. 2009). Frage: Gibt es Sprachen, die du besonders sympathisch findest? 

Anmerkung: Die Ergebnisse stammen aus einer Ergänzung zur oben erwähnten Repräsentativumfrage, diese wurden im Winter 2010 durchgeführt. Befragt wurden Schüler der 9. und 10. Jahrgangsstufe aus 3 Schulen: eine Realschule in Mannheim und zwei Schulen am Niederrhein. Plewnia und  Rothe (2011; 226) betonen, dass die Ergebnisse  im Großen und Ganzen demjenigen der bundesweit befragten Erwachsenen ähnelt.

Fremdwahrnehmung von mehrsprachige Personen ES/DE  ist positiv, da es sich um eine Prestigesprache handelt: Beispiel Interview  S.

I: Okay, und im Laufe deines Lebens dann, wie war/ wie waren die Reaktionen von deinem Umfeld beziehungsweise die Verhältnisse dann mit Menschen in deinem Umfeld, dadurch, dass du eben (..) mehrsprachig bist und andere Kompetenzen hast oder mehr mehr Fähigkeit, was sprachliche Fähigkeiten angeht?

B: Ähm, also ja, auch nur positive.

Beispiel Selbstwahrnehmung aus Interview mit Frau N.:

I: Ähm, fühlst du dich denn besonders Stolz, dass du jetzt mehrere Sprachen sprechen kannst, und wenn ja, wieso?

B: Ja, klar, natürlich fühle ich mich stolz, weil es ist halt auch nichts, was man halt öfters sieht, dass zum Beispiel ein Kind mehreren Sprachen von den Eltern lernt, oder, ähm, dass/ keine Ahnung, die Mutter aus Spanien oder so kommt das hat man halt einfach irgendwie in Deutschland (unv. Aussprache) und für mich ich fühle mich schon stolz, weil die meisten lernen es halt nur in der Schule oder keine Ahnung. Die sagen auch immer so, ja, ich wünschte, ich könnte Spanisch sprechen oder so was, und dann finde ich es halt schon. Ja, fühle ich mich schon in gewisser Hinsicht bisschen besonders, sag ich mal.

Selbstwahrnehmung ES vs. DE und Sprachstereotypen. Beispiel aus Interview mit S.:

I: Hattest du bestimmte Erfahrungen in deinem Leben, die deine Einstellung zu deutscher oder spanischer Sprache geprägt haben?

«(…) ich werde es mal nur bei den Sprachen bleiben. Deutsch ist natürlich eine meisterhafte Sprache, nicht nur sollte dies klar sein, wenn man meine Aussage von vorhin noch mal im Kopf hat, dass eben Deutsche oder Länder, in den Deutsch gesprochen werden, immer eine Art Grundstandard, ein Erfolg haben. Das sollte dazu auf jeden Fall schon mal einleitend sein. Gleichzeitig ist aber so, dass mit Deutsch kann man unglaublich präzise und unglaublich bildhaft und vor allem sehr, sehr akkurat, die die Realität oder Ideen beschreiben, was ja der der Hauptzweck von Sprache ist. Und wenn man, wenn man so eine unglaublich klare Sprache hat und so unglaublich, ähm, ja wie deutsch, so präzise und so so nee, ich will nicht neutral sagen, weil es ja auch unglaublich schöne Begriffe gibt, sondern es ist halt einfach wirklich, als damals, die Dichter und Denker haben in derselben Sprache verfasst und gedacht, tatsächlich auch. Und dementsprechend konnte ich jetzt vor allem auch nochmal, wenn man jetzt sich zum Beispiel, wenn ich jetzt zu Mitarbeitern im Ausland gehe, zum Beispiel bin ich dort eher ein Deutscher. Also das würde jetzt niemand sagen, okay, guck mal, der ist Latino oder so, sondern das ist vielleicht auch interessant als als (unverständlich) Der Eindruck, den ich hinterlasse, ist immer als Deutscher und als Deutsche auch mit der Sprache konnte man immer die Sprach/ Als Deutscher war man immer sozusagen da wo auf einem, wurde immer aufgeschaut, wegen all den positiven bei oder bei Nachrichten, die es hat Deutscher zu sein, was ich da aber auch gemerkt habe, was, wie gesagt, den Impact der Sprache angeht, dadurch, dass man sozusagen die Welt durch diese Deutsche Sprache wahrnimmt. Das ist sowieso der der Filter zwischen dir und der Welt. So. Wenn du kommunizierst oder egal was machst, musst du ja der Deutschen oder du nimmst das mit der deutschen Sprache, weil du denkst, es ist ein bisschen so, als wäre dein/ als wäre das Bild deiner Welt nicht in einer Datei abgespeichert mit höhere Auflösung also die Deutsche Sprache ist sozusagen ein Speichermedium mit höhere Auflösung als zum Beispiel die philippinische Sprache oder so, und man merkt halt einfach, dass man schlauer oder dass man hier und da Sachen vor allem ganz offener und viel/ es ist so, als wäre Deutschland einfach ein hochwertigeres und vorangeschrittener Betriebssystem, was das angeht»

I: Also, du würdest sagen, dass einfach dieses Bild, was man von der deutschen Sprache hat, sehr hoch angesehen ist und viel mit Erfolg verbunden wird, so wie du es jetzt sagst, so dass man damit ähm (..) ja schon eine gute Grundlage hat, um Sachen anzugehen. //Aber. (unverständlich) auf das spanisch// Sprache bezogen

B: //Ja, aber weisst du//

I: Ähm, was würdest du dazu sagen?

B: Ähm, also noch mal kurz als Anmerkung ähm (..) für dich nochmal (.) das, was ich meinte mit dem, weißt du diese diese Konnotation, die es hat, deutscher zu sein, das hat ja recht wenig mit der Sprache zu tun, sondern eher auch mit mit dem, mit der Nation und dem Erfolg des Landes. Was ich mit der Sprache vor allem meine, meinte, was ja auch die Frage war, ist, dass ich eben das, was ich meinte mit diesem Betriebssystem, und dass man in Deutsch irgendwie einfach anders denkt und dass ich gemerkt habe, dass man dort eben das hat, wie gesagt, nicht nur mit dem deutschen zu tun aber als sprach Liebhaber konnte ich eben feststellen, dass man (..) mit, dass man da ich persönlich, wie gesagt, das war meine Meinung, was der Impact der deutschen Sprache angeht. Im spanischen ähm habe ich vor allem auch immer gemerkt, dass es sich immer belebend angefühlt hat, und man konnte auch immer sehr, sehr freundlich sein, wenn man mit Leuten auch Spanisch gesprochen hat. Spanisch ist aber auch für jeden Fall wesentlich einfacher, ganz davon abgesehen, dass mein ähm der Betriebsleiter von uns, ähm der Felix, der hat in dem letzten Jahr, der musste ja zwingend mit Spanien arbeiten, und der hat, der spricht jetzt Spanisch auf höchstem Niveau, weil er es ja machen muss. Ich glaube, das sagt, dass man das in so kurzer Zeit so gut lernen konnte, sagt auch viel über die Komplexität der spanischen Sprache aus.

Auswertung: Im Vergleich zu Spanisch, wird Deutsch als hochwertigere Sprache  wahrgenommen.

Diskussionsfrage: Was meinen Sie dazu?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bibliographie

  • Anstatt/Dieser 2007 = Anstatt, T. / Dieser, E. (2007): Sprachmischung und Sprachtrennung bei zweisprachigen Kindern (am Beispiel des russisch-deutsch Spracherwerbs), in: Anstatt (Hrsg.), Mehrsprachigkeit bei Kindern und Erwachsenen. Erwerb – Formen – Förderung, Tübingen, Narr Francke Attempto Verlag., 139–162.
  • Ballweg 2014 = Ballweg, S. (2014): Dominante Sprache, in: Wörterbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft (WSK) Online, Stefan J. Schierholz and Laura Giacomini (Hrsg), Berlin/Boston, De Gruyter [Accessed 2023-12-30] (Link).
  • Edwards 1996 = Edwards, J. (1996): Language, prestige and stigma, in: Kontaktlinguistik. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung. 1. Halbband. Hans Goebl et al (Hrsg.), Berlin, New York, de Gruyter, 703-708.
  • Montanari 2010 = Montanari, E. (2010): Kindliche Mehrsprachigkeit. Determination und Genus, Münster/New York/München/Berlin, Waxmann.
  • Müller 2011 = Müller, Natascha (2011): Einführung in die Mehrsprachigkeitsforschung: Deutsch - Französisch - Italienisch, Tübingen, Narr.
  • Plewnia/Rothe 2011 = Plewnia, A. / Rothe, A. (2011): Spracheinstellungen und Mehrsprachigkeit. Wie Schüler über ihre und andere Sprachen denken, in: Sprache und Integration. Über Mehrsprachigkeit und Migration. Ludwig Eichinger, M. Plewnia, und Melanie Albrecht/Steinle (Hrsg.), Tübingen, Narr, 215-253.
  • Reich 2010 = Reich, H.H. (2010): Frühe Mehrsprachigkeit aus linguistischer Perspektive, München, Deutsches Jugendinstitut e. V.
  • Riehl 2006b = Riehl, C.M. (2006): Aspekte der Mehrsprachigkeit: Formen, Vorteile, Bedeutung, in: Mehrsprachigkeit macht Schule. Kölner Beiträge zur Sprachdidaktik, Bd. 4. Detlef Heints et. al. (Hrsg.), Duisburg, Gilles & Francke., 15-23.
  • Romaine 1989 = Romaine, Suzanne (1989): Bilingualism, in: Language in society, Oxford, UK, Cambridge, Mass., USA, Blackwell, xvi, 384.
  • Uçan 2021 = Uçan, Y. (2021): Erziehungsziel Mehrsprachigkeit. Eine qualitative Studie zu Erziehung und Elternschaft im Kontext von Migration, Köln, Springer VS.
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